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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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die Bildung von Freicorps mit einer respectabeln Truppenmenge verhindern
zu können!

Wenn wir auch -- wozu wir aber durchaus kein Recht haben -- annehmen
wollten, Graf Platen hätte dies geäußert blos um den englischen Gesandten
zu beschwichtigen, so ist das schon ein starkes Stück; aber ferner fragen wir:
was würde ein englischer Minister zur Antwort gegeben haben, wenn ihn der
Vertreter irgendwelcher auswärtigen Macht mit dergleichen Inquisitionen behelligt
hätte? Wir meinen, der Frager würde nachmals Gelegenheit gehabt haben,
über die Unannehmlichkeit nachzudenken, die es für solche Gäste hat, daß sich
die Sprechzimmer englischer Minister eine oder mehre Treppen hoch über dem
Niveau befinden, auf welches er sich mit einer gewissen Plötzlichkeit zurück¬
verseht gefühlt haben würde.

Daß Graf Platen die Ausschließung der Bevollmächtigten beider Präten¬
denten dem englischen Freunde als das beste Mittel zur Beruhigung der Ge¬
müther in Deutschland Pries und daß er ihm versicherte, er werde seinerseits
alle verzögernden Formalitäten in Obacht nehmen, ist nur Consequenz. Wovor
hätte sich der Herr Minister des Welfenreichö Hannover auch noch scheuen sollen?
Auf der andern Seite, müssen wir gestehen, fehlt es uns an dem richtigen
Namen für das Verhalten, welches Howard hier beobachtete, der in einem Athem
mit der Verhöhnung des "Schleswig-Holstein-F'icbers" sich dahin äußert, daß er
keineswegs der Ansicht sei, Dänemark habe seine Obliegenheiten erfüllt. Mit
Genugthuung erzählt er, wie Prinz Christian von Augustenburg, der einen
Brief seines Bruders des Herzogs Friedrich überbracht habe, am Hofe König
Georgs des Fünften abgeblitzt sei, und Se. Maj. dagegen die Anzeige von der
Thronbesteigung König Christian des Neunten durch ein, Privattelegramm er¬
wiedert habe, dem, wie er hoffe, eine officielle Antwort baldigst nachfolgen
werde. .

Die Anwesenheit des Herrn v. Könncritz in Hannover gab dem Grafen
Platen neue Gelegenheit, sich gegen Howard mit der Correctheit des Stand-
Punktes der hannöverschen Regierung rühmen zu können. Es muß freilich
dahingestellt bleiben, ob Gras Platen nicht übertrieben hat, wenn er ihm mit¬
theilte, daß er dem sächsischen Geschäftsträger eingeschärft habe, Hannover halte
daran fest, daß es dem londoner Tractat unbedingt und ohne Rücksicht auf die
Bestimmungen von 1831--52 beigetreten sei.

Die einzige Einschränkung bilde die Anspielung auf die Bundcsrcchte in
Holstein und Lauenburg nach dem Grundgesetz von 181S, welche Art. 3 des
Vertrages enthalte. Rücksichtlich des Umstandes, daß Hannover gegen den
östreichisch-preußischen Antrag auf Anerkennung eines dänischen Gesandten für
den König-Herzog von Lauenburg gestimmt habe, erhielt Howard die Auskunft:
Platen hielt es nicht für förderlich einen Bevollmächtigten für eine viertel oder


die Bildung von Freicorps mit einer respectabeln Truppenmenge verhindern
zu können!

Wenn wir auch — wozu wir aber durchaus kein Recht haben — annehmen
wollten, Graf Platen hätte dies geäußert blos um den englischen Gesandten
zu beschwichtigen, so ist das schon ein starkes Stück; aber ferner fragen wir:
was würde ein englischer Minister zur Antwort gegeben haben, wenn ihn der
Vertreter irgendwelcher auswärtigen Macht mit dergleichen Inquisitionen behelligt
hätte? Wir meinen, der Frager würde nachmals Gelegenheit gehabt haben,
über die Unannehmlichkeit nachzudenken, die es für solche Gäste hat, daß sich
die Sprechzimmer englischer Minister eine oder mehre Treppen hoch über dem
Niveau befinden, auf welches er sich mit einer gewissen Plötzlichkeit zurück¬
verseht gefühlt haben würde.

Daß Graf Platen die Ausschließung der Bevollmächtigten beider Präten¬
denten dem englischen Freunde als das beste Mittel zur Beruhigung der Ge¬
müther in Deutschland Pries und daß er ihm versicherte, er werde seinerseits
alle verzögernden Formalitäten in Obacht nehmen, ist nur Consequenz. Wovor
hätte sich der Herr Minister des Welfenreichö Hannover auch noch scheuen sollen?
Auf der andern Seite, müssen wir gestehen, fehlt es uns an dem richtigen
Namen für das Verhalten, welches Howard hier beobachtete, der in einem Athem
mit der Verhöhnung des „Schleswig-Holstein-F'icbers" sich dahin äußert, daß er
keineswegs der Ansicht sei, Dänemark habe seine Obliegenheiten erfüllt. Mit
Genugthuung erzählt er, wie Prinz Christian von Augustenburg, der einen
Brief seines Bruders des Herzogs Friedrich überbracht habe, am Hofe König
Georgs des Fünften abgeblitzt sei, und Se. Maj. dagegen die Anzeige von der
Thronbesteigung König Christian des Neunten durch ein, Privattelegramm er¬
wiedert habe, dem, wie er hoffe, eine officielle Antwort baldigst nachfolgen
werde. .

