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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Herzogtümer, der gelehrte Heinrich Nantzau, nimmt auf seiner im Jahre 1697
gezeichneten Karte von Angeln die Schlei, nicht die Eider als Südgrenze gegen
Holstein an und läßt "Südjütland" erst nördlich von der flensburger Föhrde
beginnen.

Daß auch die königlich dänische Gesellschaft der Wissenschaften in Kopen¬
hagen auf ihrer 1819 ausgegebenen "Kork over den nordvestlige Deel of Her-
tugdömmet Holsieen" den ganzen Landstrich zwischen Eider und Schlei, also die
Landschaften der Halbinseln Dänisch Wvhld und Schwansen zu Holstein rech¬
nete, ist ein neuer Beweis, daß die Jahrhunderte lange Verbindung der Her-
zogthümer ihre Grenzen gegeneinander fast verwischt hatte.

Endlich ist noch Folgendes in Betracht zu ziehen. In Folge eines Pro¬
cesses, welcher beim deutschen Reichskammergericht vom Neichsfiscal gegen Kö¬
nig Christian den Dritten wegen verweigerter Neichssteuern für die damals
noch holsteinische Stadt Hamburg und das Stift Schleswig anhängig ge¬
macht wurde, ließ die kaiserliche Commission nach stattgehabter Grcnzvermessung
am 7. December 1SS7 in Kiel eine Karte vorlegen, auf welcher die Grenze
zwischen Holstein und Schleswig klar und deutlich verzeichnet war. Das eine
Exemplar derselben ist wahrscheinlich beim Brande Speicrs, wo das Reichs¬
kammergericht bis 1693 seinen Sitz hatte, zu Grunde gegangen, während das
Duplicat derselben sich jedenfalls noch im Archiv zu Kopenhagen befindet --
eine Annahme, die dadurch, daß Doctor Wegener sie in Abrede gestellt hat,
keineswegs entkräftet wird. Wegeners Wahrheitsliebe ist die dänische, welche
nur die "Wahrheit mit Modification" liebt, und weshalb sollte gerade jene
Karte fehlen, wo doch in dem erwähnten Archive Me übrigen auf gedachten
Proceß bezüglichen Acten noch vorhanden sind.

Die Klage des deutschen Reichs gegen das Bisthum Schleswig auf Zah¬
lung der Reichs-Matricular-Beiträge wurde allerdings abgewiesen. Sie war
aber keineswegs eine grundlose. Hätte man diese Beiträge lediglich in Betreff
der bischöflichen Besitzungen in der Vogtei Schwabstedt und der Landschaft
Stapelholm mit dem Börmer-, Megger- und Klcinensee-Koog, der böhmer
Fähre und den jetzt ditmarsischcn Dörfern Tielenhemme, Bösbüttel und Oester-
feld eingefordert, so würde man ohne Zweifel ein anderes Ergebniß erzielt
haben.

Zum Schluß einige Notizen über die unzweifelhaft zu Holstein gehörigen,
von den Dänen jetzt noch besetzt gehaltenen Gebiete und Orte bei Rendsburg.
Lehmbeck ist ein kleines, eine Meile nordöstlich von der genannten Festung am
Mühlenbach gelegnes Dorf von 6 Vollhufen und 2 Kälber, welches ein Areal
von 345 Tonnen hat; Borgstcdt, eine halbe Meile nordöstlich von Rendsburg,
hat 3 Volle, 5 halbe, 4 Viertelhufen. 14 Kälber und ein Areal von 729 Ton¬
nen; Alt- und Neubüdelsdorf. dicht an der Eider und bei Rendsburg, bestehen


Herzogtümer, der gelehrte Heinrich Nantzau, nimmt auf seiner im Jahre 1697
gezeichneten Karte von Angeln die Schlei, nicht die Eider als Südgrenze gegen
Holstein an und läßt „Südjütland" erst nördlich von der flensburger Föhrde
beginnen.

Daß auch die königlich dänische Gesellschaft der Wissenschaften in Kopen¬
hagen auf ihrer 1819 ausgegebenen „Kork over den nordvestlige Deel of Her-
tugdömmet Holsieen" den ganzen Landstrich zwischen Eider und Schlei, also die
Landschaften der Halbinseln Dänisch Wvhld und Schwansen zu Holstein rech¬
nete, ist ein neuer Beweis, daß die Jahrhunderte lange Verbindung der Her-
zogthümer ihre Grenzen gegeneinander fast verwischt hatte.

Endlich ist noch Folgendes in Betracht zu ziehen. In Folge eines Pro¬
cesses, welcher beim deutschen Reichskammergericht vom Neichsfiscal gegen Kö¬
nig Christian den Dritten wegen verweigerter Neichssteuern für die damals
noch holsteinische Stadt Hamburg und das Stift Schleswig anhängig ge¬
macht wurde, ließ die kaiserliche Commission nach stattgehabter Grcnzvermessung
am 7. December 1SS7 in Kiel eine Karte vorlegen, auf welcher die Grenze
zwischen Holstein und Schleswig klar und deutlich verzeichnet war. Das eine
Exemplar derselben ist wahrscheinlich beim Brande Speicrs, wo das Reichs¬
kammergericht bis 1693 seinen Sitz hatte, zu Grunde gegangen, während das
Duplicat derselben sich jedenfalls noch im Archiv zu Kopenhagen befindet —
eine Annahme, die dadurch, daß Doctor Wegener sie in Abrede gestellt hat,
keineswegs entkräftet wird. Wegeners Wahrheitsliebe ist die dänische, welche
nur die „Wahrheit mit Modification" liebt, und weshalb sollte gerade jene
Karte fehlen, wo doch in dem erwähnten Archive Me übrigen auf gedachten
Proceß bezüglichen Acten noch vorhanden sind.

