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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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man zu; denn Peter Hjort Lorenzen sprach ein nur mittelmäßiges Dänisch, da¬
gegen sehr gut deutsch, und er hatte sich bisher ohne Ausnahme im Stände¬
saale des letzteren bedient.

Vergebens machte der Präsident geltend, das, die Versammlung Abgeord¬
neten, die des Deutschen nicht mcicbtig. gern gestatten werde, sich ihrer Mutter¬
sprache zu bedienen, daß dieser Fall aber hier nicbt vorhanden. Er blieb bei
seinem Dänisch, und darauf wurde ihm zwar nicht das Wort entzogen, aber
die Protot'vllirung dessen, was er gesagt, unterblieb. Als indeß Lorenzen in
der yäcbsten Sitzung sein Manöver, zu dem ihn beiläufig jener Lector Flor
beredet hatte, zu wiederholen begann, trotz der Vorstellungen des Präsidenten
damit fortfuhr und ausdrücklich erklärte, sich nickt fügen zu. wollen, glaubte jener
sich genötigt, ihn von der Sitzung auszuschließen.

In Dänemark erblickte man hierin eine Nationalbeleidigung, auch unter
den plattdänisch redenden Nvrdschleswigern grollten Viele darüber. In Kopen¬
hagen wurde der ..unerscbrvckne Vorkämpfer für dänische Sprache" mit Festessen
gefeiert, in Schleswig überreichte man ihm im Mai 1843 bei dem Fest auf
der Stamlingsbank, wo unter Andern der Bauer Laurids Skau die erste jener
vielen "wackern" Reden hielt, mit denen er die Danisiiung Schleswigs zu för¬
dern besticht war, ein prächtiges silbernes Trinkhorn. Bei dieser Demonstra¬
tion hatten sich ziemlich viele Nordschleswiger betheiligt, aber noch immer blieb
die große Mehrzahl zu bekehren, und als nach Stiftung der "Skandinavischen
Gesellschaft" die Rührigkeit der Agitatoren noch größer wurde, überall Peti¬
tionen im dänischen Sinne, z. B. für Verlegung der Ständeversammlung nach
Flensburg, angeregt wurden, als man auf Errichtung neuer Danisirungs-
anstalten, z. B. einer dänischen Gelehrtenschule, eines dänischen Seminars, hin¬
arbeitete, als überall aus der angeblichen Fürsorge für die Volksbildung, aus
den Hurrahs. den Ständchen, den Festmahlen der eigentliche Zweck hervorsah,
kam es zum Bruch ,in schleswigschen Verein selbst. Mehre Mitglieder desselben
traten im December 1843 aus, weil sie die politischen Hintergedanken der Lei¬
ter erkannt hatten und davon nichts wissen wollten. Im nächsten Frühjahr
"klärten 35 Grundbesitzer in Hoptrup: "Der nordschlcswigsche Verein hat sei¬
nen Ursprung jenseits der Königsau und der Velde und geht leider darauf aus,
Schleswigs Verbindung mit Holstein zu lösen und es darauf in Dänemark zu
incorporiren. Daß unsre Muttersprache von unsern Beamten unterdrückt und
verhöhnt werde, ist eine zu verachtende Unwahrheit." Und noch kräftiger pro-
testirten 126 Bauern aus dem Kirchspiel Loid bei Apcnrade um dieselbe Zeit
gegen die Propaganda, wenn sie sagten: "Die lästernde Beschuldigung, als
Werde unsre Muttersprache unterdrückt, rührt von einer demagogisch-ultradäni¬
schen Clique her; wir erklären dies, damit der Landesvater nicht durch ein¬
seitige lügenhafte Insinuationen getäuscht werde".


man zu; denn Peter Hjort Lorenzen sprach ein nur mittelmäßiges Dänisch, da¬
gegen sehr gut deutsch, und er hatte sich bisher ohne Ausnahme im Stände¬
saale des letzteren bedient.

Vergebens machte der Präsident geltend, das, die Versammlung Abgeord¬
neten, die des Deutschen nicht mcicbtig. gern gestatten werde, sich ihrer Mutter¬
sprache zu bedienen, daß dieser Fall aber hier nicbt vorhanden. Er blieb bei
seinem Dänisch, und darauf wurde ihm zwar nicht das Wort entzogen, aber
die Protot'vllirung dessen, was er gesagt, unterblieb. Als indeß Lorenzen in
der yäcbsten Sitzung sein Manöver, zu dem ihn beiläufig jener Lector Flor
beredet hatte, zu wiederholen begann, trotz der Vorstellungen des Präsidenten
damit fortfuhr und ausdrücklich erklärte, sich nickt fügen zu. wollen, glaubte jener
sich genötigt, ihn von der Sitzung auszuschließen.

