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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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geschmückt. In den entlegeneren Stadttheilen findet man freilich schmutzige,
von fast nackten Kindern bevölkerte Gassen, und verfallene ärmliche Hütten.
In der Nähe des Hafens giebt es auch ganz stattliche Läden und einige, ganz
nach pariser Art von Marmor und Gold strahlende Cas6s.

Auch die Umgebung der Stadt, die Huerta, eine schmale, zwischen dem
Meer und kahlen Höhenzügen eingeschlossene Ebene, ist reizend. Garten reiht
sich an Garten, alle wohlbewässcrt und von üppiger Fruchtbarkeit strotzend.
Feigenkaktus in ganzen Feldern, Granaten, Orangen, Feigenbäume und immer¬
grüne, zum Theil schön blühende Sträucher bieten sich dem Auge dar. Dichte
Aloehecken zäumen die Gärten ein, und Palmen verschiedenster Art, von der
niedrigen Fächerpalme bis zu der wohl sechzig Fuß hoch schlank und gerade
aufsteigenden und im Winde sich anmuthig schaukelnden Dattelpalme, prägen
der Landschaft vollends ihren südlichen, uneuropäischen Charakter auf.

Einen anderen Charakter nimmt die Gegend an, nachdem die Eisenbahn,
auf welcher die Reisenden nächsten Tags nach Madrid fuhren, den Gebirgszug
hinter der Huerta erklimmt hat und über das Hochplateau Centralspaniens
dahinführt. Kahl und gelb, durchfurcht und zerrissen von den Frühlings¬
gewässern, ausgedörrt von der Sonnengluth. aber doch interessant durch Mannig¬
faltigkeit der Formen, stellt sich die Landschaft dar. Nur wenige grüne Strei¬
fen bieten sich dem Blick dar, wo einer der im Sommer ausdauernden Bäche
durch eine tiefeingeschnittene Schlucht rinnt. Wald ist weit und breit nicht zu
erblicken, nur hier und da eine Gruppe dürftiger Pinien und selbst um die
dünngesäten Dörfer giebt es keinen Baum.

Die Jahrhunderte lang andauernden Kriege haben die Einwohner gewöhnt,
sich zu gegenseitigem Schutze zusammenzudrängen, daher findet man nirgends
einzelne Gehöfte oder kleine Weiler, und die Dörfer sind von starken Mauern
und Thürmen umringt, oft auch von einem mächtigen Schlosse überragt. Häufig
auch schauen von den Höhen alte Burgen mit Thürmen und Zinne" herab,
die vielleicht noch aus den Zeiten der Araber stammen, jedoch noch wohl er¬
halten ^ut.

Einförmig ist die ganze Landschaft, selbst die Ortschaften, aus gebrannten
Steinen aufgeführt, oder aus der Felsart des Landes, heben sich durch keinen
freundlichen Anstrich hervor. Noch öder wird die Gegend, sobald die Eisenbahn
das Plateau erstiegen hat, wo die langweilige flache Manch" beginnt. Zhr frucht¬
barer Lehmboden ist durchgängig devant, aber meilenweit liegen die Dörfer
auseinander, die dafür die Größe von Städten annehmen. Rindvieh belebt nur
ausnahmsweise die Landschaft, dagegen begegnet man häusig Zügen von
Maulthieren und Eseln, die in Spanien auch zur Feldarbeit benutzt werden;
am häufigsten sieht man qber große Schafheerden, unter denen die schwarze oder
vielmehr die braune Farbe vorherrscht.


geschmückt. In den entlegeneren Stadttheilen findet man freilich schmutzige,
von fast nackten Kindern bevölkerte Gassen, und verfallene ärmliche Hütten.
In der Nähe des Hafens giebt es auch ganz stattliche Läden und einige, ganz
nach pariser Art von Marmor und Gold strahlende Cas6s.

Auch die Umgebung der Stadt, die Huerta, eine schmale, zwischen dem
Meer und kahlen Höhenzügen eingeschlossene Ebene, ist reizend. Garten reiht
sich an Garten, alle wohlbewässcrt und von üppiger Fruchtbarkeit strotzend.
Feigenkaktus in ganzen Feldern, Granaten, Orangen, Feigenbäume und immer¬
grüne, zum Theil schön blühende Sträucher bieten sich dem Auge dar. Dichte
Aloehecken zäumen die Gärten ein, und Palmen verschiedenster Art, von der
niedrigen Fächerpalme bis zu der wohl sechzig Fuß hoch schlank und gerade
aufsteigenden und im Winde sich anmuthig schaukelnden Dattelpalme, prägen
der Landschaft vollends ihren südlichen, uneuropäischen Charakter auf.

Einen anderen Charakter nimmt die Gegend an, nachdem die Eisenbahn,
auf welcher die Reisenden nächsten Tags nach Madrid fuhren, den Gebirgszug
hinter der Huerta erklimmt hat und über das Hochplateau Centralspaniens
dahinführt. Kahl und gelb, durchfurcht und zerrissen von den Frühlings¬
gewässern, ausgedörrt von der Sonnengluth. aber doch interessant durch Mannig¬
faltigkeit der Formen, stellt sich die Landschaft dar. Nur wenige grüne Strei¬
fen bieten sich dem Blick dar, wo einer der im Sommer ausdauernden Bäche
durch eine tiefeingeschnittene Schlucht rinnt. Wald ist weit und breit nicht zu
erblicken, nur hier und da eine Gruppe dürftiger Pinien und selbst um die
dünngesäten Dörfer giebt es keinen Baum.

Die Jahrhunderte lang andauernden Kriege haben die Einwohner gewöhnt,
sich zu gegenseitigem Schutze zusammenzudrängen, daher findet man nirgends
einzelne Gehöfte oder kleine Weiler, und die Dörfer sind von starken Mauern
und Thürmen umringt, oft auch von einem mächtigen Schlosse überragt. Häufig
auch schauen von den Höhen alte Burgen mit Thürmen und Zinne» herab,
die vielleicht noch aus den Zeiten der Araber stammen, jedoch noch wohl er¬
halten ^ut.

Einförmig ist die ganze Landschaft, selbst die Ortschaften, aus gebrannten
Steinen aufgeführt, oder aus der Felsart des Landes, heben sich durch keinen
freundlichen Anstrich hervor. Noch öder wird die Gegend, sobald die Eisenbahn
das Plateau erstiegen hat, wo die langweilige flache Manch« beginnt. Zhr frucht¬
barer Lehmboden ist durchgängig devant, aber meilenweit liegen die Dörfer
auseinander, die dafür die Größe von Städten annehmen. Rindvieh belebt nur
ausnahmsweise die Landschaft, dagegen begegnet man häusig Zügen von
Maulthieren und Eseln, die in Spanien auch zur Feldarbeit benutzt werden;
am häufigsten sieht man qber große Schafheerden, unter denen die schwarze oder
vielmehr die braune Farbe vorherrscht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/106>, abgerufen am 28.09.2024.