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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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fen hat, der Fischfang auf hoher See, und dieser muß durch Ausführung des
cimbrischen Kanals einen erheblichen Aufschwung gewinnen. Hundert Schiffe
auf Wallfisch- und Heringsfang ausgelaufen tragen mehr zur Heranbildung
eines kräftigen deutschen Matrosenvolks bei, als zehnmal so viele, die an den
Küsten von China und Indien fahren, um nie mehr zurückzukehren.

"Das Meer ist der große Turnierplatz der Nationen; auf ihm vor allem
stählt sich die Mannhaftigkeit eines Volkes. Wenn Deutschland seine bis jetzt
getheilten und gelähmten Seckräftc durch den Nord-Ostsee-Kanal vereinigt hat,
tritt es mit verdoppelter Stärke in die Arena."

Frankreichs und Englands Handelspolitik führten in China einen blutigen
Krieg, letzteres kämpfte auch in Mexiko, und diese Mächte thaten dies nicht,
um zu erobern, sondern um jene Länder ihrem Handel zu erschließen. Wir
dagegen haben uns bisher in gewissem Maße von unserm eignen Meere ab¬
schließen lassen, jenem Meere, welches selbst der Engländer im Angedenken an
unsre einstige Seetüchtigkeit noch heute das deutsche Meer nennt. Im Zoll¬
verein verstand man bisher unter Handelspolitik die '"-cschäftigung mit rein bin-
nenländischen und rein ökonomischen Fragen. Das wird anders werden und
bald: wir haben nur einige tausend Quadratruthen deutschen Landes in eine
für große Schiffe befahrbare Wasserfläche zu verwandeln und dadurch das Eins¬
werden unsrer Nord- und Ostsee-Gestade zu bewirken. Die deutsche Küste,
welche für den Riesenleib unsres Vaterlandes kaum ausreicht, wird um die
volle Länge des Kanals vergrößert, die Hafenfläche Norddeutschlands mehr als
verzehnfacht und aller Handel und Verkehr zur See verhältnißmäßig erweitert.

Und schließlich: ohne Seemacht keine Achtung gebietende Stellung gegen
das Ausland, und ohne eine von Dänemark und dessen Protectoren unabhän¬
gige Verbindung zwischen Nord- und Ostsee keine Seemacht! Preußen, mit den
Anfängen zu einer Seemacht versehe^, kann mit diesen dem Gesammtvaterland
wenig nützen, wenn es aus die Ostsee beschränkt bleibt. Es erkannte diesen
Uebelstand und erwarb einen Hafen an der Nordseeküste. Damit aber waren
die Hindernisse, die in der Trennung der beiden Wasserbecken lagen, nicht be¬
seitigt. Preuße" allein war, als der Krieg ausbrach, nicht im Stande, Deutsch¬
land zur See kräftig zu schützen, und es wäre dazu auch dann nicht befähigt
gewesen, wenn seine Flotte doppelt so stark gewesen wäre, wie jetzt; denn im-
mer hätte sich dieselbe in zwei Geschwader theilen müssen. Hätten die Mittel-
und Kleinstaaten Deutschlands sich bei dem Bau einer deutschen Flotte bethei-
ligt, so würde schon jetzt unsre Überlegenheit zur See von den Dänen gefühlt
worden sein, aber mit dem Kanal würde selbst eine sehr mäßige deutsche Flotte
den vereinigten Geschwadern der skandinavischen Völker die Spitze haben bie¬
ten können.

"Auf die östreichische Flotte," sagt der Verfasser, "wird Deutschland schon


fen hat, der Fischfang auf hoher See, und dieser muß durch Ausführung des
cimbrischen Kanals einen erheblichen Aufschwung gewinnen. Hundert Schiffe
auf Wallfisch- und Heringsfang ausgelaufen tragen mehr zur Heranbildung
eines kräftigen deutschen Matrosenvolks bei, als zehnmal so viele, die an den
Küsten von China und Indien fahren, um nie mehr zurückzukehren.

„Das Meer ist der große Turnierplatz der Nationen; auf ihm vor allem
stählt sich die Mannhaftigkeit eines Volkes. Wenn Deutschland seine bis jetzt
getheilten und gelähmten Seckräftc durch den Nord-Ostsee-Kanal vereinigt hat,
tritt es mit verdoppelter Stärke in die Arena."

Frankreichs und Englands Handelspolitik führten in China einen blutigen
Krieg, letzteres kämpfte auch in Mexiko, und diese Mächte thaten dies nicht,
um zu erobern, sondern um jene Länder ihrem Handel zu erschließen. Wir
dagegen haben uns bisher in gewissem Maße von unserm eignen Meere ab¬
schließen lassen, jenem Meere, welches selbst der Engländer im Angedenken an
unsre einstige Seetüchtigkeit noch heute das deutsche Meer nennt. Im Zoll¬
verein verstand man bisher unter Handelspolitik die '"-cschäftigung mit rein bin-
nenländischen und rein ökonomischen Fragen. Das wird anders werden und
bald: wir haben nur einige tausend Quadratruthen deutschen Landes in eine
für große Schiffe befahrbare Wasserfläche zu verwandeln und dadurch das Eins¬
werden unsrer Nord- und Ostsee-Gestade zu bewirken. Die deutsche Küste,
welche für den Riesenleib unsres Vaterlandes kaum ausreicht, wird um die
volle Länge des Kanals vergrößert, die Hafenfläche Norddeutschlands mehr als
verzehnfacht und aller Handel und Verkehr zur See verhältnißmäßig erweitert.

Und schließlich: ohne Seemacht keine Achtung gebietende Stellung gegen
das Ausland, und ohne eine von Dänemark und dessen Protectoren unabhän¬
gige Verbindung zwischen Nord- und Ostsee keine Seemacht! Preußen, mit den
Anfängen zu einer Seemacht versehe^, kann mit diesen dem Gesammtvaterland
wenig nützen, wenn es aus die Ostsee beschränkt bleibt. Es erkannte diesen
Uebelstand und erwarb einen Hafen an der Nordseeküste. Damit aber waren
die Hindernisse, die in der Trennung der beiden Wasserbecken lagen, nicht be¬
seitigt. Preuße» allein war, als der Krieg ausbrach, nicht im Stande, Deutsch¬
land zur See kräftig zu schützen, und es wäre dazu auch dann nicht befähigt
gewesen, wenn seine Flotte doppelt so stark gewesen wäre, wie jetzt; denn im-
mer hätte sich dieselbe in zwei Geschwader theilen müssen. Hätten die Mittel-
und Kleinstaaten Deutschlands sich bei dem Bau einer deutschen Flotte bethei-
ligt, so würde schon jetzt unsre Überlegenheit zur See von den Dänen gefühlt
worden sein, aber mit dem Kanal würde selbst eine sehr mäßige deutsche Flotte
den vereinigten Geschwadern der skandinavischen Völker die Spitze haben bie¬
ten können.

„Auf die östreichische Flotte," sagt der Verfasser, „wird Deutschland schon


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/511>, abgerufen am 23.07.2024.