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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Dieses Desilee bietet sich als Centrum dar, der linke Flügel hat die Treene
und ihre Sümpfe zur Deckung, der rechte gewinnt durch das Defilee des
missunde-flensburger Weges bei Wedelspang und eine morastige Niederung eine
sichere Anlehnung. Der Anmarsch des Feindes von Norden her hat durch Defileen
zu erfolgen, der Aufmarsch zum Angriff ist nur mit Schwierigkeiten zu be¬
werkstelligen. Wie stark die idstedtcr Position ist. hat die Schlacht bewiesen,
die 18S0 hier geliefert wurde, und in welcher 26,000 Schleswig-Holsteiner
36,000 Dänen geschlagen haben würden, ja schon geschlagen hatten, wenn
Willisen den Kampf nicht vor der Zeit abgebrochen hätte. Ein deutscher Gene¬
ral, der mit einem von Norden kommenden Gegner Krieg führt, wird daher,
selbst wenn er ebensowenig wie damals Willisen die Uebermacht für sich hat,
die Entscheidung bei Jdstedt suchen, und er wird dies mit Erfolg oder wenig¬
stens nicht mit der Gefahr einer schweren Niederlage thun, da er im Fall des
Mißlingens die feste Eiderstellung hinter sich hat, die wir uns als aus einem
erweiterten und verstärkten Rendsburg, aus einem wohlbefestigten Friedrichstadt
und aus einem bei Eckernförde an der östlichen Mündung des neuen Kanals
anzulegenden verschanzten Lager bestehend denken.

Zu einer erfolgreichen Vertheidigung ganz Schleswig-Holsteins ohne Alsen
gegen eine von andern Mächten unterstützte dänische Armee bedürften wir ohne
Zweifel noch einmal so viel an Truppen, als zum Schutz eines Schleswig-
Holstein, das bis zur Sprachgrenze und im Osten noch etwa bis zum apen-
radcr Busen reichte, und es ist die Frage, ob wir im Fall eines solchen großen
Krieges für diesen Zweck so viele Mannschaft entbehren können. Holstein
und Südschleswig können ohne zu große Anstrengung ein Heer von 15,000 Mann
und bei stärker angespannten Kräften das Doppelte stellen und unterhalten, wie
sie dies bereits gezeigt haben. Die übrigen norddeutschen Staaten brauchten
dann nur noch 30 bis 35,000 Mann zu senden; denn mit einem Heer von
50,000 Mann ist der neue Staat und mit ihm die Nordgrenze Deutschlands
unter den angegebnen Voraussetzungen gegen eine feindliche Armee von der
Stärke, wie sie sich in Jütland und Nordschleswig concentriren ließe, sehr wohl
zu halten.

Mit dieser Betrachtung glauben wir den Gegenstand hinreichend beleuchtet
zu haben. Daß wir dem Rechte in der Ueberzeugung, daß es nicht zum Zwange
für einen Theil der Schleswig-Holstcincr werden würde, den Sieg wünschen,
wird darnach niemand bezweifeln. Daß Gründe der Convenienz, ja des recht-
verstandnen deutschen Interesses davon für jetzt noch absehen lassen, scheint uns fast
sicher und dies auszusprechen, an der Zeit. Kann man uns in dieser oder
einer andern Hinsicht eines Bessern belehren, was in Betreff der Nationalitäts¬
verhältnisse Schleswigs nicht der Fall sein wird, so werden wir gern zuhören,


Dieses Desilee bietet sich als Centrum dar, der linke Flügel hat die Treene
und ihre Sümpfe zur Deckung, der rechte gewinnt durch das Defilee des
missunde-flensburger Weges bei Wedelspang und eine morastige Niederung eine
sichere Anlehnung. Der Anmarsch des Feindes von Norden her hat durch Defileen
zu erfolgen, der Aufmarsch zum Angriff ist nur mit Schwierigkeiten zu be¬
werkstelligen. Wie stark die idstedtcr Position ist. hat die Schlacht bewiesen,
die 18S0 hier geliefert wurde, und in welcher 26,000 Schleswig-Holsteiner
36,000 Dänen geschlagen haben würden, ja schon geschlagen hatten, wenn
Willisen den Kampf nicht vor der Zeit abgebrochen hätte. Ein deutscher Gene¬
ral, der mit einem von Norden kommenden Gegner Krieg führt, wird daher,
selbst wenn er ebensowenig wie damals Willisen die Uebermacht für sich hat,
die Entscheidung bei Jdstedt suchen, und er wird dies mit Erfolg oder wenig¬
stens nicht mit der Gefahr einer schweren Niederlage thun, da er im Fall des
Mißlingens die feste Eiderstellung hinter sich hat, die wir uns als aus einem
erweiterten und verstärkten Rendsburg, aus einem wohlbefestigten Friedrichstadt
und aus einem bei Eckernförde an der östlichen Mündung des neuen Kanals
anzulegenden verschanzten Lager bestehend denken.

