Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ducirt oder beim Einstudiren und Ausführen in klarer Uebersicht gegenwärtig
hält. Manche Werke, auch große, wie das Ballet Prometheus, erscheinen
hier zum ersten Mal in dieser Gestalt, andere Partituren sind zwar gedruckt, aber
selten geworden, Format und Ausstattung derselben ist sehr verschieden; alle
vollständig und gleichmäßig zu geben ist die preiswürdige Leistung dieser Ge-
sammtausgabe. Neben den Partituren geht dann die Ausgabe der Stimmen
her, durch welche für die Ausführung der verschiedenartigen Werke in gleicher
Weise gesorgt ist, wie durch jene für das Studium.

Der wichtigste Fortschritt ist aber wohl dadurch bezeichnet, daß diese Aus¬
gabe die Echtheit ihrer Publicationen als eine durch kritische Revision im Ein¬
zelnen mit Benutzung aller zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewonnene und
festgestellte verbürgt. Denn eine durchgreifende Sorgfalt für Herstellung eines
reinen und zuverlässigen Textes that hier, wie gewöhnlich bei einem viel ge¬
brauchten und weitverbreiteten Autor, vor allem und recht sehr Noth. Aber
dazu bedürfte es großer Vorbereitungen und allein zur Beschaffung des weit-
schichtigen und zersplitterten Materials, auch wenn Glück und Gunst sich för-
dersam erwiesen, vielfacher Aufmerksamkeit und Spürkraft, Emsigkeit und Be¬
harrlichkeit, welche doch nur mit Sachkenntniß und Hingebung vereinigt be¬
deutende Resultate erreichen konnten. Denn es kam auf nichts weniger an, als
in möglichster Vollständigkeit für die einzelnen Compositionen

Beethovens eigene Handschrift;
Abschriften, unter seiner Aufsicht und Correctur angefertigt;
Stimmen, bei den Aufführungen unter seiner Leitung gebraucht;
Ausgaben, von ihm selbst zum Druck befördert,

zusammenzubringen und für die Textrevision zu benutzen. Daß es nicht häusig
gelingen konnte alle Hilfsmittel zu vereinigen, bedarf keiner Erläuterung; daß
aber in der That nur ganz ausnahmsweise einzelne Werke zum Abdruck gelangt
sind, ohne daß man wenigstens auf eine dieser kritischen Grundlagen zurück¬
gehen konnte, ist ein sehr anerkennensrverthes Resultat eifriger Bestrebungen und
bereitwilligen Entgegenkommens. Oeffentliche Sammlungen, vor allen mit
ausgezeichneter Liberalität das Archiv der Musikfreunde in Wien, und
Privatleute, welche im Besitze von Handschriften und erster Drucke sind, von
denen niemand sich an Zahl und Bedeutung der Autographen mit A. Artarici
in Wien messen kann, haben die Benutzung ihrer Schätze gern gestattet. Es
hat ferner nicht an Mittheilungen und Nachweisen aller Art gefehlt, auch solche
Männer haben sich gefunden, welche es sich zu einer Lieblingsaufgabe gemacht
haben, den Apparat für die neue Ausgabe aufzuspüren und nutzbar zu machen.
Namentlich hat Hr. G. Nottebohm in Wien mit unermüdlichem Eifer
unausgesetzte Nachforschungen angestellt, welche reiche und erfreuliche Ausbeute
gewährt und durch seine sachkundigen und zuverlässigen Mittheilungen die


ducirt oder beim Einstudiren und Ausführen in klarer Uebersicht gegenwärtig
hält. Manche Werke, auch große, wie das Ballet Prometheus, erscheinen
hier zum ersten Mal in dieser Gestalt, andere Partituren sind zwar gedruckt, aber
selten geworden, Format und Ausstattung derselben ist sehr verschieden; alle
vollständig und gleichmäßig zu geben ist die preiswürdige Leistung dieser Ge-
sammtausgabe. Neben den Partituren geht dann die Ausgabe der Stimmen
her, durch welche für die Ausführung der verschiedenartigen Werke in gleicher
Weise gesorgt ist, wie durch jene für das Studium.

