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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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sondern Provinzialgcnosscnschaft angeschlossen oder keine solche gebildet haben,
etwa will sie ohne ständigen Wohnort oder noch nicht zahlreich genug an einer
Stelle sind, um zu einem eignen Verbände zusammenzutreten, stehen unmittel¬
bar unter der Valley, d. h. sie zahlen ihre Jahresbeiträge an die Hauptkasse
des Ordens.

Die Valley als solche unterhält die Hospitäler zu Sonnenburg und zu
Polzin nut je 54 Betten. Sie trägt ferner jährlich 900 Thaler zur "kirchlichen
Armenpflege" für sieche in drei Pcirochien Berlins bei, unterhält 2 Freibetten im
Diakonissenspital zu Jerusalem sowie das dortige preußische Hospiz, in welchem
unbemittelte Reisende, meist deutsche Handwerksburschen, vierzehn Tage un-
entgeltlich beherbergt und verpflegt werden, wohlhabende Gäste dagegen eine
mäßige Zeche zu entrichten haben, endlich zu Beyrut in Syrien ein mit 45
Betten ausgestattetes Krankenhaus. Die erste öffentliche Heil- und Vcrpflegungs-
anstalt für blödsinnige Kinder zu München-Gladbach in der Rheinprovinz ver¬
dankt ihr Entstehen der Hilfe des Ordens, der ihr bis zu Ende des letztverflossenen
Jahres über 18,000 Thaler zukommen ließ.

Die Provinzialgenossenschaftcn im Königreich Preußen besitzen 16 Spitäler
mit 413 Betten. Die außerpreußischen Genossenschaften haben theils eigne
Spitäler, wie die würtenbergische, theils unterhalten sie Freiheiten in Kranken¬
häusern, welche nicht vom Orden gegründet sind.

"In den Ordensspitälern stehen als Krankenpflegerinnen die edelsinnigen
Dakonissinnen treulich den Johanniterbestrebungen zur Seite. Daß die Ehe¬
frauen der Ritter, die das Congregationskreuz nicht blos auf der Brust, sondern
auch in der Brust tragen, berufen sind, liebevollen Antheil zu nehmen an den
Zwecken des Ordens, ist ein natürliches Ergebniß der Innigkeit des ehelichen
Herzensbündnisses, welches ja nur dann beseligend und segensreich sein kann,
wenn es nach alter Ritterart gefestigt ist im Glauben."

Der Johanniterorden vermag für jetzt die von ihm aufgenommenen Kranken
noch nicht völlig unentgeltlich zu pflegen. Er muß sich mit gelegentlichen Aus¬
nahmen darauf beschränken, den Privaten und Gemeinden die pflichtmäßige
Sorge für ihre armen Kranken zu erleichtern. Doch hofft unser Berichterstatter,
daß dies künftig sich besser gestalten und eine vollständig freie Aufnahme statt¬
finden können wird.

Gern hätten wir noch etwas Genaueres über die Zahl der Ordensmitglieder,
die Lebensstellung derselben,, die Eintritte in den einzelnen Jahren erfahren,
und ein Namensverzeichniß der Herren würde sicher zu interessanten Schlüssen
führen. Auch über die Aufnahmeceremonien, die Satzung.er der Genossenschaft
und besonders den Inhalt des Gelübdes der Rechtsritter würden wir mit
Dank Näheres entgegengenommen haben, zumal letzteres, wie wir vorhin hör¬
ten, eine königliche Arbeit ist.


sondern Provinzialgcnosscnschaft angeschlossen oder keine solche gebildet haben,
etwa will sie ohne ständigen Wohnort oder noch nicht zahlreich genug an einer
Stelle sind, um zu einem eignen Verbände zusammenzutreten, stehen unmittel¬
bar unter der Valley, d. h. sie zahlen ihre Jahresbeiträge an die Hauptkasse
des Ordens.

Die Valley als solche unterhält die Hospitäler zu Sonnenburg und zu
Polzin nut je 54 Betten. Sie trägt ferner jährlich 900 Thaler zur „kirchlichen
Armenpflege" für sieche in drei Pcirochien Berlins bei, unterhält 2 Freibetten im
Diakonissenspital zu Jerusalem sowie das dortige preußische Hospiz, in welchem
unbemittelte Reisende, meist deutsche Handwerksburschen, vierzehn Tage un-
entgeltlich beherbergt und verpflegt werden, wohlhabende Gäste dagegen eine
mäßige Zeche zu entrichten haben, endlich zu Beyrut in Syrien ein mit 45
Betten ausgestattetes Krankenhaus. Die erste öffentliche Heil- und Vcrpflegungs-
anstalt für blödsinnige Kinder zu München-Gladbach in der Rheinprovinz ver¬
dankt ihr Entstehen der Hilfe des Ordens, der ihr bis zu Ende des letztverflossenen
Jahres über 18,000 Thaler zukommen ließ.

Die Provinzialgenossenschaftcn im Königreich Preußen besitzen 16 Spitäler
mit 413 Betten. Die außerpreußischen Genossenschaften haben theils eigne
Spitäler, wie die würtenbergische, theils unterhalten sie Freiheiten in Kranken¬
häusern, welche nicht vom Orden gegründet sind.

„In den Ordensspitälern stehen als Krankenpflegerinnen die edelsinnigen
Dakonissinnen treulich den Johanniterbestrebungen zur Seite. Daß die Ehe¬
frauen der Ritter, die das Congregationskreuz nicht blos auf der Brust, sondern
auch in der Brust tragen, berufen sind, liebevollen Antheil zu nehmen an den
Zwecken des Ordens, ist ein natürliches Ergebniß der Innigkeit des ehelichen
Herzensbündnisses, welches ja nur dann beseligend und segensreich sein kann,
wenn es nach alter Ritterart gefestigt ist im Glauben."

Der Johanniterorden vermag für jetzt die von ihm aufgenommenen Kranken
noch nicht völlig unentgeltlich zu pflegen. Er muß sich mit gelegentlichen Aus¬
nahmen darauf beschränken, den Privaten und Gemeinden die pflichtmäßige
Sorge für ihre armen Kranken zu erleichtern. Doch hofft unser Berichterstatter,
daß dies künftig sich besser gestalten und eine vollständig freie Aufnahme statt¬
finden können wird.

Gern hätten wir noch etwas Genaueres über die Zahl der Ordensmitglieder,
die Lebensstellung derselben,, die Eintritte in den einzelnen Jahren erfahren,
und ein Namensverzeichniß der Herren würde sicher zu interessanten Schlüssen
führen. Auch über die Aufnahmeceremonien, die Satzung.er der Genossenschaft
und besonders den Inhalt des Gelübdes der Rechtsritter würden wir mit
Dank Näheres entgegengenommen haben, zumal letzteres, wie wir vorhin hör¬
ten, eine königliche Arbeit ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/176>, abgerufen am 20.10.2024.