Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.daß, wenn je der Tag kommen könnte, wo die Wärme und die Sympathien des Es ist wahr, die Machtmittel der deutschen Cabinete für unmittelbare Hilfe Und sie haben soweit im Kreise ihrer Deductionen sehr Recht, in der daß, wenn je der Tag kommen könnte, wo die Wärme und die Sympathien des Es ist wahr, die Machtmittel der deutschen Cabinete für unmittelbare Hilfe Und sie haben soweit im Kreise ihrer Deductionen sehr Recht, in der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0046" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116511"/> <p xml:id="ID_111" prev="#ID_110"> daß, wenn je der Tag kommen könnte, wo die Wärme und die Sympathien des<lb/> Volkes erlöschen, dann von Eifer'und Theilnahme dieser deutschen Regierungen<lb/> für den neuen Herzog wenig mehr zu hoffen sein würde. In diesem Sinne<lb/> ist das Volk der sicherste Anker für Schleswig-Holstein und wahrlich die Macht,<lb/> welche die sorgfältigste Beachtung verdient.</p><lb/> <p xml:id="ID_112"> Es ist wahr, die Machtmittel der deutschen Cabinete für unmittelbare Hilfe<lb/> sind unvergleichlich größer: die Heere, die Finanzen, die Ausrüstungsgegenstände,<lb/> die politischen Verhandlungen, Alles steht in ihrer Hand. Wozu Freiwillige<lb/> aufrufen, wo fast eine Million geübter Soldaten zur Disposition stehen, wozu<lb/> freiwillige Beisteuern annehmen, wo die Staatskräfte von mehr als 30 größe¬<lb/> ren und kleineren Staaten ohne jede Anstrengung die Kosten eines Krieges be-<lb/> streiten können, wozu an Erwerb von Kriegsmaterial denken, wo zahlreiche<lb/> Zeughäuser sich öffnen können? Und wer so fragt, mag noch weiter gehen.<lb/> Was vermag denn das „Volt" durch außerordentliche Anstrengungen aufzubringen?<lb/> Freiwillige Beiträge, aus allen Enden gesammelt, werden bei uns schwerlich<lb/> nur eine Million erreichen — die Flottcnbeiträge haben etwa eine halbe gelie¬<lb/> fert — denn bei uns Deutschen sind die am freisten Gebildeten und Opferwillig¬<lb/> sten leider nicht vorzugsweise die Reichen und meist Begüterten. Selbst die frei¬<lb/> willige Wehrkraft, welche aus ganz Deutschland zusammenströmen könnte, sie<lb/> würde schwerlich die Stärke der Armee, welche Baiern allein zu stellen ver¬<lb/> möchte, übertreffen, und bei aller Kriegslust der neuen Elemente, eine solche<lb/> Volksarmee wäre für die augenblickliche Verwendung im Felde doch viel<lb/> weniger sicher, als das geschulte Heer eines der Mittelstaaten. Ganz abgesehen<lb/> von den Kriegsmitteln, welche auf der Stelle vielleicht mit den größten Opfern<lb/> nicht zu beschaffen sind. — Es giebt in der That deutsche Politiker, welche so<lb/> rechnen, und der Abgeordnetentag- hat auch Vertreter dieser Auffassung unter<lb/> seinen Mitgliedern gezählt.</p><lb/> <p xml:id="ID_113" next="#ID_114"> Und sie haben soweit im Kreise ihrer Deductionen sehr Recht, in der<lb/> Hauptsache sehr Unrecht. Es wäre in der That weit müheloser und bequemer<lb/> für die Regierung der Herzogtümer, wenn sie durch Militärconventionen, Geld¬<lb/> bewilligungen, diplomatische Jnterposition deutscher Regierungen den Kampf<lb/> für die Herzogthümer ausfechten könnte, ohne hunderttausend Einzelne in An¬<lb/> spruch zu nehmen. Nur ein Bedenken ist dabei. An dem Tage, wo die frei¬<lb/> willigen Opfergaben der Deutschen aufhören, und wo heißblutige Abgeordnete<lb/> nicht mehr beantragen, daß ihr Staat Geldopfer für die Erhaltung der Herzog¬<lb/> thümer bringe, werden für Herzog Friedrich die Säckel fast aller deutschen<lb/> Regierungen verschlossen sein, und von dem Tage, wo unsere rüstigen Turner<lb/> eine Abneigung empfinden sollten, ihr Leben für die Sache Herzog Friedrichs<lb/> gegenüber feindlichen Geschützen einzusetzen, werden auch unsere geschulten Heere<lb/> vergebens auf das Hornsignal warten, welches sie zum Aufbruch aus ihren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
daß, wenn je der Tag kommen könnte, wo die Wärme und die Sympathien des
Volkes erlöschen, dann von Eifer'und Theilnahme dieser deutschen Regierungen
für den neuen Herzog wenig mehr zu hoffen sein würde. In diesem Sinne
ist das Volk der sicherste Anker für Schleswig-Holstein und wahrlich die Macht,
welche die sorgfältigste Beachtung verdient.
