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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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, Aber nicht nur in den obersten Behörden ist in Frankreich die Einheit der
Verwaltung und der Befehlsertheilung herbeigeführt, sondern auch in allen
Fällen, wo beide Zweige sich berühren. Die sämmtliche Militärverwaltung ist
militärisch organisüt, hat militärischen Rang und ist den militärischen Behör¬
den direct untergeordnet. Bei den Truppcncommandos haben die denselben
beigegebenen Verwaltungsbehörden ihren Vorgesetzten nicht nur in dem betreffen¬
den General, sondern auch in dessen Chef des Generalstabs. -- Eine ähnlich
strenge Verbindung herrscht in Rußland, am entferntesten steht sich Verwaltung
und Besehlsertheilung in der englischen Armee, nicht nur weil die Geldsragen
bei dem Ministerium rcssvrtircn, sondern weil auch die meisten Beamten nur
contractlich und nur für das einzelne Geschäft mit der Truppe verbunden sind.
In der festen Verbindung allein ist das Wohl der Truppe gesichert, im ein¬
zelnen Geschäft giebt allemal das Interesse des Unternehmers den Ausschlag,
wie die Welt nicht nur aus den englischen Untersuchungen über die Armee-
administration in der Krim, sondern aus den noch viel schlimmern nordameri¬
kanischen Verhandlungen in der Neuzeit erfahren hat. Die französische Armee-
lcitung fördert das Wohl des Einzelnen mit unausgesetzter Thätigkeit und
Energie. -- Ader nicht nur in materieller, sondern auch in geistiger Beziehung
ist die französische Armeeleitung durch ihre Organisation musterhaft und Er¬
folge sichernd. Kein Land hat einen so reichen und für seine Geschäfte so durch¬
gebildeten Generalstab wie Frankreich.

Dieser nimmt alle für die Armeeleitung direct bestimmten Stellen neben
der Generalität ein und wird nur durch solche Offiziere ergänzt, welche die
Generalstabsschule durchgemacht haben. In dieselbe werden wieder nur diejenigen
aufgenommen, welche in der polytechnischen "oder der Artillerie" oder der Schule
von Se. Cyr sich ausgezeichnet haben. Jeder aber, der diesen Anforderungen
entspricht, findet Aufnahme in der Gencralstabsschule, und wenn auch hier seine
Leistungen genügen, leite er in das bevorzugte Corps des Generalstabes und
darf eine an Thaten und Auszeichnungen reiche Laufbahn erwarten. Hier,
wie in alle" französischen Heercseinrichtungen ist der Franzose seines Glückes
Schmied.

Die Oestreichs haben auch eine Gencralstabsschule, aber der Generalstab
bildet nur ein einseitig militärisch-technisches Institut, und nicht ihm, nicht
dem Studium und der Leistung, sondern der bevorzugten Geburt gehört die
höhere Carriere, nicht dem vorgebildeten Generalstab, sondern der auf persön¬
lichen Beziehungen basirten Adjutantur gehört der Vorrang in der Armee¬
leitung. Auch Rußland, England und Preußen haben Vorbercitungsstadien
für den Generalstab, aber in keinem dieser Länder erwächst dem Einzelnen aus
der Vorstufe ein Recht zu weiteren Borschrciten.


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, Aber nicht nur in den obersten Behörden ist in Frankreich die Einheit der
Verwaltung und der Befehlsertheilung herbeigeführt, sondern auch in allen
Fällen, wo beide Zweige sich berühren. Die sämmtliche Militärverwaltung ist
militärisch organisüt, hat militärischen Rang und ist den militärischen Behör¬
den direct untergeordnet. Bei den Truppcncommandos haben die denselben
beigegebenen Verwaltungsbehörden ihren Vorgesetzten nicht nur in dem betreffen¬
den General, sondern auch in dessen Chef des Generalstabs. — Eine ähnlich
strenge Verbindung herrscht in Rußland, am entferntesten steht sich Verwaltung
und Besehlsertheilung in der englischen Armee, nicht nur weil die Geldsragen
bei dem Ministerium rcssvrtircn, sondern weil auch die meisten Beamten nur
contractlich und nur für das einzelne Geschäft mit der Truppe verbunden sind.
In der festen Verbindung allein ist das Wohl der Truppe gesichert, im ein¬
zelnen Geschäft giebt allemal das Interesse des Unternehmers den Ausschlag,
wie die Welt nicht nur aus den englischen Untersuchungen über die Armee-
administration in der Krim, sondern aus den noch viel schlimmern nordameri¬
kanischen Verhandlungen in der Neuzeit erfahren hat. Die französische Armee-
lcitung fördert das Wohl des Einzelnen mit unausgesetzter Thätigkeit und
Energie. — Ader nicht nur in materieller, sondern auch in geistiger Beziehung
ist die französische Armeeleitung durch ihre Organisation musterhaft und Er¬
folge sichernd. Kein Land hat einen so reichen und für seine Geschäfte so durch¬
gebildeten Generalstab wie Frankreich.

