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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Ernennung involvirt jedoch die Verpflichtung, christliche Ritterschaft zu üben im
Sinn und zur Ehre des Ordens.

Niemand kann Rechtsritter werden, der nicht vorher im Noviziat der Ehren¬
ritter gewesen ist. Das Ordenscapitel entscheidet über die Gewährung des
Gesuchs um Aufnahme unter die Rechtsritter. Jeder Ehrenritter zahlt beim
Eintritt in den Orden eine gewisse in den Statuten für alle gleich hoch nor-
mirte Summe in die Ordenskasse, damit diese über die zur Erfüllung ihrer
Aufgabe erforderlichen Geldmittel verfügen kann, zum Besten Kranker und
siecher. "Wegen dieser Einzahlung," sagt der Verfasser unsrer Schrift, "ist die
leider noch sehr verbreitete Ansicht entstanden, das Johanniterordenskreuz sei
käuflich. Die Sache verhält sich aber in der That und Wahrheit durchaus
anders. Nicht das Geld, und wäre die Summe noch so groß, eröffnet den
Eintritt in den Orden, sondern die von Standesgenossen (d. h. Adeligen; denn
nur für Edelleute ist die Stiftung vorhanden) sorgfältig (vermuthlich mit der
Gründlichkeit, die bei der Aufnahme in Maurerlogen üblich ist) geprüfte persönliche
Würdigkeit jedes Kandidaten ist in erster Linie maßgebend; außerdem kommt ein
angemessenes Alter und die Lebensstellung in Betracht. Damen finden nicht
Aufnahme in den Orden, doch besitzt derselbe in der Gemahlin des Herren¬
meisters ein weibliches Mitglied.

Die Qualification jedes Preußen, der sich den Johannitern als Ordens¬
genosse anschließen will, wird zunächst in den Conventen der betreffenden
Provinzialgenvssenschaft begutachtet und sodann im Ordenscapitel geprüft. Das
gleiche Verfahren findet statt bei Ausländern, in deren Heimath sich zur Er-
füllung der Ordenszwecke ebenfalls Genossenschaften von Johannitern gebildet
haben. Wo letzteres nicht der Fall, erfolgt an Stelle des Verfahrens erster
Instanz eine anderweite angemessene Erkundigung über den Betreffenden. Die
vom Capitel würdig Befundenen werden schließlich durch den Herrenmeister dem
König als Protector des Ordens für die Ernennung zu Ehrenrittern vorgeschlagen."

"Wir ersehen hieraus," bemerkt unsere Quelle, "daß der Orden sich ge¬
wissermaßen selbst verleiht. Die Johanniter-Decoration, welche der neuernannte
Ehrenritter entweder unmittelbar, d. h. in Sonnenburg aus der Hand des
Herrenmeisters oder durch Zusendung auf dem Wege der Post empfängt, geht
als korporatives Abzeichen und als Symbol gewisser Satzungen auf das Indi¬
viduum über, welches nun das Ordenszeichen aus eigner Bewegung
sich anlegt."

Daß bei Aufnahmen in den Orden weder Protection noch Correction oder
verwandtschaftliche Beziehungen und andere der Sache unangemessene Rücksichten
von Einfluß sind, nennt der Versasser selbstverständlich, und wir glauben ihm
darin bereitwillig. "Jeder, der. um in den Orden aufgenommen zu werden,
sich mittelst Eingabe an das Ordensoberhaupt (jetzt Prinz.Karl in Berlin) selbst


Ernennung involvirt jedoch die Verpflichtung, christliche Ritterschaft zu üben im
Sinn und zur Ehre des Ordens.

Niemand kann Rechtsritter werden, der nicht vorher im Noviziat der Ehren¬
ritter gewesen ist. Das Ordenscapitel entscheidet über die Gewährung des
Gesuchs um Aufnahme unter die Rechtsritter. Jeder Ehrenritter zahlt beim
Eintritt in den Orden eine gewisse in den Statuten für alle gleich hoch nor-
mirte Summe in die Ordenskasse, damit diese über die zur Erfüllung ihrer
Aufgabe erforderlichen Geldmittel verfügen kann, zum Besten Kranker und
siecher. „Wegen dieser Einzahlung," sagt der Verfasser unsrer Schrift, „ist die
leider noch sehr verbreitete Ansicht entstanden, das Johanniterordenskreuz sei
käuflich. Die Sache verhält sich aber in der That und Wahrheit durchaus
anders. Nicht das Geld, und wäre die Summe noch so groß, eröffnet den
Eintritt in den Orden, sondern die von Standesgenossen (d. h. Adeligen; denn
nur für Edelleute ist die Stiftung vorhanden) sorgfältig (vermuthlich mit der
Gründlichkeit, die bei der Aufnahme in Maurerlogen üblich ist) geprüfte persönliche
Würdigkeit jedes Kandidaten ist in erster Linie maßgebend; außerdem kommt ein
angemessenes Alter und die Lebensstellung in Betracht. Damen finden nicht
Aufnahme in den Orden, doch besitzt derselbe in der Gemahlin des Herren¬
meisters ein weibliches Mitglied.