Es ist wahr, die Machtmittel der deutschen Cabinete für unmittelbare Hilfe
sind unvergleichlich größer: die Heere, die Finanzen, die Ausrüstungsgegenstände,
die politischen Verhandlungen, Alles steht in ihrer Hand. Wozu Freiwillige
aufrufen, wo fast eine Million geübter Soldaten zur Disposition stehen, wozu
freiwillige Beisteuern annehmen, wo die Staatskräfte von mehr als 30 größe¬
ren und kleineren Staaten ohne jede Anstrengung die Kosten eines Krieges be-
streiten können, wozu an Erwerb von Kriegsmaterial denken, wo zahlreiche
Zeughäuser sich öffnen können? Und wer so fragt, mag noch weiter gehen.
Was vermag denn das „Volt" durch außerordentliche Anstrengungen aufzubringen?
Freiwillige Beiträge, aus allen Enden gesammelt, werden bei uns schwerlich
nur eine Million erreichen — die Flottcnbeiträge haben etwa eine halbe gelie¬
fert — denn bei uns Deutschen sind die am freisten Gebildeten und Opferwillig¬
sten leider nicht vorzugsweise die Reichen und meist Begüterten. Selbst die frei¬
willige Wehrkraft, welche aus ganz Deutschland zusammenströmen könnte, sie
würde schwerlich die Stärke der Armee, welche Baiern allein zu stellen ver¬
möchte, übertreffen, und bei aller Kriegslust der neuen Elemente, eine solche
Volksarmee wäre für die augenblickliche Verwendung im Felde doch viel
weniger sicher, als das geschulte Heer eines der Mittelstaaten. Ganz abgesehen
von den Kriegsmitteln, welche auf der Stelle vielleicht mit den größten Opfern
nicht zu beschaffen sind. — Es giebt in der That deutsche Politiker, welche so
rechnen, und der Abgeordnetentag- hat auch Vertreter dieser Auffassung unter
seinen Mitgliedern gezählt.
Und sie haben soweit im Kreise ihrer Deductionen sehr Recht, in der
Hauptsache sehr Unrecht. Es wäre in der That weit müheloser und bequemer
für die Regierung der Herzogtümer, wenn sie durch Militärconventionen, Geld¬
bewilligungen, diplomatische Jnterposition deutscher Regierungen den Kampf
für die Herzogthümer ausfechten könnte, ohne hunderttausend Einzelne in An¬
spruch zu nehmen. Nur ein Bedenken ist dabei. An dem Tage, wo die frei¬
willigen Opfergaben der Deutschen aufhören, und wo heißblutige Abgeordnete
nicht mehr beantragen, daß ihr Staat Geldopfer für die Erhaltung der Herzog¬
thümer bringe, werden für Herzog Friedrich die Säckel fast aller deutschen
Regierungen verschlossen sein, und von dem Tage, wo unsere rüstigen Turner
eine Abneigung empfinden sollten, ihr Leben für die Sache Herzog Friedrichs
gegenüber feindlichen Geschützen einzusetzen, werden auch unsere geschulten Heere
vergebens auf das Hornsignal warten, welches sie zum Aufbruch aus ihren
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