Die Klage des deutschen Reichs gegen das Bisthum Schleswig auf Zah¬
lung der Reichs-Matricular-Beiträge wurde allerdings abgewiesen. Sie war
aber keineswegs eine grundlose. Hätte man diese Beiträge lediglich in Betreff
der bischöflichen Besitzungen in der Vogtei Schwabstedt und der Landschaft
Stapelholm mit dem Börmer-, Megger- und Klcinensee-Koog, der böhmer
Fähre und den jetzt ditmarsischcn Dörfern Tielenhemme, Bösbüttel und Oester-
feld eingefordert, so würde man ohne Zweifel ein anderes Ergebniß erzielt
haben.

Zum Schluß einige Notizen über die unzweifelhaft zu Holstein gehörigen,
von den Dänen jetzt noch besetzt gehaltenen Gebiete und Orte bei Rendsburg.
Lehmbeck ist ein kleines, eine Meile nordöstlich von der genannten Festung am
Mühlenbach gelegnes Dorf von 6 Vollhufen und 2 Kälber, welches ein Areal
von 345 Tonnen hat; Borgstcdt, eine halbe Meile nordöstlich von Rendsburg,
hat 3 Volle, 5 halbe, 4 Viertelhufen. 14 Kälber und ein Areal von 729 Ton¬
nen; Alt- und Neubüdelsdorf. dicht an der Eider und bei Rendsburg, bestehen


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[0100] Herzogtümer, der gelehrte Heinrich Nantzau, nimmt auf seiner im Jahre 1697 gezeichneten Karte von Angeln die Schlei, nicht die Eider als Südgrenze gegen Holstein an und läßt „Südjütland" erst nördlich von der flensburger Föhrde beginnen. Daß auch die königlich dänische Gesellschaft der Wissenschaften in Kopen¬ hagen auf ihrer 1819 ausgegebenen „Kork over den nordvestlige Deel of Her- tugdömmet Holsieen" den ganzen Landstrich zwischen Eider und Schlei, also die Landschaften der Halbinseln Dänisch Wvhld und Schwansen zu Holstein rech¬ nete, ist ein neuer Beweis, daß die Jahrhunderte lange Verbindung der Her- zogthümer ihre Grenzen gegeneinander fast verwischt hatte. Endlich ist noch Folgendes in Betracht zu ziehen. In Folge eines Pro¬ cesses, welcher beim deutschen Reichskammergericht vom Neichsfiscal gegen Kö¬ nig Christian den Dritten wegen verweigerter Neichssteuern für die damals noch holsteinische Stadt Hamburg und das Stift Schleswig anhängig ge¬ macht wurde, ließ die kaiserliche Commission nach stattgehabter Grcnzvermessung am 7. December 1SS7 in Kiel eine Karte vorlegen, auf welcher die Grenze zwischen Holstein und Schleswig klar und deutlich verzeichnet war. Das eine Exemplar derselben ist wahrscheinlich beim Brande Speicrs, wo das Reichs¬ kammergericht bis 1693 seinen Sitz hatte, zu Grunde gegangen, während das Duplicat derselben sich jedenfalls noch im Archiv zu Kopenhagen befindet — eine Annahme, die dadurch, daß Doctor Wegener sie in Abrede gestellt hat, keineswegs entkräftet wird. Wegeners Wahrheitsliebe ist die dänische, welche nur die „Wahrheit mit Modification" liebt, und weshalb sollte gerade jene Karte fehlen, wo doch in dem erwähnten Archive Me übrigen auf gedachten Proceß bezüglichen Acten noch vorhanden sind. Die Klage des deutschen Reichs gegen das Bisthum Schleswig auf Zah¬ lung der Reichs-Matricular-Beiträge wurde allerdings abgewiesen. Sie war aber keineswegs eine grundlose. Hätte man diese Beiträge lediglich in Betreff der bischöflichen Besitzungen in der Vogtei Schwabstedt und der Landschaft Stapelholm mit dem Börmer-, Megger- und Klcinensee-Koog, der böhmer Fähre und den jetzt ditmarsischcn Dörfern Tielenhemme, Bösbüttel und Oester- feld eingefordert, so würde man ohne Zweifel ein anderes Ergebniß erzielt haben. Zum Schluß einige Notizen über die unzweifelhaft zu Holstein gehörigen, von den Dänen jetzt noch besetzt gehaltenen Gebiete und Orte bei Rendsburg. Lehmbeck ist ein kleines, eine Meile nordöstlich von der genannten Festung am Mühlenbach gelegnes Dorf von 6 Vollhufen und 2 Kälber, welches ein Areal von 345 Tonnen hat; Borgstcdt, eine halbe Meile nordöstlich von Rendsburg, hat 3 Volle, 5 halbe, 4 Viertelhufen. 14 Kälber und ein Areal von 729 Ton¬ nen; Alt- und Neubüdelsdorf. dicht an der Eider und bei Rendsburg, bestehen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/100>, abgerufen am 01.07.2024.