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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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allen Theilen Schleswigs dänisch spricht und gesinnt ist, dann weil man uns
in England wohl eine Vergrößerung auf dem Festland, nicht aber auf den In¬
seln zuzugestehen bereit sein wird. Ob Preußen sich, getragen von der Be¬
geisterung der deutschen Nation, stark genug fühlen würde, die Insel auch gegen
Englands und Schwedens Einspruch zu nehmen und zu behaupten, wagen wir
nicht zu hoffen, obwohl wir meinen, daß es Ursache dazu hätte. Aber es ist
zu bezweifeln, daß der dann zu führende Krieg, der, wenn das volle Recht auf¬
gegeben wäre, ein großer Krieg um ein verhältnißmäßig kleines Object sein
würde, auf die rechte Wärme in der Nation zu rechnen hätte.

Weit wichtiger ist, daß wir die Halbinsel Sundcwitt behalten. Nicht
weil die Gräber der Helden dort sind, welche die Düppelschanzen erstürmten,
obwohl es ein schönes Gefühl sein mag, welches die Todten der Befreiungsarmee
auch in befreiter Erde liegen sehen will. Auch nicht wegen der Düppeistellung,
die ohne Athen für uns von geringen Werth und die überhaupt wie die Danne-
werkstellung nur eine dänische Position gegen Deutschland ist. Wohl aber
brauchen wir die Halbinsel zwischen der apenrader und der flensburgcr Föhrde,
wenn wir uns des Bestes der leereren mit ihrem trefflichen Hasen sicher fühlen
wollen. Kommen auf diese Weise einige tausend plattdänisch redende Nord"
Schleswiger gegen ihren Wunsch zu Deutschland -- Sundcwitt oder die Nübel-
harde des Amts Sonderburg hat in seinen fünf Kirchspielen circa 9000 Ein¬
wohner -- so gleicht sich dies, wie bemerkt, durch die Deutschen in den Aem¬
tern Hadersleben und Apcnrade, die nicht nur wider ihren Wunsch, sbndern
auch gegen ihr materielles Interesse an Dänemark falle", allein beinahe aus.

Eine gute militärische Grenze ist schon durch den Besitz Südschleswigs ge¬
wonnen, und ebenso würde Deutschland oder zunächst Preußen und Schleswig-
Holstein durch den projectirten Kanal zwischen Brunsbüttel und der cckern-
förder Bucht in letzterer oder vielmehr in dem angrenzenden windebycr Noor,
welches auszubaggern wäre, einen allen Ansprüchen genügenden Kriegshafen
erhalten.

Die Linie zwischen Tondern und der Wiedau einerseits und der flensburgcr
Föhrde andrerseits könnte allerdings nur von einer unverhältnismäßig großen
Armee vertheidigt werden. Wohl aber bietet sich bei Jdstedt eine sehr starke
Stellung, von welcher aus, wenn das deutsche Heer in ihr siegte, ohne Ver¬
zug der für den Augenblick einer etwaigen Uebermacht gegenüber geräumte
Theil Südschleswigs mit Einschluß Flensburgs wieder gewonnen werden könnte.

Die Stellung bei Jdstedt, nur mit der Front gegen Norden zu beziehen,
liegt drei Wegstunden nördlich von der Stadt Schleswig, hat eine Breite von
etwa anderthalb Meilen und wird durch den Langsee und den Ahrenholzsee ge¬
bildet, zwischen denen sich die Schleswig-flensburgcr Chaussee hindurchzieht.


Grenzl'oder II. 1804. 65

allen Theilen Schleswigs dänisch spricht und gesinnt ist, dann weil man uns
in England wohl eine Vergrößerung auf dem Festland, nicht aber auf den In¬
seln zuzugestehen bereit sein wird. Ob Preußen sich, getragen von der Be¬
geisterung der deutschen Nation, stark genug fühlen würde, die Insel auch gegen
Englands und Schwedens Einspruch zu nehmen und zu behaupten, wagen wir
nicht zu hoffen, obwohl wir meinen, daß es Ursache dazu hätte. Aber es ist
zu bezweifeln, daß der dann zu führende Krieg, der, wenn das volle Recht auf¬
gegeben wäre, ein großer Krieg um ein verhältnißmäßig kleines Object sein
würde, auf die rechte Wärme in der Nation zu rechnen hätte.

Weit wichtiger ist, daß wir die Halbinsel Sundcwitt behalten. Nicht
weil die Gräber der Helden dort sind, welche die Düppelschanzen erstürmten,
obwohl es ein schönes Gefühl sein mag, welches die Todten der Befreiungsarmee
auch in befreiter Erde liegen sehen will. Auch nicht wegen der Düppeistellung,
die ohne Athen für uns von geringen Werth und die überhaupt wie die Danne-
werkstellung nur eine dänische Position gegen Deutschland ist. Wohl aber
brauchen wir die Halbinsel zwischen der apenrader und der flensburgcr Föhrde,
wenn wir uns des Bestes der leereren mit ihrem trefflichen Hasen sicher fühlen
wollen. Kommen auf diese Weise einige tausend plattdänisch redende Nord«
Schleswiger gegen ihren Wunsch zu Deutschland — Sundcwitt oder die Nübel-
harde des Amts Sonderburg hat in seinen fünf Kirchspielen circa 9000 Ein¬
wohner — so gleicht sich dies, wie bemerkt, durch die Deutschen in den Aem¬
tern Hadersleben und Apcnrade, die nicht nur wider ihren Wunsch, sbndern
auch gegen ihr materielles Interesse an Dänemark falle», allein beinahe aus.

