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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Das Heft der "Kkvus clef clsux morales" vom 1. März d. I. entwirft
unter dem Titel. Ig, eommiWivn 8Al>loir" 6" 1s guei're ".ux etats-ums"
ein lebendiges Bild von der dortigen Organisation der Privathilfe und von
deren politischer Bedeutung, das wir hier benutzen wollen.

Mit dem Beginn des Krieges bildeten sich in Nordamerika aller Orten
Frauenvereine, welche mit Charpie zupfen, Bandagen nähen. Strümpfe stricken
und tgi. ansingen, dann aber rasch zu der Ueberzeugung kamen, daß wenn ihre
Arbeiten nicht Hand in Hand gingen mit den factischen Bedürfnissen, ihre
Arbeit nicht lohnend sein, das gesteckte Ziel nicht erreicht werden würde. In
Newyork, dem Centralpunkt des amerikanischen Lebens, mußte sich dieser Uebel¬
stand am frühesten zeigen, und so waren es die Frauen dieses Orts, welche die
Gleichgesinnten anderer Städte hiervon in Kenntniß setzten und sie aufforderten,
ihre Kräfte ebenso wie die des Staats zu organisiren und sowohl für die Einzel¬
staaten als auch die ganze Union leitende Comites zu ernennen.

Die Idee fand Anklang, und nach und nach haben sich 30,000 solcher
Frauenvereine unter dem Centralcomitö in Washington Mit dem oben angegebe¬
nen Titel zusammengeihan und gegliedert. Einflußreiche Männer wurden auf¬
gefordert die Leitung zu übernehmen und die Verbindung mit der Staatsgewalt
und den Militärbehörden herbeizuführen. -- So sehr die ersten amerikanischen
Armeen aller Sanitätseinrichtungen entbehrten, und so sehr die Behörden eine
Unteistützung auf diesem Gebiete wünschen mußten, so sträubten sie sich doch
dagegen, einen solchen Berein für sich eintreten zu lassen. Die Noth aber war
zu groß, die Sterblichkeit unter den Truppen erhöhte sich in dem Maße, daß die
letzteren ein Drittel ihrer Leute verloren, ehe sie den Feind zu sehen bekamen.
Der Präsident räumte dem Verein das Recht ein seine Thätigkeit allen mili¬
tärischen Bewegungen anzuschließen, seine Beamten den Hauptquartieren zu
attachiren, Krankenträger auf die Schlachtfelder zu entsenden, eigene Lazarethe
an den Operationsorten und auf den Zwischenstationen zu errichten, Magazine
anzulegen u. s, w., kurz einen eigenen Sanitätskvrper zu bilden; dabei wurde
aber gleichzeitig ausgesprochen, daß der Staat, da der Verein wohl mit seinen
Mitteln nicht auf die Dauer allen diesen Leistungen genügen könne,' binnen
Kurzem seine Organisationen vollendet haben würde, um selbst diesen Ver¬
pflichtungen nachzukommen. Die Mittel des Vereins aber wuchsen so bedeutend,
daß er im Stande gewesen wäre auf die Dauer den Sanitätsdienst der Heere
zu übernehmen, wenn er nicht mit der Entwickelung aller nordamerikanischen
Militärinstitutionen immer mehr aus diesem Dienst verdrängt und auf das,
was ein Privatverein nnr leisten kann, verwiesen worden wäre, auf die Unter¬
stützung der amtlichen Pflege und auf die Uebernahme der Sorge für die vom
Heere entlassenen Leute und die zu demselben zurückkehrenden oder hin dirigirten
Mannschaften. Das Budget der Sanitätscommission ist für 1864 auf ungefähr zehn


Das Heft der „Kkvus clef clsux morales" vom 1. März d. I. entwirft
unter dem Titel. Ig, eommiWivn 8Al>loir« 6« 1s guei're ».ux etats-ums"
ein lebendiges Bild von der dortigen Organisation der Privathilfe und von
deren politischer Bedeutung, das wir hier benutzen wollen.

Mit dem Beginn des Krieges bildeten sich in Nordamerika aller Orten
Frauenvereine, welche mit Charpie zupfen, Bandagen nähen. Strümpfe stricken
und tgi. ansingen, dann aber rasch zu der Ueberzeugung kamen, daß wenn ihre
Arbeiten nicht Hand in Hand gingen mit den factischen Bedürfnissen, ihre
Arbeit nicht lohnend sein, das gesteckte Ziel nicht erreicht werden würde. In
Newyork, dem Centralpunkt des amerikanischen Lebens, mußte sich dieser Uebel¬
stand am frühesten zeigen, und so waren es die Frauen dieses Orts, welche die
Gleichgesinnten anderer Städte hiervon in Kenntniß setzten und sie aufforderten,
ihre Kräfte ebenso wie die des Staats zu organisiren und sowohl für die Einzel¬
staaten als auch die ganze Union leitende Comites zu ernennen.

