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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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und dagegen Parteilcute und Heißsporne fernzuhalten. Es wäre dabei soviel
es möglich in der Bevölkerung der Eindruck zu verbreiten, daß die altpreußische
Sparsamkeit der Regierung dem Lande weit weniger Geldopfer als die neue
Kammerregierung aufgelegt habe.

Die Behandlung der Presse und die Bekämpfung der demokratischen Par¬
tei vermittelst derselben erforderten die besondere Beachtung der Regierung, die
für diesen Zweck einen sehr geschäftskundigen und festen Minister des Innern
zu wählen hätte. Wäre ein solcher gefunden, so ließe die Regierung das aus
dem allgemeinen Stimmrechte hervorgegangene Abgeordnetenhaus im Geheimen
und in der Presse angreifen, welche die Leistungen des Abgeordnetenhauses und
die Kosten, welche es verursachte, gegenüberstellte. Ganz unter der Hand suchte
man die Bezeichnung der Abgeordneten als "Drei Thaler-Männer" in Umlauf
zu setzen, um den moralischen Eindruck der Abgeordneten im Lande zu schwächen.

Das Herrenhaus ist bis jetzt in dieser Notiz nicht besonders erwähnt
worden. Die Regierung dürfte in ihrem Plane, die Ansprüche des Abgeord¬
netenhauses auf das richtige Maß zurückzuführen, zuerst auf die Unterstützung
des Herrenhauses rechnen können. Wäre aber dieses Ziel einmal erreicht, so
möchte das Herrenhaus, aus Gründen, die hier weiter auszuführen nicht nöthig
erscheint, die Krone in ihrem Gange nicht wesentlich hemmen können, da es
seine Hauptstütze nur in der Krone findet.

Wahrscheinlich würde der Hof, bei cousequenter Verfolgung des vorgezeich¬
neten Weges, bald sein Bestreben, den Landtag gehörig zu ncutralistren. mit
einem vollständigen Erfolge gekrönt sehen; vorausgesetzt daß er, ohne Rücksicht
auf Gunst und Partcimcinung, als Minister tüchtige Verwaltungsbeamte wählte,
und vorzüglich, wenn er die alte preußische Sparsamkeit wieder zu Ehren brächte
und es vermiede, den Maximen der Militärmonarchie diejenige der Palast-
mvnarchie zu substituiren.

Wo die Militarmonarchic in ihren Spitzen nicht erschlaffte, hat sie, wie
die Geschichte lehrt, in der Regel den Sieg über sogenannte Bolksstaaten davon¬
getragen. Die demokratischen Staaten Griechenlands, ohngeachtet ihrer Tri^
dumm und Demosthenesse, endigten damit, in die Hände der reinen macedoni-
schen Militarmonarchic zu fallen.

Warum England seine auf ganz eigenthümliche Verhältnisse aufgebaute
Verfassung allen andern Reichen eifrig empfiehlt, ist kein Geheimniß für die¬
jenigen, welche tiefer in die innern Falten der englischen Politik eingedrungen
sind. Sicher ist, daß England damit nicht wesentlich die politische und mili¬
tärische Stärkung jener Reiche beabsichtigt.

Geschrieben zu Berlin im Mai 1861."




und dagegen Parteilcute und Heißsporne fernzuhalten. Es wäre dabei soviel
es möglich in der Bevölkerung der Eindruck zu verbreiten, daß die altpreußische
Sparsamkeit der Regierung dem Lande weit weniger Geldopfer als die neue
Kammerregierung aufgelegt habe.

Die Behandlung der Presse und die Bekämpfung der demokratischen Par¬
tei vermittelst derselben erforderten die besondere Beachtung der Regierung, die
für diesen Zweck einen sehr geschäftskundigen und festen Minister des Innern
zu wählen hätte. Wäre ein solcher gefunden, so ließe die Regierung das aus
dem allgemeinen Stimmrechte hervorgegangene Abgeordnetenhaus im Geheimen
und in der Presse angreifen, welche die Leistungen des Abgeordnetenhauses und
die Kosten, welche es verursachte, gegenüberstellte. Ganz unter der Hand suchte
man die Bezeichnung der Abgeordneten als „Drei Thaler-Männer" in Umlauf
zu setzen, um den moralischen Eindruck der Abgeordneten im Lande zu schwächen.

Das Herrenhaus ist bis jetzt in dieser Notiz nicht besonders erwähnt
worden. Die Regierung dürfte in ihrem Plane, die Ansprüche des Abgeord¬
netenhauses auf das richtige Maß zurückzuführen, zuerst auf die Unterstützung
des Herrenhauses rechnen können. Wäre aber dieses Ziel einmal erreicht, so
möchte das Herrenhaus, aus Gründen, die hier weiter auszuführen nicht nöthig
erscheint, die Krone in ihrem Gange nicht wesentlich hemmen können, da es
seine Hauptstütze nur in der Krone findet.

Wahrscheinlich würde der Hof, bei cousequenter Verfolgung des vorgezeich¬
neten Weges, bald sein Bestreben, den Landtag gehörig zu ncutralistren. mit
einem vollständigen Erfolge gekrönt sehen; vorausgesetzt daß er, ohne Rücksicht
auf Gunst und Partcimcinung, als Minister tüchtige Verwaltungsbeamte wählte,
und vorzüglich, wenn er die alte preußische Sparsamkeit wieder zu Ehren brächte
und es vermiede, den Maximen der Militärmonarchie diejenige der Palast-
mvnarchie zu substituiren.

Wo die Militarmonarchic in ihren Spitzen nicht erschlaffte, hat sie, wie
die Geschichte lehrt, in der Regel den Sieg über sogenannte Bolksstaaten davon¬
getragen. Die demokratischen Staaten Griechenlands, ohngeachtet ihrer Tri^
dumm und Demosthenesse, endigten damit, in die Hände der reinen macedoni-
schen Militarmonarchic zu fallen.

Warum England seine auf ganz eigenthümliche Verhältnisse aufgebaute
Verfassung allen andern Reichen eifrig empfiehlt, ist kein Geheimniß für die¬
jenigen, welche tiefer in die innern Falten der englischen Politik eingedrungen
sind. Sicher ist, daß England damit nicht wesentlich die politische und mili¬
tärische Stärkung jener Reiche beabsichtigt.

Geschrieben zu Berlin im Mai 1861."




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/494>, abgerufen am 23.07.2024.