Eine gute militärische Grenze ist schon durch den Besitz Südschleswigs ge¬
wonnen, und ebenso würde Deutschland oder zunächst Preußen und Schleswig-
Holstein durch den projectirten Kanal zwischen Brunsbüttel und der cckern-
förder Bucht in letzterer oder vielmehr in dem angrenzenden windebycr Noor,
welches auszubaggern wäre, einen allen Ansprüchen genügenden Kriegshafen
erhalten.

Die Linie zwischen Tondern und der Wiedau einerseits und der flensburgcr
Föhrde andrerseits könnte allerdings nur von einer unverhältnismäßig großen
Armee vertheidigt werden. Wohl aber bietet sich bei Jdstedt eine sehr starke
Stellung, von welcher aus, wenn das deutsche Heer in ihr siegte, ohne Ver¬
zug der für den Augenblick einer etwaigen Uebermacht gegenüber geräumte
Theil Südschleswigs mit Einschluß Flensburgs wieder gewonnen werden könnte.

Die Stellung bei Jdstedt, nur mit der Front gegen Norden zu beziehen,
liegt drei Wegstunden nördlich von der Stadt Schleswig, hat eine Breite von
etwa anderthalb Meilen und wird durch den Langsee und den Ahrenholzsee ge¬
bildet, zwischen denen sich die Schleswig-flensburgcr Chaussee hindurchzieht.


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[0521] allen Theilen Schleswigs dänisch spricht und gesinnt ist, dann weil man uns in England wohl eine Vergrößerung auf dem Festland, nicht aber auf den In¬ seln zuzugestehen bereit sein wird. Ob Preußen sich, getragen von der Be¬ geisterung der deutschen Nation, stark genug fühlen würde, die Insel auch gegen Englands und Schwedens Einspruch zu nehmen und zu behaupten, wagen wir nicht zu hoffen, obwohl wir meinen, daß es Ursache dazu hätte. Aber es ist zu bezweifeln, daß der dann zu führende Krieg, der, wenn das volle Recht auf¬ gegeben wäre, ein großer Krieg um ein verhältnißmäßig kleines Object sein würde, auf die rechte Wärme in der Nation zu rechnen hätte. Weit wichtiger ist, daß wir die Halbinsel Sundcwitt behalten. Nicht weil die Gräber der Helden dort sind, welche die Düppelschanzen erstürmten, obwohl es ein schönes Gefühl sein mag, welches die Todten der Befreiungsarmee auch in befreiter Erde liegen sehen will. Auch nicht wegen der Düppeistellung, die ohne Athen für uns von geringen Werth und die überhaupt wie die Danne- werkstellung nur eine dänische Position gegen Deutschland ist. Wohl aber brauchen wir die Halbinsel zwischen der apenrader und der flensburgcr Föhrde, wenn wir uns des Bestes der leereren mit ihrem trefflichen Hasen sicher fühlen wollen. Kommen auf diese Weise einige tausend plattdänisch redende Nord« Schleswiger gegen ihren Wunsch zu Deutschland — Sundcwitt oder die Nübel- harde des Amts Sonderburg hat in seinen fünf Kirchspielen circa 9000 Ein¬ wohner — so gleicht sich dies, wie bemerkt, durch die Deutschen in den Aem¬ tern Hadersleben und Apcnrade, die nicht nur wider ihren Wunsch, sbndern auch gegen ihr materielles Interesse an Dänemark falle», allein beinahe aus. Eine gute militärische Grenze ist schon durch den Besitz Südschleswigs ge¬ wonnen, und ebenso würde Deutschland oder zunächst Preußen und Schleswig- Holstein durch den projectirten Kanal zwischen Brunsbüttel und der cckern- förder Bucht in letzterer oder vielmehr in dem angrenzenden windebycr Noor, welches auszubaggern wäre, einen allen Ansprüchen genügenden Kriegshafen erhalten. Die Linie zwischen Tondern und der Wiedau einerseits und der flensburgcr Föhrde andrerseits könnte allerdings nur von einer unverhältnismäßig großen Armee vertheidigt werden. Wohl aber bietet sich bei Jdstedt eine sehr starke Stellung, von welcher aus, wenn das deutsche Heer in ihr siegte, ohne Ver¬ zug der für den Augenblick einer etwaigen Uebermacht gegenüber geräumte Theil Südschleswigs mit Einschluß Flensburgs wieder gewonnen werden könnte. Die Stellung bei Jdstedt, nur mit der Front gegen Norden zu beziehen, liegt drei Wegstunden nördlich von der Stadt Schleswig, hat eine Breite von etwa anderthalb Meilen und wird durch den Langsee und den Ahrenholzsee ge¬ bildet, zwischen denen sich die Schleswig-flensburgcr Chaussee hindurchzieht. Grenzl'oder II. 1804. 65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/521>, abgerufen am 23.07.2024.