Der wichtigste Fortschritt ist aber wohl dadurch bezeichnet, daß diese Aus¬
gabe die Echtheit ihrer Publicationen als eine durch kritische Revision im Ein¬
zelnen mit Benutzung aller zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewonnene und
festgestellte verbürgt. Denn eine durchgreifende Sorgfalt für Herstellung eines
reinen und zuverlässigen Textes that hier, wie gewöhnlich bei einem viel ge¬
brauchten und weitverbreiteten Autor, vor allem und recht sehr Noth. Aber
dazu bedürfte es großer Vorbereitungen und allein zur Beschaffung des weit-
schichtigen und zersplitterten Materials, auch wenn Glück und Gunst sich för-
dersam erwiesen, vielfacher Aufmerksamkeit und Spürkraft, Emsigkeit und Be¬
harrlichkeit, welche doch nur mit Sachkenntniß und Hingebung vereinigt be¬
deutende Resultate erreichen konnten. Denn es kam auf nichts weniger an, als
in möglichster Vollständigkeit für die einzelnen Compositionen

Beethovens eigene Handschrift;
Abschriften, unter seiner Aufsicht und Correctur angefertigt;
Stimmen, bei den Aufführungen unter seiner Leitung gebraucht;
Ausgaben, von ihm selbst zum Druck befördert,