Dieser nimmt alle für die Armeeleitung direct bestimmten Stellen neben
der Generalität ein und wird nur durch solche Offiziere ergänzt, welche die
Generalstabsschule durchgemacht haben. In dieselbe werden wieder nur diejenigen
aufgenommen, welche in der polytechnischen „oder der Artillerie" oder der Schule
von Se. Cyr sich ausgezeichnet haben. Jeder aber, der diesen Anforderungen
entspricht, findet Aufnahme in der Gencralstabsschule, und wenn auch hier seine
Leistungen genügen, leite er in das bevorzugte Corps des Generalstabes und
darf eine an Thaten und Auszeichnungen reiche Laufbahn erwarten. Hier,
wie in alle» französischen Heercseinrichtungen ist der Franzose seines Glückes
Schmied.

Die Oestreichs haben auch eine Gencralstabsschule, aber der Generalstab
bildet nur ein einseitig militärisch-technisches Institut, und nicht ihm, nicht
dem Studium und der Leistung, sondern der bevorzugten Geburt gehört die
höhere Carriere, nicht dem vorgebildeten Generalstab, sondern der auf persön¬
lichen Beziehungen basirten Adjutantur gehört der Vorrang in der Armee¬
leitung. Auch Rußland, England und Preußen haben Vorbercitungsstadien
für den Generalstab, aber in keinem dieser Länder erwächst dem Einzelnen aus
der Vorstufe ein Recht zu weiteren Borschrciten.


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[0323] , Aber nicht nur in den obersten Behörden ist in Frankreich die Einheit der Verwaltung und der Befehlsertheilung herbeigeführt, sondern auch in allen Fällen, wo beide Zweige sich berühren. Die sämmtliche Militärverwaltung ist militärisch organisüt, hat militärischen Rang und ist den militärischen Behör¬ den direct untergeordnet. Bei den Truppcncommandos haben die denselben beigegebenen Verwaltungsbehörden ihren Vorgesetzten nicht nur in dem betreffen¬ den General, sondern auch in dessen Chef des Generalstabs. — Eine ähnlich strenge Verbindung herrscht in Rußland, am entferntesten steht sich Verwaltung und Besehlsertheilung in der englischen Armee, nicht nur weil die Geldsragen bei dem Ministerium rcssvrtircn, sondern weil auch die meisten Beamten nur contractlich und nur für das einzelne Geschäft mit der Truppe verbunden sind. In der festen Verbindung allein ist das Wohl der Truppe gesichert, im ein¬ zelnen Geschäft giebt allemal das Interesse des Unternehmers den Ausschlag, wie die Welt nicht nur aus den englischen Untersuchungen über die Armee- administration in der Krim, sondern aus den noch viel schlimmern nordameri¬ kanischen Verhandlungen in der Neuzeit erfahren hat. Die französische Armee- lcitung fördert das Wohl des Einzelnen mit unausgesetzter Thätigkeit und Energie. — Ader nicht nur in materieller, sondern auch in geistiger Beziehung ist die französische Armeeleitung durch ihre Organisation musterhaft und Er¬ folge sichernd. Kein Land hat einen so reichen und für seine Geschäfte so durch¬ gebildeten Generalstab wie Frankreich. Dieser nimmt alle für die Armeeleitung direct bestimmten Stellen neben der Generalität ein und wird nur durch solche Offiziere ergänzt, welche die Generalstabsschule durchgemacht haben. In dieselbe werden wieder nur diejenigen aufgenommen, welche in der polytechnischen „oder der Artillerie" oder der Schule von Se. Cyr sich ausgezeichnet haben. Jeder aber, der diesen Anforderungen entspricht, findet Aufnahme in der Gencralstabsschule, und wenn auch hier seine Leistungen genügen, leite er in das bevorzugte Corps des Generalstabes und darf eine an Thaten und Auszeichnungen reiche Laufbahn erwarten. Hier, wie in alle» französischen Heercseinrichtungen ist der Franzose seines Glückes Schmied. Die Oestreichs haben auch eine Gencralstabsschule, aber der Generalstab bildet nur ein einseitig militärisch-technisches Institut, und nicht ihm, nicht dem Studium und der Leistung, sondern der bevorzugten Geburt gehört die höhere Carriere, nicht dem vorgebildeten Generalstab, sondern der auf persön¬ lichen Beziehungen basirten Adjutantur gehört der Vorrang in der Armee¬ leitung. Auch Rußland, England und Preußen haben Vorbercitungsstadien für den Generalstab, aber in keinem dieser Länder erwächst dem Einzelnen aus der Vorstufe ein Recht zu weiteren Borschrciten. 40*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/323>, abgerufen am 23.07.2024.