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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Kriege eine besondere künstlerische Beachtung zuzuwenden. Die Zeichnungen
aus ihren eigenen neuesten Feldzügen in der Illustration l^rris (welche
sich mit den bewundernswerthen für dasselbe Journal von Durand-Brager.
dem Maler und Marineoffizier gelieferten nicht entfernt vergleichen lassen),
haben meist geschickte Dilettanten unter den an ihnen activ theilnehmenden
Offizieren geliefert, wenn sie auch bei der Holzübertragung in Paris von guten
kundigen Zeichnern zuvor noch künstlerisch zurechtgestutzt sind. Die großen vor¬
jährigen Polenschlachteu waren Wohl reine Phantasiegebilde. Was jene Ofsi-
zicrsprvducte an letzterer Eigenschaft vermissen lassen, ersetzen sie wieder durch
große militärische Richtigkeit und Zuverlässigkeit in allen "Vucis" wie in den
dargestellten Bewegungen der Truppenkörper. Die eigentlich künstlerisch durch¬
gearbeitete Kriegsillustration findet in Versailles noch immer ein unendliches
Feld, sich in jedem Maßstab zu entfalten.

Die Deutschen haben sick auf diesem Gebiet gegen ihre ausländischen Ge¬
nossen lange im Nachtrab gehalten; ihre Situation war in jeder Hinsicht eine
weit ungünstigere. Es fehlte an den geeigneten und geneigten Künstlern,
an den Geldmitteln, an den Holzschneidern und -- an der nationalen Antheil-
nahme ihres Publicums an Kriegen, die es nicht zunächst angingen. Der nun
in Schleswig durchgekämpfte sollte das gründlich ändern. Die illustrirten
Journale Deutschlands, in vorderster Reihe die wchersche Leipziger Jllustrirte Zei¬
tung, haben vom ersten Beginn dieses Kampfes an die größten Anstrengungen
gemacht, nicht hinter der hier gestellten großen Aufgabe zurückzubleiben. Ein
sehr origineller und für dies Fach wie kaum ein Anderer begabter Zeichner,
A. Beck. begleitete das Hauptquartier der Verbündeten in jenen Winterfeldzug.
Ausgerüstet mit dem schärfsten Blick für die Wirklichkeit, mit dem Talent, die
Bewegung von Menschen und Pferden im schnellsten Fluge zu erfassen, mit
einer gründlichen Kenntniß alles militärischen Wesens, die sich ebenso auf den
Sitz jedes Uniformknopfs, wie auf jedes Detail der Geschützlaffetirung und
Bespannung erstreck", mit einer stets fertigen geschickten Hand, der Fähigkeit zur
Ertragung der schlimmsten Strapazen und der Kunst, jedem Hauptquartier ein
willkommener Gast, jedem Soldaten ein guter Kamerad zu sein, besitzt er alles,
was zu diesem eigenthümlichen Künstlcramt des "Spezialartisten" nothwendig
ist. Wie sehr er diese seine Gaben nutzbar zu machen wußte, hat er in der
langen Reihe der vortrefflichsten Zeichnungen vom Kriegsschauplatz bewiesen,
welche die Jllustrirte Zeitung seit Januar (er war bereits mit den Bundes¬
truppen in Holstein) von ihm gebracht hat. Wo es sich um die nackte fürch¬
terliche Wahrheit in der Wiedergabe der höchsten Schrecken des Kriegs, d. h.
winterlicher Schlachtfelder und erstarrter Leichenhaufen handelt, steht er hin¬
ter Faber nicht zurück. Das Bild der "Leichen im Spritzenhaus zu Bustorf"
wird jedem, .der es ge-sehen, in dieser Hinsicht unvergeßlich bleiben. Und in


Kriege eine besondere künstlerische Beachtung zuzuwenden. Die Zeichnungen
aus ihren eigenen neuesten Feldzügen in der Illustration l^rris (welche
sich mit den bewundernswerthen für dasselbe Journal von Durand-Brager.
dem Maler und Marineoffizier gelieferten nicht entfernt vergleichen lassen),
haben meist geschickte Dilettanten unter den an ihnen activ theilnehmenden
Offizieren geliefert, wenn sie auch bei der Holzübertragung in Paris von guten
kundigen Zeichnern zuvor noch künstlerisch zurechtgestutzt sind. Die großen vor¬
jährigen Polenschlachteu waren Wohl reine Phantasiegebilde. Was jene Ofsi-
zicrsprvducte an letzterer Eigenschaft vermissen lassen, ersetzen sie wieder durch
große militärische Richtigkeit und Zuverlässigkeit in allen „Vucis" wie in den
dargestellten Bewegungen der Truppenkörper. Die eigentlich künstlerisch durch¬
gearbeitete Kriegsillustration findet in Versailles noch immer ein unendliches
Feld, sich in jedem Maßstab zu entfalten.

