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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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die allerdings einiges Unbekannte oder Verschollne ans Licht zog, aber weder
durch sorgfältige Redaction noch gute Ausstattung sich empfahl, bald stecken und
ist verkommen.

Schon das "thematische Verzeichnis) sämmtlicher im Druck erschienenen
Werke von Ludwig van Beethoven" (Leipzig 1831) kann bei einer etwas ein¬
gehenderen Musterung eine Vorstellung von dem Umfange einer Gesammtaus-
gabe geben, wie auch von den mannigfachen Schwierigkeiten, welche dabei
zu überwinden sind. Fürwahr die Lösung dieser Aufgabe erfordert Mittel und
Kräfte, nicht minder auch Einsicht und Willensstärke in nicht gewöhnlichem
Maß. Als im November 1861 die Verlagshandlung Breitkopf und Härtel
Ankündigung und Prospect der ersten vollständigen überall berechtigten Aus¬
gabe der Werke von Ludwig van Beethoven erließ, durfte man ein nach allen
Seiten hin wohl vorbereitetes, sicheres Gelingen verheißendes Unternehmen er¬
warten; jetzt, da nach Verlauf von reichlich zwei Jahren der mühevolle Weg
fast ganz zurückgelegt ist, lassen sich durch eine etwas näher eingehende Prüfung
dessen, was versprochen und geleistet worden ist, die höchst erfreulichen Resultate klar
machen, welche für das musikalische Publicum durch diese Ausgabe gewonnen sind.

Wenn sich dieselbe als eine "überall berechtigte" bezeichnen darf, so
kann das als eine Angelegenheit betrachtet werden, die zunächst den Verleger
angeht und das Publieum weniger interessirt. Allerdings fragt das Publicum
gewöhnlich nicht nach der Berechtigung des Verlegers, weil es dieselbe voraus¬
zusetzen sich für befugt hält; allein wie unklar auch die Begriffe über Nachdruck
sind -- den man, wie vor Zeiten bei Büchern, fo jetzt bei Musikalien gar als
ein patriotisches Verdienst preisen hört -- so wird es doch jedem zur Be¬
friedigung gereichen, wenn sein Interesse an einem großen und bedeutenden
Unternehmen durch keinen Zweifel an der rechtlichen Basis desselben beein¬
trächtigt wird. Die Schwierigkeiten wurden freilich -- auch das ist billig in
Erwägung zu ziehen -- beträchtlich dadurch vermehrt, daß mit einer erheblichen
Anzahl von Verleger erst ein Abkommen zu treffen war. Auch wer nicht
näher vertraut ist mit den wundersam verwickelten Verhältnissen des Verlags¬
rechts, wie sie sich in den verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Orten mehr
verwickelt als entwickelt haben, braucht nur einen Blick aus die zahlreichen Verleger
beethovcnscher Werke zu werfen, welche das thematische Verzeichnis; aufweist, um
zu begreifen, daß es manchmal schon schwer hält, das wirkliche Verlagsrecht
zu constatiren. Es hat sicherlich nicht geringer Nachforschungen und Verhand¬
lungen und vielfacher Bereitwilligkeit bedurft, bis alle Ansprüche befriedigt
waren und man darf sich freuen, daß es gelungen ist -- was besonders in
Deutschland so schwer hält -- zu einem großen Unternehmen von allgemeinem
Interesse, das ohne Kompromiß nicht zu Stande zu bringen war, die Einigung
so vieler, auf ihrem Gebiet souveräner Betheiligten, zu erzielen.


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die allerdings einiges Unbekannte oder Verschollne ans Licht zog, aber weder
durch sorgfältige Redaction noch gute Ausstattung sich empfahl, bald stecken und
ist verkommen.

Schon das „thematische Verzeichnis) sämmtlicher im Druck erschienenen
Werke von Ludwig van Beethoven" (Leipzig 1831) kann bei einer etwas ein¬
gehenderen Musterung eine Vorstellung von dem Umfange einer Gesammtaus-
gabe geben, wie auch von den mannigfachen Schwierigkeiten, welche dabei
zu überwinden sind. Fürwahr die Lösung dieser Aufgabe erfordert Mittel und
Kräfte, nicht minder auch Einsicht und Willensstärke in nicht gewöhnlichem
Maß. Als im November 1861 die Verlagshandlung Breitkopf und Härtel
Ankündigung und Prospect der ersten vollständigen überall berechtigten Aus¬
gabe der Werke von Ludwig van Beethoven erließ, durfte man ein nach allen
Seiten hin wohl vorbereitetes, sicheres Gelingen verheißendes Unternehmen er¬
warten; jetzt, da nach Verlauf von reichlich zwei Jahren der mühevolle Weg
fast ganz zurückgelegt ist, lassen sich durch eine etwas näher eingehende Prüfung
dessen, was versprochen und geleistet worden ist, die höchst erfreulichen Resultate klar
machen, welche für das musikalische Publicum durch diese Ausgabe gewonnen sind.

Wenn sich dieselbe als eine „überall berechtigte" bezeichnen darf, so
kann das als eine Angelegenheit betrachtet werden, die zunächst den Verleger
angeht und das Publieum weniger interessirt. Allerdings fragt das Publicum
gewöhnlich nicht nach der Berechtigung des Verlegers, weil es dieselbe voraus¬
zusetzen sich für befugt hält; allein wie unklar auch die Begriffe über Nachdruck
sind — den man, wie vor Zeiten bei Büchern, fo jetzt bei Musikalien gar als
ein patriotisches Verdienst preisen hört — so wird es doch jedem zur Be¬
friedigung gereichen, wenn sein Interesse an einem großen und bedeutenden
Unternehmen durch keinen Zweifel an der rechtlichen Basis desselben beein¬
trächtigt wird. Die Schwierigkeiten wurden freilich — auch das ist billig in
Erwägung zu ziehen — beträchtlich dadurch vermehrt, daß mit einer erheblichen
Anzahl von Verleger erst ein Abkommen zu treffen war. Auch wer nicht
näher vertraut ist mit den wundersam verwickelten Verhältnissen des Verlags¬
rechts, wie sie sich in den verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Orten mehr
verwickelt als entwickelt haben, braucht nur einen Blick aus die zahlreichen Verleger
beethovcnscher Werke zu werfen, welche das thematische Verzeichnis; aufweist, um
zu begreifen, daß es manchmal schon schwer hält, das wirkliche Verlagsrecht
zu constatiren. Es hat sicherlich nicht geringer Nachforschungen und Verhand¬
lungen und vielfacher Bereitwilligkeit bedurft, bis alle Ansprüche befriedigt
waren und man darf sich freuen, daß es gelungen ist — was besonders in
Deutschland so schwer hält — zu einem großen Unternehmen von allgemeinem
Interesse, das ohne Kompromiß nicht zu Stande zu bringen war, die Einigung
so vieler, auf ihrem Gebiet souveräner Betheiligten, zu erzielen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/313>, abgerufen am 24.07.2024.