Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.Teiche und die Haide zur Rechten war mit Massen von Todten, Oestreichern Wir sahen noch über sechzig Gefallene. Die einen lagen auf dem Gesicht, "War ein guter Kamerad!" sagte der Haupj^ann über den todten Lieute¬ Auch sonst zeigten sich die Herren Oestreichs als nicht besonders zart- Grenzboten I. 18K4. 39
Teiche und die Haide zur Rechten war mit Massen von Todten, Oestreichern Wir sahen noch über sechzig Gefallene. Die einen lagen auf dem Gesicht, „War ein guter Kamerad!" sagte der Haupj^ann über den todten Lieute¬ Auch sonst zeigten sich die Herren Oestreichs als nicht besonders zart- Grenzboten I. 18K4. 39
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Teiche und die Haide zur Rechten war mit Massen von Todten, Oestreichern
und Dänen bedeckt. Hunderte von Käppis und Tornistern, Musketen, Seiten¬
gewehre, Feldkessel, Brotbeutel, verbogene Bajonnete u. d. in. lagen hier ver¬
streut. An einer Stelle zählte ich sieben, an einer andern elf Todte, an einer
dritten, bei dem Wirthshause von Büllschau zwölf. Viele andere Leichname
waren zerstreut auf den Feldern sichtbar. Das Ganze erinnerte lebhaft an die
Bilder, welche Scenen aus den Schlachten des Feldzugs der Franzosen nach
Rußland darstellen.
Wir sahen noch über sechzig Gefallene. Die einen lagen auf dem Gesicht,
andere auf dem Rücken, viele gräßlich zerfleischt und zerrissen, manche ohne er¬
kennbare Wunden, aber starrend von gefrornem Blut. Die dänische Infanterie
mußte vortrefflich geschossen haben, die Mehrzahl der Oestreichs — es waren
fast durchgehends Leute vom 9. Jägerbataillon und vom Regiment König der
Belgier — war in den Kopf getroffen. Nur selten zeigten die Züge der Tod¬
ten den Ausdruck des Schmerzes, und die Kälte hatte den meisten eine gewisse
Nöthe der Wangen gelassen, die um so mehr hervortrat, als alle mehr oder
minder verschneit waren. Die Hände waren schwarz von Pulver, die Füße
nackt — die Plünderer des Schlachtfelds hatten nächst der Ausräumung der
Tornister zuerst die Nothwendigkeit, sich mit Schuhwerk zu versehen, ins Auge
gefaßt. Röcke. Mäntel und Beinkleider waren fast allen Gefallnen geblieben.
Nur ein Offizier von Belgien, Jnfantcrielicutenant v. Haidegg nannte ihn
der mit Leitung der Beerdigung beauftragte Hauptmann — war bis auf Hemd
und Hosen entkleidet. Ein zartgebauter junger Mann von höchstens zwanzig
Jahren, lag er, umgeben von todten Gemeinen seines Regiments und mehren
dänischen Blauröcken, auf dem blutgetränkten Schnee. Eine Kugel hatte ihn
mitten in die Herzgrube getroffen. Die Brust trat, wie von einem letzten tie¬
fen Seufzer gehoben, mit den Nippen hoch über den eingezogenen Unterleib
hervor. Die Augenhöhlen waren ihm zugeschneit, der rechte Arm, wie bei
allen, die nach rückwärts zusammengebrochen, über den Kopf ausgestreckt, die
Faust krampfhaft geballt. Neben ihm lag steif wie auf der Parade, die Hände
an die Schenkel gelegt, ein riesenhaft gebauter Oestreichs, dem eine Spitzkugel
die Schläfe durchbohrt.
„War ein guter Kamerad!" sagte der Haupj^ann über den todten Lieute¬
nant gebeugt. Dann fragte er: „Hat einer von den Herren ein Messer bei
sich?" Ich gab ihm das meine, und er schnitt sich von den langen blonden
Haaren des Todten eine Locke, worauf er seinen Jägern befahl, der Leiche den
Schnee aus den Augen zu wischen. Ein roher Bursch nahm dazu die Bajonnet-
scheide. „Na doch nicht damit," sagte der Offizier, und jetzt erst that es jener
mit der Hand.
Auch sonst zeigten sich die Herren Oestreichs als nicht besonders zart-
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