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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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ziehung mehr als zweifelhaft und zwar nicht blos in Betreff der oben namhaft
gemachten sieben Aunkte.

Als streitig hinsichtlich der Landeshoheit sind im Jahre 1851 von der
sogenannten Grenzrcgulirungs-Commission angesehen worden:

1) Die Insel Fehmern;

2) der kieler Hafen;

3) die Festung Friedrichsort, welche theilweise auf dem der Stadt Kiel
gehörigen Strande jenes Hafens erbaut ist;

4) das adelige Gut Warleberg;

5) das Bett der Eider;

6) die Altstadt Rendsburg mit den nördlich von derselben gelegenen
Kronwerks- und Stadtländereicn (Rothenhof. Suhmshof u. s. w.);

7) die Dörfer Lebende?, Borgstedt, Büdelsdorf. Nübbel. Fockbck mit
Garlbek und Ahrenstedt;

8) die rendsburger Vorwerksländereien nördlich der Eider mit der
Carlshütte;

9) der Berner-, Megger- und Kleinensee-Koog und die Landschaft
Stapelholm mit der auf ihrem Grunde erbauten Festung Friedrichstadt und der
böhmer Fähre.

Auch sind die Untersuchungen, ob nicht auch andre gewöhnlich zu Schleswig
gerechnete Districte, z. B. die Vogtei Meggerdvrf, die Vogtei Schwabstedt und
der östliche Theil der Landschaft Eiderstedt eigentlich zu Holstein zu schlagen
sind, noch keineswegs vollständig abgeschlossen.

"Die eigentliche historisch-staatsrechtliche Grenze zwischen Holstein und
Schleswig/' sagt Geerz in seiner Geschichte der geographischen Vermessungen
und der Landkarten Nordalbingiens (Berlin. 1859) "wird sich überhaupt schwer¬
lich noch ermitteln lassen, weil sie so lange von der Negierung gering geachtet
wurde, als sie ohne augenblickliche praktische Bedeutung war. Es hatten na¬
mentlich diejenigen Landestheilungcn (im sechzehnten, siebzehnten und acht¬
zehnten Jahrhundert), durch welche einer der Landesherrn sein Gebiet auf bei¬
den Seiten der Eider erhielt, ferner die im Laufe der Jahrhunderte gänzlich
veränderte Richtung dieses Flusses sowie die der Sorge und Mildau, endlich
die Trockenlegung ehemaliger Buchte" der Eider in der Gegend der heutigen
Rheider An und der untern Treene viele ehemalige Grenzunterschiede durchaus
verwischt."

So ist es zu erklären, daß in den Werken der achtbarsten Geographen
der genannten drei Jahrhunderte Süd- und Mittclschieswig zum niedersächsischen
Kreise des deutschen Reichs gerechnet werden, und daß eine Karte des däni-
schen Kapitäns Woldenberg, die um das Jahr 1713 erschien, die ganze Land¬
schaft Eiderstedt dem Herzogthum Holstein zuweist. Selbst der Statthalter der


Grenzboten I. 1864. 12

ziehung mehr als zweifelhaft und zwar nicht blos in Betreff der oben namhaft
gemachten sieben Aunkte.

Als streitig hinsichtlich der Landeshoheit sind im Jahre 1851 von der
sogenannten Grenzrcgulirungs-Commission angesehen worden:

1) Die Insel Fehmern;

2) der kieler Hafen;

3) die Festung Friedrichsort, welche theilweise auf dem der Stadt Kiel
gehörigen Strande jenes Hafens erbaut ist;

4) das adelige Gut Warleberg;

5) das Bett der Eider;

6) die Altstadt Rendsburg mit den nördlich von derselben gelegenen
Kronwerks- und Stadtländereicn (Rothenhof. Suhmshof u. s. w.);

7) die Dörfer Lebende?, Borgstedt, Büdelsdorf. Nübbel. Fockbck mit
Garlbek und Ahrenstedt;

8) die rendsburger Vorwerksländereien nördlich der Eider mit der
Carlshütte;

9) der Berner-, Megger- und Kleinensee-Koog und die Landschaft
Stapelholm mit der auf ihrem Grunde erbauten Festung Friedrichstadt und der
böhmer Fähre.

Auch sind die Untersuchungen, ob nicht auch andre gewöhnlich zu Schleswig
gerechnete Districte, z. B. die Vogtei Meggerdvrf, die Vogtei Schwabstedt und
der östliche Theil der Landschaft Eiderstedt eigentlich zu Holstein zu schlagen
sind, noch keineswegs vollständig abgeschlossen.