Die Idee fand Anklang, und nach und nach haben sich 30,000 solcher
Frauenvereine unter dem Centralcomitö in Washington Mit dem oben angegebe¬
nen Titel zusammengeihan und gegliedert. Einflußreiche Männer wurden auf¬
gefordert die Leitung zu übernehmen und die Verbindung mit der Staatsgewalt
und den Militärbehörden herbeizuführen. — So sehr die ersten amerikanischen
Armeen aller Sanitätseinrichtungen entbehrten, und so sehr die Behörden eine
Unteistützung auf diesem Gebiete wünschen mußten, so sträubten sie sich doch
dagegen, einen solchen Berein für sich eintreten zu lassen. Die Noth aber war
zu groß, die Sterblichkeit unter den Truppen erhöhte sich in dem Maße, daß die
letzteren ein Drittel ihrer Leute verloren, ehe sie den Feind zu sehen bekamen.
Der Präsident räumte dem Verein das Recht ein seine Thätigkeit allen mili¬
tärischen Bewegungen anzuschließen, seine Beamten den Hauptquartieren zu
attachiren, Krankenträger auf die Schlachtfelder zu entsenden, eigene Lazarethe
an den Operationsorten und auf den Zwischenstationen zu errichten, Magazine
anzulegen u. s, w., kurz einen eigenen Sanitätskvrper zu bilden; dabei wurde
aber gleichzeitig ausgesprochen, daß der Staat, da der Verein wohl mit seinen
Mitteln nicht auf die Dauer allen diesen Leistungen genügen könne,' binnen
Kurzem seine Organisationen vollendet haben würde, um selbst diesen Ver¬
pflichtungen nachzukommen. Die Mittel des Vereins aber wuchsen so bedeutend,
daß er im Stande gewesen wäre auf die Dauer den Sanitätsdienst der Heere
zu übernehmen, wenn er nicht mit der Entwickelung aller nordamerikanischen
Militärinstitutionen immer mehr aus diesem Dienst verdrängt und auf das,
was ein Privatverein nnr leisten kann, verwiesen worden wäre, auf die Unter¬
stützung der amtlichen Pflege und auf die Uebernahme der Sorge für die vom
Heere entlassenen Leute und die zu demselben zurückkehrenden oder hin dirigirten
Mannschaften. Das Budget der Sanitätscommission ist für 1864 auf ungefähr zehn


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[0482] Das Heft der „Kkvus clef clsux morales" vom 1. März d. I. entwirft unter dem Titel. Ig, eommiWivn 8Al>loir« 6« 1s guei're ».ux etats-ums" ein lebendiges Bild von der dortigen Organisation der Privathilfe und von deren politischer Bedeutung, das wir hier benutzen wollen. Mit dem Beginn des Krieges bildeten sich in Nordamerika aller Orten Frauenvereine, welche mit Charpie zupfen, Bandagen nähen. Strümpfe stricken und tgi. ansingen, dann aber rasch zu der Ueberzeugung kamen, daß wenn ihre Arbeiten nicht Hand in Hand gingen mit den factischen Bedürfnissen, ihre Arbeit nicht lohnend sein, das gesteckte Ziel nicht erreicht werden würde. In Newyork, dem Centralpunkt des amerikanischen Lebens, mußte sich dieser Uebel¬ stand am frühesten zeigen, und so waren es die Frauen dieses Orts, welche die Gleichgesinnten anderer Städte hiervon in Kenntniß setzten und sie aufforderten, ihre Kräfte ebenso wie die des Staats zu organisiren und sowohl für die Einzel¬ staaten als auch die ganze Union leitende Comites zu ernennen. Die Idee fand Anklang, und nach und nach haben sich 30,000 solcher Frauenvereine unter dem Centralcomitö in Washington Mit dem oben angegebe¬ nen Titel zusammengeihan und gegliedert. Einflußreiche Männer wurden auf¬ gefordert die Leitung zu übernehmen und die Verbindung mit der Staatsgewalt und den Militärbehörden herbeizuführen. — So sehr die ersten amerikanischen Armeen aller Sanitätseinrichtungen entbehrten, und so sehr die Behörden eine Unteistützung auf diesem Gebiete wünschen mußten, so sträubten sie sich doch dagegen, einen solchen Berein für sich eintreten zu lassen. Die Noth aber war zu groß, die Sterblichkeit unter den Truppen erhöhte sich in dem Maße, daß die letzteren ein Drittel ihrer Leute verloren, ehe sie den Feind zu sehen bekamen. Der Präsident räumte dem Verein das Recht ein seine Thätigkeit allen mili¬ tärischen Bewegungen anzuschließen, seine Beamten den Hauptquartieren zu attachiren, Krankenträger auf die Schlachtfelder zu entsenden, eigene Lazarethe an den Operationsorten und auf den Zwischenstationen zu errichten, Magazine anzulegen u. s, w., kurz einen eigenen Sanitätskvrper zu bilden; dabei wurde aber gleichzeitig ausgesprochen, daß der Staat, da der Verein wohl mit seinen Mitteln nicht auf die Dauer allen diesen Leistungen genügen könne,' binnen Kurzem seine Organisationen vollendet haben würde, um selbst diesen Ver¬ pflichtungen nachzukommen. Die Mittel des Vereins aber wuchsen so bedeutend, daß er im Stande gewesen wäre auf die Dauer den Sanitätsdienst der Heere zu übernehmen, wenn er nicht mit der Entwickelung aller nordamerikanischen Militärinstitutionen immer mehr aus diesem Dienst verdrängt und auf das, was ein Privatverein nnr leisten kann, verwiesen worden wäre, auf die Unter¬ stützung der amtlichen Pflege und auf die Uebernahme der Sorge für die vom Heere entlassenen Leute und die zu demselben zurückkehrenden oder hin dirigirten Mannschaften. Das Budget der Sanitätscommission ist für 1864 auf ungefähr zehn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/482>, abgerufen am 23.07.2024.