Die Deutschen haben sick auf diesem Gebiet gegen ihre ausländischen Ge¬
nossen lange im Nachtrab gehalten; ihre Situation war in jeder Hinsicht eine
weit ungünstigere. Es fehlte an den geeigneten und geneigten Künstlern,
an den Geldmitteln, an den Holzschneidern und — an der nationalen Antheil-
nahme ihres Publicums an Kriegen, die es nicht zunächst angingen. Der nun
in Schleswig durchgekämpfte sollte das gründlich ändern. Die illustrirten
Journale Deutschlands, in vorderster Reihe die wchersche Leipziger Jllustrirte Zei¬
tung, haben vom ersten Beginn dieses Kampfes an die größten Anstrengungen
gemacht, nicht hinter der hier gestellten großen Aufgabe zurückzubleiben. Ein
sehr origineller und für dies Fach wie kaum ein Anderer begabter Zeichner,
A. Beck. begleitete das Hauptquartier der Verbündeten in jenen Winterfeldzug.
Ausgerüstet mit dem schärfsten Blick für die Wirklichkeit, mit dem Talent, die
Bewegung von Menschen und Pferden im schnellsten Fluge zu erfassen, mit
einer gründlichen Kenntniß alles militärischen Wesens, die sich ebenso auf den
Sitz jedes Uniformknopfs, wie auf jedes Detail der Geschützlaffetirung und
Bespannung erstreck«, mit einer stets fertigen geschickten Hand, der Fähigkeit zur
Ertragung der schlimmsten Strapazen und der Kunst, jedem Hauptquartier ein
willkommener Gast, jedem Soldaten ein guter Kamerad zu sein, besitzt er alles,
was zu diesem eigenthümlichen Künstlcramt des „Spezialartisten" nothwendig
ist. Wie sehr er diese seine Gaben nutzbar zu machen wußte, hat er in der
langen Reihe der vortrefflichsten Zeichnungen vom Kriegsschauplatz bewiesen,
welche die Jllustrirte Zeitung seit Januar (er war bereits mit den Bundes¬
truppen in Holstein) von ihm gebracht hat. Wo es sich um die nackte fürch¬
terliche Wahrheit in der Wiedergabe der höchsten Schrecken des Kriegs, d. h.
winterlicher Schlachtfelder und erstarrter Leichenhaufen handelt, steht er hin¬
ter Faber nicht zurück. Das Bild der „Leichen im Spritzenhaus zu Bustorf"
wird jedem, .der es ge-sehen, in dieser Hinsicht unvergeßlich bleiben. Und in


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[0503] Kriege eine besondere künstlerische Beachtung zuzuwenden. Die Zeichnungen aus ihren eigenen neuesten Feldzügen in der Illustration l^rris (welche sich mit den bewundernswerthen für dasselbe Journal von Durand-Brager. dem Maler und Marineoffizier gelieferten nicht entfernt vergleichen lassen), haben meist geschickte Dilettanten unter den an ihnen activ theilnehmenden Offizieren geliefert, wenn sie auch bei der Holzübertragung in Paris von guten kundigen Zeichnern zuvor noch künstlerisch zurechtgestutzt sind. Die großen vor¬ jährigen Polenschlachteu waren Wohl reine Phantasiegebilde. Was jene Ofsi- zicrsprvducte an letzterer Eigenschaft vermissen lassen, ersetzen sie wieder durch große militärische Richtigkeit und Zuverlässigkeit in allen „Vucis" wie in den dargestellten Bewegungen der Truppenkörper. Die eigentlich künstlerisch durch¬ gearbeitete Kriegsillustration findet in Versailles noch immer ein unendliches Feld, sich in jedem Maßstab zu entfalten. Die Deutschen haben sick auf diesem Gebiet gegen ihre ausländischen Ge¬ nossen lange im Nachtrab gehalten; ihre Situation war in jeder Hinsicht eine weit ungünstigere. Es fehlte an den geeigneten und geneigten Künstlern, an den Geldmitteln, an den Holzschneidern und — an der nationalen Antheil- nahme ihres Publicums an Kriegen, die es nicht zunächst angingen. Der nun in Schleswig durchgekämpfte sollte das gründlich ändern. Die illustrirten Journale Deutschlands, in vorderster Reihe die wchersche Leipziger Jllustrirte Zei¬ tung, haben vom ersten Beginn dieses Kampfes an die größten Anstrengungen gemacht, nicht hinter der hier gestellten großen Aufgabe zurückzubleiben. Ein sehr origineller und für dies Fach wie kaum ein Anderer begabter Zeichner, A. Beck. begleitete das Hauptquartier der Verbündeten in jenen Winterfeldzug. Ausgerüstet mit dem schärfsten Blick für die Wirklichkeit, mit dem Talent, die Bewegung von Menschen und Pferden im schnellsten Fluge zu erfassen, mit einer gründlichen Kenntniß alles militärischen Wesens, die sich ebenso auf den Sitz jedes Uniformknopfs, wie auf jedes Detail der Geschützlaffetirung und Bespannung erstreck«, mit einer stets fertigen geschickten Hand, der Fähigkeit zur Ertragung der schlimmsten Strapazen und der Kunst, jedem Hauptquartier ein willkommener Gast, jedem Soldaten ein guter Kamerad zu sein, besitzt er alles, was zu diesem eigenthümlichen Künstlcramt des „Spezialartisten" nothwendig ist. Wie sehr er diese seine Gaben nutzbar zu machen wußte, hat er in der langen Reihe der vortrefflichsten Zeichnungen vom Kriegsschauplatz bewiesen, welche die Jllustrirte Zeitung seit Januar (er war bereits mit den Bundes¬ truppen in Holstein) von ihm gebracht hat. Wo es sich um die nackte fürch¬ terliche Wahrheit in der Wiedergabe der höchsten Schrecken des Kriegs, d. h. winterlicher Schlachtfelder und erstarrter Leichenhaufen handelt, steht er hin¬ ter Faber nicht zurück. Das Bild der „Leichen im Spritzenhaus zu Bustorf" wird jedem, .der es ge-sehen, in dieser Hinsicht unvergeßlich bleiben. Und in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/503>, abgerufen am 23.07.2024.