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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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bürg für die Erhaltung verfassungsmäßiger Zustände in den Herzogthümern
gewähren sollte.

Von dänischer Seite würde sich sehr bald wieder, wie seit Jahrhunderten,
die Neigung zu Uebergriffen geltend machen. Der Landesherr, in dessen Person
in monarchischen Staaten naturgemäß der Schwerpunkt der Macht liegt und
liegen muß, hat nothwendig die Tendenz, die .Kraft der Monarchie zu
centralisiren und würde also das Streben des dänischen Volkes unterstützen
und befördern. Dem gegenüber würde nothwendig in den Herzogthümern das
Gegenstreben entstehen, den Fürsten unschädlich zu machen und also den Schwer¬
punkt der Macht anderswohin zu verlegen. So lange sie den Fürsten mit
Dänemark gemeinsam haben, werden die Schleswig-Holsteiner immer nach dem
suspcnsiven Veto und nach ähnlichen, dem Wesen der Monarchie, so wie ihrem
eigenen konservativen Charakter widerstreitenden Einrichtungen streben.

Wie sehr man auch bei einer Personalunion die gemeinschaftlichen Einrich¬
tungen auf ein Minimum reduciren mag, immer wird neben dem Fürsten der
Feind beiden Theilen gemeinsam sein müssen. Daraus folgt, daß in der aus¬
wärtigen Politik die Herzogthümer immer dem dänischen Interesse dienstbar sein
würden. In allen Fällen also, wo die deutschen und dänischen Interessen sich
widerstreiten, würden die Herzogthümer nicht einen Zuwachs der deutschen,
sondern der dänischen Macht bilden.

Endlich: nicht allein in den Herzogthümern, sondern auch in Dänemark wünscht
niemand die Wiederherstellung einer reinen Personalunion. In Dänemark
giebt es nur zwei einflußreiche politische Parteien, von denen die eine den Eider-
staat, die andere den Gesammtstaat will. Das System des Gesammtstaats,
welches den Abmachungen von 1832 zu Grunde lag, hat sich nach den Er¬
fahrungen der letzten zwölf Jahre als unausführbar erwiesen. Das System
des Eiderstaats, welches die Dänen durch die Verfassung vom 18. November
vorigen Jahres durchzuführen gedachten, wird niemand in Deutschland für an¬
nehmbar halten. DaS System der Personalunion endlich hat in ganz Däne¬
mark keinen Anhänger. Dänemark selbst war durch das beständige Ringen mit
den Herzogthümern geschwächt und dadurch ein Spielball der auswärtigen
Mächte.

Wer also jetzt das Programm der Personalunion aufstellt, der versucht mit
Gewalt der Waffen einen Zustand herzustellen, der gegen das Recht ist, der
weder die Dänen, noch die Schleswig-Holsteiner befriedigt, und der den Keim
neuer Verwickelungen und Kriege in sich birgt.




bürg für die Erhaltung verfassungsmäßiger Zustände in den Herzogthümern
gewähren sollte.

Von dänischer Seite würde sich sehr bald wieder, wie seit Jahrhunderten,
die Neigung zu Uebergriffen geltend machen. Der Landesherr, in dessen Person
in monarchischen Staaten naturgemäß der Schwerpunkt der Macht liegt und
liegen muß, hat nothwendig die Tendenz, die .Kraft der Monarchie zu
centralisiren und würde also das Streben des dänischen Volkes unterstützen
und befördern. Dem gegenüber würde nothwendig in den Herzogthümern das
Gegenstreben entstehen, den Fürsten unschädlich zu machen und also den Schwer¬
punkt der Macht anderswohin zu verlegen. So lange sie den Fürsten mit
Dänemark gemeinsam haben, werden die Schleswig-Holsteiner immer nach dem
suspcnsiven Veto und nach ähnlichen, dem Wesen der Monarchie, so wie ihrem
eigenen konservativen Charakter widerstreitenden Einrichtungen streben.

Wie sehr man auch bei einer Personalunion die gemeinschaftlichen Einrich¬
tungen auf ein Minimum reduciren mag, immer wird neben dem Fürsten der
Feind beiden Theilen gemeinsam sein müssen. Daraus folgt, daß in der aus¬
wärtigen Politik die Herzogthümer immer dem dänischen Interesse dienstbar sein
würden. In allen Fällen also, wo die deutschen und dänischen Interessen sich
widerstreiten, würden die Herzogthümer nicht einen Zuwachs der deutschen,
sondern der dänischen Macht bilden.

Endlich: nicht allein in den Herzogthümern, sondern auch in Dänemark wünscht
niemand die Wiederherstellung einer reinen Personalunion. In Dänemark
giebt es nur zwei einflußreiche politische Parteien, von denen die eine den Eider-
staat, die andere den Gesammtstaat will. Das System des Gesammtstaats,
welches den Abmachungen von 1832 zu Grunde lag, hat sich nach den Er¬
fahrungen der letzten zwölf Jahre als unausführbar erwiesen. Das System
des Eiderstaats, welches die Dänen durch die Verfassung vom 18. November
vorigen Jahres durchzuführen gedachten, wird niemand in Deutschland für an¬
nehmbar halten. DaS System der Personalunion endlich hat in ganz Däne¬
mark keinen Anhänger. Dänemark selbst war durch das beständige Ringen mit
den Herzogthümern geschwächt und dadurch ein Spielball der auswärtigen
Mächte.

Wer also jetzt das Programm der Personalunion aufstellt, der versucht mit
Gewalt der Waffen einen Zustand herzustellen, der gegen das Recht ist, der
weder die Dänen, noch die Schleswig-Holsteiner befriedigt, und der den Keim
neuer Verwickelungen und Kriege in sich birgt.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/326>, abgerufen am 04.07.2024.