Die Qualification jedes Preußen, der sich den Johannitern als Ordens¬
genosse anschließen will, wird zunächst in den Conventen der betreffenden
Provinzialgenvssenschaft begutachtet und sodann im Ordenscapitel geprüft. Das
gleiche Verfahren findet statt bei Ausländern, in deren Heimath sich zur Er-
füllung der Ordenszwecke ebenfalls Genossenschaften von Johannitern gebildet
haben. Wo letzteres nicht der Fall, erfolgt an Stelle des Verfahrens erster
Instanz eine anderweite angemessene Erkundigung über den Betreffenden. Die
vom Capitel würdig Befundenen werden schließlich durch den Herrenmeister dem
König als Protector des Ordens für die Ernennung zu Ehrenrittern vorgeschlagen."

„Wir ersehen hieraus," bemerkt unsere Quelle, „daß der Orden sich ge¬
wissermaßen selbst verleiht. Die Johanniter-Decoration, welche der neuernannte
Ehrenritter entweder unmittelbar, d. h. in Sonnenburg aus der Hand des
Herrenmeisters oder durch Zusendung auf dem Wege der Post empfängt, geht
als korporatives Abzeichen und als Symbol gewisser Satzungen auf das Indi¬
viduum über, welches nun das Ordenszeichen aus eigner Bewegung
sich anlegt."

Daß bei Aufnahmen in den Orden weder Protection noch Correction oder
verwandtschaftliche Beziehungen und andere der Sache unangemessene Rücksichten
von Einfluß sind, nennt der Versasser selbstverständlich, und wir glauben ihm
darin bereitwillig. „Jeder, der. um in den Orden aufgenommen zu werden,
sich mittelst Eingabe an das Ordensoberhaupt (jetzt Prinz.Karl in Berlin) selbst


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[0174] Ernennung involvirt jedoch die Verpflichtung, christliche Ritterschaft zu üben im Sinn und zur Ehre des Ordens. Niemand kann Rechtsritter werden, der nicht vorher im Noviziat der Ehren¬ ritter gewesen ist. Das Ordenscapitel entscheidet über die Gewährung des Gesuchs um Aufnahme unter die Rechtsritter. Jeder Ehrenritter zahlt beim Eintritt in den Orden eine gewisse in den Statuten für alle gleich hoch nor- mirte Summe in die Ordenskasse, damit diese über die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Geldmittel verfügen kann, zum Besten Kranker und siecher. „Wegen dieser Einzahlung," sagt der Verfasser unsrer Schrift, „ist die leider noch sehr verbreitete Ansicht entstanden, das Johanniterordenskreuz sei käuflich. Die Sache verhält sich aber in der That und Wahrheit durchaus anders. Nicht das Geld, und wäre die Summe noch so groß, eröffnet den Eintritt in den Orden, sondern die von Standesgenossen (d. h. Adeligen; denn nur für Edelleute ist die Stiftung vorhanden) sorgfältig (vermuthlich mit der Gründlichkeit, die bei der Aufnahme in Maurerlogen üblich ist) geprüfte persönliche Würdigkeit jedes Kandidaten ist in erster Linie maßgebend; außerdem kommt ein angemessenes Alter und die Lebensstellung in Betracht. Damen finden nicht Aufnahme in den Orden, doch besitzt derselbe in der Gemahlin des Herren¬ meisters ein weibliches Mitglied. Die Qualification jedes Preußen, der sich den Johannitern als Ordens¬ genosse anschließen will, wird zunächst in den Conventen der betreffenden Provinzialgenvssenschaft begutachtet und sodann im Ordenscapitel geprüft. Das gleiche Verfahren findet statt bei Ausländern, in deren Heimath sich zur Er- füllung der Ordenszwecke ebenfalls Genossenschaften von Johannitern gebildet haben. Wo letzteres nicht der Fall, erfolgt an Stelle des Verfahrens erster Instanz eine anderweite angemessene Erkundigung über den Betreffenden. Die vom Capitel würdig Befundenen werden schließlich durch den Herrenmeister dem König als Protector des Ordens für die Ernennung zu Ehrenrittern vorgeschlagen." „Wir ersehen hieraus," bemerkt unsere Quelle, „daß der Orden sich ge¬ wissermaßen selbst verleiht. Die Johanniter-Decoration, welche der neuernannte Ehrenritter entweder unmittelbar, d. h. in Sonnenburg aus der Hand des Herrenmeisters oder durch Zusendung auf dem Wege der Post empfängt, geht als korporatives Abzeichen und als Symbol gewisser Satzungen auf das Indi¬ viduum über, welches nun das Ordenszeichen aus eigner Bewegung sich anlegt." Daß bei Aufnahmen in den Orden weder Protection noch Correction oder verwandtschaftliche Beziehungen und andere der Sache unangemessene Rücksichten von Einfluß sind, nennt der Versasser selbstverständlich, und wir glauben ihm darin bereitwillig. „Jeder, der. um in den Orden aufgenommen zu werden, sich mittelst Eingabe an das Ordensoberhaupt (jetzt Prinz.Karl in Berlin) selbst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/174>, abgerufen am 28.09.2024.