zusammenzubringen und für die Textrevision zu benutzen. Daß es nicht häusig
gelingen konnte alle Hilfsmittel zu vereinigen, bedarf keiner Erläuterung; daß
aber in der That nur ganz ausnahmsweise einzelne Werke zum Abdruck gelangt
sind, ohne daß man wenigstens auf eine dieser kritischen Grundlagen zurück¬
gehen konnte, ist ein sehr anerkennensrverthes Resultat eifriger Bestrebungen und
bereitwilligen Entgegenkommens. Oeffentliche Sammlungen, vor allen mit
ausgezeichneter Liberalität das Archiv der Musikfreunde in Wien, und
Privatleute, welche im Besitze von Handschriften und erster Drucke sind, von
denen niemand sich an Zahl und Bedeutung der Autographen mit A. Artarici
in Wien messen kann, haben die Benutzung ihrer Schätze gern gestattet. Es
hat ferner nicht an Mittheilungen und Nachweisen aller Art gefehlt, auch solche
Männer haben sich gefunden, welche es sich zu einer Lieblingsaufgabe gemacht
haben, den Apparat für die neue Ausgabe aufzuspüren und nutzbar zu machen.
Namentlich hat Hr. G. Nottebohm in Wien mit unermüdlichem Eifer
unausgesetzte Nachforschungen angestellt, welche reiche und erfreuliche Ausbeute
gewährt und durch seine sachkundigen und zuverlässigen Mittheilungen die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116786"/>
          <p xml:id="ID_947" prev="#ID_946"> ducirt oder beim Einstudiren und Ausführen in klarer Uebersicht gegenwärtig<lb/>
hält. Manche Werke, auch große, wie das Ballet Prometheus, erscheinen<lb/>
hier zum ersten Mal in dieser Gestalt, andere Partituren sind zwar gedruckt, aber<lb/>
selten geworden, Format und Ausstattung derselben ist sehr verschieden; alle<lb/>
vollständig und gleichmäßig zu geben ist die preiswürdige Leistung dieser Ge-<lb/>
sammtausgabe. Neben den Partituren geht dann die Ausgabe der Stimmen<lb/>
her, durch welche für die Ausführung der verschiedenartigen Werke in gleicher<lb/>
Weise gesorgt ist, wie durch jene für das Studium.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_948"> Der wichtigste Fortschritt ist aber wohl dadurch bezeichnet, daß diese Aus¬<lb/>
gabe die Echtheit ihrer Publicationen als eine durch kritische Revision im Ein¬<lb/>
zelnen mit Benutzung aller zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewonnene und<lb/>
festgestellte verbürgt. Denn eine durchgreifende Sorgfalt für Herstellung eines<lb/>
reinen und zuverlässigen Textes that hier, wie gewöhnlich bei einem viel ge¬<lb/>
brauchten und weitverbreiteten Autor, vor allem und recht sehr Noth. Aber<lb/>
dazu bedürfte es großer Vorbereitungen und allein zur Beschaffung des weit-<lb/>
schichtigen und zersplitterten Materials, auch wenn Glück und Gunst sich för-<lb/>
dersam erwiesen, vielfacher Aufmerksamkeit und Spürkraft, Emsigkeit und Be¬<lb/>
harrlichkeit, welche doch nur mit Sachkenntniß und Hingebung vereinigt be¬<lb/>
deutende Resultate erreichen konnten. Denn es kam auf nichts weniger an, als<lb/>
in möglichster Vollständigkeit für die einzelnen Compositionen</p><lb/>
          <list>
            <item> Beethovens eigene Handschrift;</item>
            <item> Abschriften, unter seiner Aufsicht und Correctur angefertigt;</item>
            <item> Stimmen, bei den Aufführungen unter seiner Leitung gebraucht;</item>
            <item> Ausgaben, von ihm selbst zum Druck befördert,</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_949" next="#ID_950"> zusammenzubringen und für die Textrevision zu benutzen. Daß es nicht häusig<lb/>
gelingen konnte alle Hilfsmittel zu vereinigen, bedarf keiner Erläuterung; daß<lb/>
aber in der That nur ganz ausnahmsweise einzelne Werke zum Abdruck gelangt<lb/>
sind, ohne daß man wenigstens auf eine dieser kritischen Grundlagen zurück¬<lb/>
gehen konnte, ist ein sehr anerkennensrverthes Resultat eifriger Bestrebungen und<lb/>
bereitwilligen Entgegenkommens. Oeffentliche Sammlungen, vor allen mit<lb/>
ausgezeichneter Liberalität das Archiv der Musikfreunde in Wien, und<lb/>
Privatleute, welche im Besitze von Handschriften und erster Drucke sind, von<lb/>
denen niemand sich an Zahl und Bedeutung der Autographen mit A. Artarici<lb/>
in Wien messen kann, haben die Benutzung ihrer Schätze gern gestattet. Es<lb/>
hat ferner nicht an Mittheilungen und Nachweisen aller Art gefehlt, auch solche<lb/>
Männer haben sich gefunden, welche es sich zu einer Lieblingsaufgabe gemacht<lb/>
haben, den Apparat für die neue Ausgabe aufzuspüren und nutzbar zu machen.<lb/>
Namentlich hat Hr. G. Nottebohm in Wien mit unermüdlichem Eifer<lb/>
unausgesetzte Nachforschungen angestellt, welche reiche und erfreuliche Ausbeute<lb/>
gewährt und durch seine sachkundigen und zuverlässigen Mittheilungen die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0320] ducirt oder beim Einstudiren und Ausführen in klarer Uebersicht gegenwärtig hält. Manche Werke, auch große, wie das Ballet Prometheus, erscheinen hier zum ersten Mal in dieser Gestalt, andere Partituren sind zwar gedruckt, aber selten geworden, Format und Ausstattung derselben ist sehr verschieden; alle vollständig und gleichmäßig zu geben ist die preiswürdige Leistung dieser Ge- sammtausgabe. Neben den Partituren geht dann die Ausgabe der Stimmen her, durch welche für die Ausführung der verschiedenartigen Werke in gleicher Weise gesorgt ist, wie durch jene für das Studium. Der wichtigste Fortschritt ist aber wohl dadurch bezeichnet, daß diese Aus¬ gabe die Echtheit ihrer Publicationen als eine durch kritische Revision im Ein¬ zelnen mit Benutzung aller zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewonnene und festgestellte verbürgt. Denn eine durchgreifende Sorgfalt für Herstellung eines reinen und zuverlässigen Textes that hier, wie gewöhnlich bei einem viel ge¬ brauchten und weitverbreiteten Autor, vor allem und recht sehr Noth. Aber dazu bedürfte es großer Vorbereitungen und allein zur Beschaffung des weit- schichtigen und zersplitterten Materials, auch wenn Glück und Gunst sich för- dersam erwiesen, vielfacher Aufmerksamkeit und Spürkraft, Emsigkeit und Be¬ harrlichkeit, welche doch nur mit Sachkenntniß und Hingebung vereinigt be¬ deutende Resultate erreichen konnten. Denn es kam auf nichts weniger an, als in möglichster Vollständigkeit für die einzelnen Compositionen Beethovens eigene Handschrift; Abschriften, unter seiner Aufsicht und Correctur angefertigt; Stimmen, bei den Aufführungen unter seiner Leitung gebraucht; Ausgaben, von ihm selbst zum Druck befördert, zusammenzubringen und für die Textrevision zu benutzen. Daß es nicht häusig gelingen konnte alle Hilfsmittel zu vereinigen, bedarf keiner Erläuterung; daß aber in der That nur ganz ausnahmsweise einzelne Werke zum Abdruck gelangt sind, ohne daß man wenigstens auf eine dieser kritischen Grundlagen zurück¬ gehen konnte, ist ein sehr anerkennensrverthes Resultat eifriger Bestrebungen und bereitwilligen Entgegenkommens. Oeffentliche Sammlungen, vor allen mit ausgezeichneter Liberalität das Archiv der Musikfreunde in Wien, und Privatleute, welche im Besitze von Handschriften und erster Drucke sind, von denen niemand sich an Zahl und Bedeutung der Autographen mit A. Artarici in Wien messen kann, haben die Benutzung ihrer Schätze gern gestattet. Es hat ferner nicht an Mittheilungen und Nachweisen aller Art gefehlt, auch solche Männer haben sich gefunden, welche es sich zu einer Lieblingsaufgabe gemacht haben, den Apparat für die neue Ausgabe aufzuspüren und nutzbar zu machen. Namentlich hat Hr. G. Nottebohm in Wien mit unermüdlichem Eifer unausgesetzte Nachforschungen angestellt, welche reiche und erfreuliche Ausbeute gewährt und durch seine sachkundigen und zuverlässigen Mittheilungen die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/320
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/320>, abgerufen am 29.06.2024.