„Die eigentliche historisch-staatsrechtliche Grenze zwischen Holstein und
Schleswig/' sagt Geerz in seiner Geschichte der geographischen Vermessungen
und der Landkarten Nordalbingiens (Berlin. 1859) „wird sich überhaupt schwer¬
lich noch ermitteln lassen, weil sie so lange von der Negierung gering geachtet
wurde, als sie ohne augenblickliche praktische Bedeutung war. Es hatten na¬
mentlich diejenigen Landestheilungcn (im sechzehnten, siebzehnten und acht¬
zehnten Jahrhundert), durch welche einer der Landesherrn sein Gebiet auf bei¬
den Seiten der Eider erhielt, ferner die im Laufe der Jahrhunderte gänzlich
veränderte Richtung dieses Flusses sowie die der Sorge und Mildau, endlich
die Trockenlegung ehemaliger Buchte» der Eider in der Gegend der heutigen
Rheider An und der untern Treene viele ehemalige Grenzunterschiede durchaus
verwischt."

So ist es zu erklären, daß in den Werken der achtbarsten Geographen
der genannten drei Jahrhunderte Süd- und Mittclschieswig zum niedersächsischen
Kreise des deutschen Reichs gerechnet werden, und daß eine Karte des däni-
schen Kapitäns Woldenberg, die um das Jahr 1713 erschien, die ganze Land¬
schaft Eiderstedt dem Herzogthum Holstein zuweist. Selbst der Statthalter der


Grenzboten I. 1864. 12
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[0099] ziehung mehr als zweifelhaft und zwar nicht blos in Betreff der oben namhaft gemachten sieben Aunkte. Als streitig hinsichtlich der Landeshoheit sind im Jahre 1851 von der sogenannten Grenzrcgulirungs-Commission angesehen worden: 1) Die Insel Fehmern; 2) der kieler Hafen; 3) die Festung Friedrichsort, welche theilweise auf dem der Stadt Kiel gehörigen Strande jenes Hafens erbaut ist; 4) das adelige Gut Warleberg; 5) das Bett der Eider; 6) die Altstadt Rendsburg mit den nördlich von derselben gelegenen Kronwerks- und Stadtländereicn (Rothenhof. Suhmshof u. s. w.); 7) die Dörfer Lebende?, Borgstedt, Büdelsdorf. Nübbel. Fockbck mit Garlbek und Ahrenstedt; 8) die rendsburger Vorwerksländereien nördlich der Eider mit der Carlshütte; 9) der Berner-, Megger- und Kleinensee-Koog und die Landschaft Stapelholm mit der auf ihrem Grunde erbauten Festung Friedrichstadt und der böhmer Fähre. Auch sind die Untersuchungen, ob nicht auch andre gewöhnlich zu Schleswig gerechnete Districte, z. B. die Vogtei Meggerdvrf, die Vogtei Schwabstedt und der östliche Theil der Landschaft Eiderstedt eigentlich zu Holstein zu schlagen sind, noch keineswegs vollständig abgeschlossen. „Die eigentliche historisch-staatsrechtliche Grenze zwischen Holstein und Schleswig/' sagt Geerz in seiner Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens (Berlin. 1859) „wird sich überhaupt schwer¬ lich noch ermitteln lassen, weil sie so lange von der Negierung gering geachtet wurde, als sie ohne augenblickliche praktische Bedeutung war. Es hatten na¬ mentlich diejenigen Landestheilungcn (im sechzehnten, siebzehnten und acht¬ zehnten Jahrhundert), durch welche einer der Landesherrn sein Gebiet auf bei¬ den Seiten der Eider erhielt, ferner die im Laufe der Jahrhunderte gänzlich veränderte Richtung dieses Flusses sowie die der Sorge und Mildau, endlich die Trockenlegung ehemaliger Buchte» der Eider in der Gegend der heutigen Rheider An und der untern Treene viele ehemalige Grenzunterschiede durchaus verwischt." So ist es zu erklären, daß in den Werken der achtbarsten Geographen der genannten drei Jahrhunderte Süd- und Mittclschieswig zum niedersächsischen Kreise des deutschen Reichs gerechnet werden, und daß eine Karte des däni- schen Kapitäns Woldenberg, die um das Jahr 1713 erschien, die ganze Land¬ schaft Eiderstedt dem Herzogthum Holstein zuweist. Selbst der Statthalter der Grenzboten I. 1864. 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/99>, abgerufen am 29.06.2024.