In Dänemark erblickte man hierin eine Nationalbeleidigung, auch unter
den plattdänisch redenden Nvrdschleswigern grollten Viele darüber. In Kopen¬
hagen wurde der ..unerscbrvckne Vorkämpfer für dänische Sprache" mit Festessen
gefeiert, in Schleswig überreichte man ihm im Mai 1843 bei dem Fest auf
der Stamlingsbank, wo unter Andern der Bauer Laurids Skau die erste jener
vielen „wackern" Reden hielt, mit denen er die Danisiiung Schleswigs zu för¬
dern besticht war, ein prächtiges silbernes Trinkhorn. Bei dieser Demonstra¬
tion hatten sich ziemlich viele Nordschleswiger betheiligt, aber noch immer blieb
die große Mehrzahl zu bekehren, und als nach Stiftung der „Skandinavischen
Gesellschaft" die Rührigkeit der Agitatoren noch größer wurde, überall Peti¬
tionen im dänischen Sinne, z. B. für Verlegung der Ständeversammlung nach
Flensburg, angeregt wurden, als man auf Errichtung neuer Danisirungs-
anstalten, z. B. einer dänischen Gelehrtenschule, eines dänischen Seminars, hin¬
arbeitete, als überall aus der angeblichen Fürsorge für die Volksbildung, aus
den Hurrahs. den Ständchen, den Festmahlen der eigentliche Zweck hervorsah,
kam es zum Bruch ,in schleswigschen Verein selbst. Mehre Mitglieder desselben
traten im December 1843 aus, weil sie die politischen Hintergedanken der Lei¬
ter erkannt hatten und davon nichts wissen wollten. Im nächsten Frühjahr
"klärten 35 Grundbesitzer in Hoptrup: „Der nordschlcswigsche Verein hat sei¬
nen Ursprung jenseits der Königsau und der Velde und geht leider darauf aus,
Schleswigs Verbindung mit Holstein zu lösen und es darauf in Dänemark zu
incorporiren. Daß unsre Muttersprache von unsern Beamten unterdrückt und
verhöhnt werde, ist eine zu verachtende Unwahrheit." Und noch kräftiger pro-
testirten 126 Bauern aus dem Kirchspiel Loid bei Apcnrade um dieselbe Zeit
gegen die Propaganda, wenn sie sagten: „Die lästernde Beschuldigung, als
Werde unsre Muttersprache unterdrückt, rührt von einer demagogisch-ultradäni¬
schen Clique her; wir erklären dies, damit der Landesvater nicht durch ein¬
seitige lügenhafte Insinuationen getäuscht werde".


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[0469] man zu; denn Peter Hjort Lorenzen sprach ein nur mittelmäßiges Dänisch, da¬ gegen sehr gut deutsch, und er hatte sich bisher ohne Ausnahme im Stände¬ saale des letzteren bedient. Vergebens machte der Präsident geltend, das, die Versammlung Abgeord¬ neten, die des Deutschen nicht mcicbtig. gern gestatten werde, sich ihrer Mutter¬ sprache zu bedienen, daß dieser Fall aber hier nicbt vorhanden. Er blieb bei seinem Dänisch, und darauf wurde ihm zwar nicht das Wort entzogen, aber die Protot'vllirung dessen, was er gesagt, unterblieb. Als indeß Lorenzen in der yäcbsten Sitzung sein Manöver, zu dem ihn beiläufig jener Lector Flor beredet hatte, zu wiederholen begann, trotz der Vorstellungen des Präsidenten damit fortfuhr und ausdrücklich erklärte, sich nickt fügen zu. wollen, glaubte jener sich genötigt, ihn von der Sitzung auszuschließen. In Dänemark erblickte man hierin eine Nationalbeleidigung, auch unter den plattdänisch redenden Nvrdschleswigern grollten Viele darüber. In Kopen¬ hagen wurde der ..unerscbrvckne Vorkämpfer für dänische Sprache" mit Festessen gefeiert, in Schleswig überreichte man ihm im Mai 1843 bei dem Fest auf der Stamlingsbank, wo unter Andern der Bauer Laurids Skau die erste jener vielen „wackern" Reden hielt, mit denen er die Danisiiung Schleswigs zu för¬ dern besticht war, ein prächtiges silbernes Trinkhorn. Bei dieser Demonstra¬ tion hatten sich ziemlich viele Nordschleswiger betheiligt, aber noch immer blieb die große Mehrzahl zu bekehren, und als nach Stiftung der „Skandinavischen Gesellschaft" die Rührigkeit der Agitatoren noch größer wurde, überall Peti¬ tionen im dänischen Sinne, z. B. für Verlegung der Ständeversammlung nach Flensburg, angeregt wurden, als man auf Errichtung neuer Danisirungs- anstalten, z. B. einer dänischen Gelehrtenschule, eines dänischen Seminars, hin¬ arbeitete, als überall aus der angeblichen Fürsorge für die Volksbildung, aus den Hurrahs. den Ständchen, den Festmahlen der eigentliche Zweck hervorsah, kam es zum Bruch ,in schleswigschen Verein selbst. Mehre Mitglieder desselben traten im December 1843 aus, weil sie die politischen Hintergedanken der Lei¬ ter erkannt hatten und davon nichts wissen wollten. Im nächsten Frühjahr "klärten 35 Grundbesitzer in Hoptrup: „Der nordschlcswigsche Verein hat sei¬ nen Ursprung jenseits der Königsau und der Velde und geht leider darauf aus, Schleswigs Verbindung mit Holstein zu lösen und es darauf in Dänemark zu incorporiren. Daß unsre Muttersprache von unsern Beamten unterdrückt und verhöhnt werde, ist eine zu verachtende Unwahrheit." Und noch kräftiger pro- testirten 126 Bauern aus dem Kirchspiel Loid bei Apcnrade um dieselbe Zeit gegen die Propaganda, wenn sie sagten: „Die lästernde Beschuldigung, als Werde unsre Muttersprache unterdrückt, rührt von einer demagogisch-ultradäni¬ schen Clique her; wir erklären dies, damit der Landesvater nicht durch ein¬ seitige lügenhafte Insinuationen getäuscht werde".

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/469>, abgerufen am 23.07.2024.