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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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die Persönlichkeit des Prinzen großen Antheil. Und als nach seinem Tode die
Königin im tiefsten Schmerze aussprach, daß ihrem Leben Glanz und Freude
genommen sei. da beklagte sie zu gleicher Zeit auch ihr Volk, das von jetzt ab
seine segensreiche Thätigkeit entbehren sollte.

Es ist jetzt über ein Jahr, seit die englische Ausgabe der Reden des Prinz-
Gemahls erschien, seit einigen Monaten besitzen wir in guter Ausstattung eine
gelungne Uebersetzung derselben. Und wir erachten es gerade jetzt zeitgemäß,
darauf aufmerksam zu machen und das Buch den Deutschen zu empfehlen.
Es enthält zuerst eine Charakteristik des Fürsten, bei welcher warme Pietät die
Feder geführt hat, darauf in einer einzelnen inneren Frage Bruchstücke aus seinem
Tagebuch, endlich chronologisch geordnet eine Anzahl längerer und kürzerer Reden
und Ansprachen, welche der Prinz bei den verschiedensten Gelegenheiten gehalten
hat. Und diese Reden verdienen wohl mit Theilnahme gelesen zu werden, denn
viele derselben sind Muster vornehmer und sachgemäßer Rede, wie sie einem
Fürsten ziemt, der darauf verzichtet zu glänzen, und der nichts anderes will
als ehrlich, treffend, würdig das Nothwendige und Gute sagen, dies frei¬
lich nicht nur von dem hohen Standpunkt, den ihm seine äußere Stellung
giebt, sondern von den Gesichtspunkten eines kräftigen, die Wahrheit suchenden
Geistes.

Die Seele des deutschen Fürsten, welcher dazu berufen war, die Geschicke
Englands bestimmen zu helfen, war für diese große Aufgabe vortrefflich geeignet.
Wahrhaft, klar, unermüdlich an der eigenen Bildung arbeitend, ein inniges und
heiteres Gemüth, welches sich nach Außen im gemessenen Stolze abzuschließen
wußte, war er als Gemahl der mächtigsten Fürstin der Erde gut ausgerüstet,
der Freund ihres Herzens, Vertrauter. Stütze und Führer zu werden. Er brachte
nach England unsern billigen und unbefangenen Sinn herüber, der sehr geneigt
war, alles Gute und Große der neuen Heimath warm in das Herz zu schließen
und der doch das eigene freie Urtheil niemals gefangen gab. Er war nicht in
der Thätigkeit eines großen Staatsorganismus aufgewachsen, und seine Natur¬
anlage war auch darin deutsch, daß sie ihn den Geschäften gegenüber immer
zunächst zu einem unbestechlichen Beurtheiler machte, und daß in ihm vorzugs¬
weise das Bedürfniß ausgebildet war, durch prüfende Erörterung in das Wesen
der Dinge einzudringen. Gerade diese Eigenschaft war ein Segen für ihn und
seinen Kreis. Stürmischer Ehrgeiz und unruhiger Thatendrang hätte seiner
Stellung zwischen hochfahrenden Parteiführern, über einem gegen das Aus¬
ländische mißtrauischen Volke, wahrscheinlich unüberwindliche Schwierigkeiten in
den Weg gelegt. Er prüfte und wagte sorgfältig ab, hatte er sich aber ent¬
schlossen, so war er fest.

Alle Pflichten ernst und groß zu fassen, nichts klein zu behandeln, wo er sich
hingab nur die Sache im Auge zu haben, war ihm leitender Grundsatz. In


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die Persönlichkeit des Prinzen großen Antheil. Und als nach seinem Tode die
Königin im tiefsten Schmerze aussprach, daß ihrem Leben Glanz und Freude
genommen sei. da beklagte sie zu gleicher Zeit auch ihr Volk, das von jetzt ab
seine segensreiche Thätigkeit entbehren sollte.

Es ist jetzt über ein Jahr, seit die englische Ausgabe der Reden des Prinz-
Gemahls erschien, seit einigen Monaten besitzen wir in guter Ausstattung eine
gelungne Uebersetzung derselben. Und wir erachten es gerade jetzt zeitgemäß,
darauf aufmerksam zu machen und das Buch den Deutschen zu empfehlen.
Es enthält zuerst eine Charakteristik des Fürsten, bei welcher warme Pietät die
Feder geführt hat, darauf in einer einzelnen inneren Frage Bruchstücke aus seinem
Tagebuch, endlich chronologisch geordnet eine Anzahl längerer und kürzerer Reden
und Ansprachen, welche der Prinz bei den verschiedensten Gelegenheiten gehalten
hat. Und diese Reden verdienen wohl mit Theilnahme gelesen zu werden, denn
viele derselben sind Muster vornehmer und sachgemäßer Rede, wie sie einem
Fürsten ziemt, der darauf verzichtet zu glänzen, und der nichts anderes will
als ehrlich, treffend, würdig das Nothwendige und Gute sagen, dies frei¬
lich nicht nur von dem hohen Standpunkt, den ihm seine äußere Stellung
giebt, sondern von den Gesichtspunkten eines kräftigen, die Wahrheit suchenden
Geistes.

Die Seele des deutschen Fürsten, welcher dazu berufen war, die Geschicke
Englands bestimmen zu helfen, war für diese große Aufgabe vortrefflich geeignet.
Wahrhaft, klar, unermüdlich an der eigenen Bildung arbeitend, ein inniges und
heiteres Gemüth, welches sich nach Außen im gemessenen Stolze abzuschließen
wußte, war er als Gemahl der mächtigsten Fürstin der Erde gut ausgerüstet,
der Freund ihres Herzens, Vertrauter. Stütze und Führer zu werden. Er brachte
nach England unsern billigen und unbefangenen Sinn herüber, der sehr geneigt
war, alles Gute und Große der neuen Heimath warm in das Herz zu schließen
und der doch das eigene freie Urtheil niemals gefangen gab. Er war nicht in
der Thätigkeit eines großen Staatsorganismus aufgewachsen, und seine Natur¬
anlage war auch darin deutsch, daß sie ihn den Geschäften gegenüber immer
zunächst zu einem unbestechlichen Beurtheiler machte, und daß in ihm vorzugs¬
weise das Bedürfniß ausgebildet war, durch prüfende Erörterung in das Wesen
der Dinge einzudringen. Gerade diese Eigenschaft war ein Segen für ihn und
seinen Kreis. Stürmischer Ehrgeiz und unruhiger Thatendrang hätte seiner
Stellung zwischen hochfahrenden Parteiführern, über einem gegen das Aus¬
ländische mißtrauischen Volke, wahrscheinlich unüberwindliche Schwierigkeiten in
den Weg gelegt. Er prüfte und wagte sorgfältig ab, hatte er sich aber ent¬
schlossen, so war er fest.

Alle Pflichten ernst und groß zu fassen, nichts klein zu behandeln, wo er sich
hingab nur die Sache im Auge zu haben, war ihm leitender Grundsatz. In


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/100>, abgerufen am 23.07.2024.