Die Anwesenheit des Herrn v. Könncritz in Hannover gab dem Grafen
Platen neue Gelegenheit, sich gegen Howard mit der Correctheit des Stand-
Punktes der hannöverschen Regierung rühmen zu können. Es muß freilich
dahingestellt bleiben, ob Gras Platen nicht übertrieben hat, wenn er ihm mit¬
theilte, daß er dem sächsischen Geschäftsträger eingeschärft habe, Hannover halte
daran fest, daß es dem londoner Tractat unbedingt und ohne Rücksicht auf die
Bestimmungen von 1831—52 beigetreten sei.

Die einzige Einschränkung bilde die Anspielung auf die Bundcsrcchte in
Holstein und Lauenburg nach dem Grundgesetz von 181S, welche Art. 3 des
Vertrages enthalte. Rücksichtlich des Umstandes, daß Hannover gegen den
östreichisch-preußischen Antrag auf Anerkennung eines dänischen Gesandten für
den König-Herzog von Lauenburg gestimmt habe, erhielt Howard die Auskunft:
Platen hielt es nicht für förderlich einen Bevollmächtigten für eine viertel oder


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[0135] die Bildung von Freicorps mit einer respectabeln Truppenmenge verhindern zu können! Wenn wir auch — wozu wir aber durchaus kein Recht haben — annehmen wollten, Graf Platen hätte dies geäußert blos um den englischen Gesandten zu beschwichtigen, so ist das schon ein starkes Stück; aber ferner fragen wir: was würde ein englischer Minister zur Antwort gegeben haben, wenn ihn der Vertreter irgendwelcher auswärtigen Macht mit dergleichen Inquisitionen behelligt hätte? Wir meinen, der Frager würde nachmals Gelegenheit gehabt haben, über die Unannehmlichkeit nachzudenken, die es für solche Gäste hat, daß sich die Sprechzimmer englischer Minister eine oder mehre Treppen hoch über dem Niveau befinden, auf welches er sich mit einer gewissen Plötzlichkeit zurück¬ verseht gefühlt haben würde. Daß Graf Platen die Ausschließung der Bevollmächtigten beider Präten¬ denten dem englischen Freunde als das beste Mittel zur Beruhigung der Ge¬ müther in Deutschland Pries und daß er ihm versicherte, er werde seinerseits alle verzögernden Formalitäten in Obacht nehmen, ist nur Consequenz. Wovor hätte sich der Herr Minister des Welfenreichö Hannover auch noch scheuen sollen? Auf der andern Seite, müssen wir gestehen, fehlt es uns an dem richtigen Namen für das Verhalten, welches Howard hier beobachtete, der in einem Athem mit der Verhöhnung des „Schleswig-Holstein-F'icbers" sich dahin äußert, daß er keineswegs der Ansicht sei, Dänemark habe seine Obliegenheiten erfüllt. Mit Genugthuung erzählt er, wie Prinz Christian von Augustenburg, der einen Brief seines Bruders des Herzogs Friedrich überbracht habe, am Hofe König Georgs des Fünften abgeblitzt sei, und Se. Maj. dagegen die Anzeige von der Thronbesteigung König Christian des Neunten durch ein, Privattelegramm er¬ wiedert habe, dem, wie er hoffe, eine officielle Antwort baldigst nachfolgen werde. . Die Anwesenheit des Herrn v. Könncritz in Hannover gab dem Grafen Platen neue Gelegenheit, sich gegen Howard mit der Correctheit des Stand- Punktes der hannöverschen Regierung rühmen zu können. Es muß freilich dahingestellt bleiben, ob Gras Platen nicht übertrieben hat, wenn er ihm mit¬ theilte, daß er dem sächsischen Geschäftsträger eingeschärft habe, Hannover halte daran fest, daß es dem londoner Tractat unbedingt und ohne Rücksicht auf die Bestimmungen von 1831—52 beigetreten sei. Die einzige Einschränkung bilde die Anspielung auf die Bundcsrcchte in Holstein und Lauenburg nach dem Grundgesetz von 181S, welche Art. 3 des Vertrages enthalte. Rücksichtlich des Umstandes, daß Hannover gegen den östreichisch-preußischen Antrag auf Anerkennung eines dänischen Gesandten für den König-Herzog von Lauenburg gestimmt habe, erhielt Howard die Auskunft: Platen hielt es nicht für förderlich einen Bevollmächtigten für eine viertel oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/135>, abgerufen am 23.07.2024.