Zu einer erfolgreichen Vertheidigung ganz Schleswig-Holsteins ohne Alsen
gegen eine von andern Mächten unterstützte dänische Armee bedürften wir ohne
Zweifel noch einmal so viel an Truppen, als zum Schutz eines Schleswig-
Holstein, das bis zur Sprachgrenze und im Osten noch etwa bis zum apen-
radcr Busen reichte, und es ist die Frage, ob wir im Fall eines solchen großen
Krieges für diesen Zweck so viele Mannschaft entbehren können. Holstein
und Südschleswig können ohne zu große Anstrengung ein Heer von 15,000 Mann
und bei stärker angespannten Kräften das Doppelte stellen und unterhalten, wie
sie dies bereits gezeigt haben. Die übrigen norddeutschen Staaten brauchten
dann nur noch 30 bis 35,000 Mann zu senden; denn mit einem Heer von
50,000 Mann ist der neue Staat und mit ihm die Nordgrenze Deutschlands
unter den angegebnen Voraussetzungen gegen eine feindliche Armee von der
Stärke, wie sie sich in Jütland und Nordschleswig concentriren ließe, sehr wohl
zu halten.

Mit dieser Betrachtung glauben wir den Gegenstand hinreichend beleuchtet
zu haben. Daß wir dem Rechte in der Ueberzeugung, daß es nicht zum Zwange
für einen Theil der Schleswig-Holstcincr werden würde, den Sieg wünschen,
wird darnach niemand bezweifeln. Daß Gründe der Convenienz, ja des recht-
verstandnen deutschen Interesses davon für jetzt noch absehen lassen, scheint uns fast
sicher und dies auszusprechen, an der Zeit. Kann man uns in dieser oder
einer andern Hinsicht eines Bessern belehren, was in Betreff der Nationalitäts¬
verhältnisse Schleswigs nicht der Fall sein wird, so werden wir gern zuhören,


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[0522] Dieses Desilee bietet sich als Centrum dar, der linke Flügel hat die Treene und ihre Sümpfe zur Deckung, der rechte gewinnt durch das Defilee des missunde-flensburger Weges bei Wedelspang und eine morastige Niederung eine sichere Anlehnung. Der Anmarsch des Feindes von Norden her hat durch Defileen zu erfolgen, der Aufmarsch zum Angriff ist nur mit Schwierigkeiten zu be¬ werkstelligen. Wie stark die idstedtcr Position ist. hat die Schlacht bewiesen, die 18S0 hier geliefert wurde, und in welcher 26,000 Schleswig-Holsteiner 36,000 Dänen geschlagen haben würden, ja schon geschlagen hatten, wenn Willisen den Kampf nicht vor der Zeit abgebrochen hätte. Ein deutscher Gene¬ ral, der mit einem von Norden kommenden Gegner Krieg führt, wird daher, selbst wenn er ebensowenig wie damals Willisen die Uebermacht für sich hat, die Entscheidung bei Jdstedt suchen, und er wird dies mit Erfolg oder wenig¬ stens nicht mit der Gefahr einer schweren Niederlage thun, da er im Fall des Mißlingens die feste Eiderstellung hinter sich hat, die wir uns als aus einem erweiterten und verstärkten Rendsburg, aus einem wohlbefestigten Friedrichstadt und aus einem bei Eckernförde an der östlichen Mündung des neuen Kanals anzulegenden verschanzten Lager bestehend denken. Zu einer erfolgreichen Vertheidigung ganz Schleswig-Holsteins ohne Alsen gegen eine von andern Mächten unterstützte dänische Armee bedürften wir ohne Zweifel noch einmal so viel an Truppen, als zum Schutz eines Schleswig- Holstein, das bis zur Sprachgrenze und im Osten noch etwa bis zum apen- radcr Busen reichte, und es ist die Frage, ob wir im Fall eines solchen großen Krieges für diesen Zweck so viele Mannschaft entbehren können. Holstein und Südschleswig können ohne zu große Anstrengung ein Heer von 15,000 Mann und bei stärker angespannten Kräften das Doppelte stellen und unterhalten, wie sie dies bereits gezeigt haben. Die übrigen norddeutschen Staaten brauchten dann nur noch 30 bis 35,000 Mann zu senden; denn mit einem Heer von 50,000 Mann ist der neue Staat und mit ihm die Nordgrenze Deutschlands unter den angegebnen Voraussetzungen gegen eine feindliche Armee von der Stärke, wie sie sich in Jütland und Nordschleswig concentriren ließe, sehr wohl zu halten. Mit dieser Betrachtung glauben wir den Gegenstand hinreichend beleuchtet zu haben. Daß wir dem Rechte in der Ueberzeugung, daß es nicht zum Zwange für einen Theil der Schleswig-Holstcincr werden würde, den Sieg wünschen, wird darnach niemand bezweifeln. Daß Gründe der Convenienz, ja des recht- verstandnen deutschen Interesses davon für jetzt noch absehen lassen, scheint uns fast sicher und dies auszusprechen, an der Zeit. Kann man uns in dieser oder einer andern Hinsicht eines Bessern belehren, was in Betreff der Nationalitäts¬ verhältnisse Schleswigs nicht der Fall sein wird, so werden wir gern zuhören,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/522>, abgerufen am 25.08.2024.