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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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bestehen, durch das Protokoll kein Eintrag geschehn solle; man weiß ferner,
daß der Beitritt Oestreichs und Preußens seinerzeit ausdrücklich aufgefaßt wurde
als bedingt durch die Zusagen, die Dänemark rücksichtlich der Herzogtümer ge¬
than, und man weiß, wie diese Zusagen erfüllt worden sind. Anlaß genug,
den Gedanken, sich durch das von ihnen unterzeichnete Protokoll jetzt zur An¬
erkennung des "Protokvilprinzen" von 1852 als Herzogs von Schleswig-Holstein
verpflichtet zu halten, jeder deutschen Macht selbst für den Fall fern zu halten,
daß an eine solche Verpflichtung überhaupt noch gedacht werden könnte.

Es hieße jedoch in gegenwärtiger Zeit Wasser ins Meer tragen, wollte ich
meine Darstellung mit einem Beweise schließen, daß dies Letztere nicht der Fall
sei. Es ist bekannt, wie sich vor jeder rechtlichen Prüfung Stein für Stein, woraus
sich das Gebäude der dänischen Hoffnungen zusammenfügt, mürb und morsch er¬
weist -- von dem Verzicht des russischen Kaisers auf Ansprüche, die ihm nicht zu¬
standen, bis zu dem sogenannten "Verzicht" des augustenburger Herzogs auf
Ansprüche, die selbst ein wirklicher Verzicht des Herzogs der Linie des Herzogs
nicht zu entfremden vermöchte.

Aber wie schwer oder wie leicht auch gegenwärtig das Gewicht sei, mit wel¬
chem dies Protokoll in die Wagschale des Rechtes falle -- daß in dem Jahre 1852
dies londoner Protokoll als eine schwere Gefährdung erscheinen mußte für die
Zukunft der Herzogthümer und der gesetzmäßigen Erbfolge, liegt am hellen Tage.

Versetzen wir uns überhaupt noch einmal in die durchlaufene Zeit! Da
lesen wir in dem Briefe des preußischen Königs Friedrich Wilhelms des Vierten
vom 24. März 1848 an den Herzog von Augustenburg die Worte:

"Ich habe mich der Wahrung der deutschen Sache für die Tage der Gefahr
unterzogen, nicht um die Rechte Anderer zu usurpiren, sondern um das Be¬
stehende nach Außen und im Innern nach Kräften zu erhalten.

Zu diesen bestehenden Rechten rechne ich dasjenige der Herzogthümer Schles¬
wig-Holstein, welches in den, die Rechte des Königreiches in keiner Weise ver¬
letzenden Sätzen ausgesprochen ist: ,

1) daß die Herzogthümer selbständige Staaten sind;
2) daß sie fest miteinander verbundene Staaten sind;
3) daß der Mannsstamm in den Herzogtümern herrscht.

In diesem Sinne habe ich mich bereits beim Bundestage erklärt, und bei
diesem bestehenden Rechtsverhältnisse bin ich bereit, in Betracht des Bundes-
bcschlusses vom 17. September 1846, die Herzogthümer Schleswig-Holstein gegen
etwaige Uebergriffe und Angriffe mit den geeignetsten Mitteln zu schützen.

Ich hoffe übrigens, daß der Nationalität der Herzogthümer keine ernstliche
Gefahr droht, und bin im entgegengesetzten Falle der festen Zuversicht, daß
meine deutschen Bundesgenossen, gleich mir, zum Schutze derselben herbeieilen."

Und Aehnliches, wie hier der König von Preußen, haben bei anderen


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bestehen, durch das Protokoll kein Eintrag geschehn solle; man weiß ferner,
daß der Beitritt Oestreichs und Preußens seinerzeit ausdrücklich aufgefaßt wurde
als bedingt durch die Zusagen, die Dänemark rücksichtlich der Herzogtümer ge¬
than, und man weiß, wie diese Zusagen erfüllt worden sind. Anlaß genug,
den Gedanken, sich durch das von ihnen unterzeichnete Protokoll jetzt zur An¬
erkennung des „Protokvilprinzen" von 1852 als Herzogs von Schleswig-Holstein
verpflichtet zu halten, jeder deutschen Macht selbst für den Fall fern zu halten,
daß an eine solche Verpflichtung überhaupt noch gedacht werden könnte.

Es hieße jedoch in gegenwärtiger Zeit Wasser ins Meer tragen, wollte ich
meine Darstellung mit einem Beweise schließen, daß dies Letztere nicht der Fall
sei. Es ist bekannt, wie sich vor jeder rechtlichen Prüfung Stein für Stein, woraus
sich das Gebäude der dänischen Hoffnungen zusammenfügt, mürb und morsch er¬
weist — von dem Verzicht des russischen Kaisers auf Ansprüche, die ihm nicht zu¬
standen, bis zu dem sogenannten „Verzicht" des augustenburger Herzogs auf
Ansprüche, die selbst ein wirklicher Verzicht des Herzogs der Linie des Herzogs
nicht zu entfremden vermöchte.

Aber wie schwer oder wie leicht auch gegenwärtig das Gewicht sei, mit wel¬
chem dies Protokoll in die Wagschale des Rechtes falle — daß in dem Jahre 1852
dies londoner Protokoll als eine schwere Gefährdung erscheinen mußte für die
Zukunft der Herzogthümer und der gesetzmäßigen Erbfolge, liegt am hellen Tage.

Versetzen wir uns überhaupt noch einmal in die durchlaufene Zeit! Da
lesen wir in dem Briefe des preußischen Königs Friedrich Wilhelms des Vierten
vom 24. März 1848 an den Herzog von Augustenburg die Worte:

„Ich habe mich der Wahrung der deutschen Sache für die Tage der Gefahr
unterzogen, nicht um die Rechte Anderer zu usurpiren, sondern um das Be¬
stehende nach Außen und im Innern nach Kräften zu erhalten.

Zu diesen bestehenden Rechten rechne ich dasjenige der Herzogthümer Schles¬
wig-Holstein, welches in den, die Rechte des Königreiches in keiner Weise ver¬
letzenden Sätzen ausgesprochen ist: ,

1) daß die Herzogthümer selbständige Staaten sind;
2) daß sie fest miteinander verbundene Staaten sind;
3) daß der Mannsstamm in den Herzogtümern herrscht.

In diesem Sinne habe ich mich bereits beim Bundestage erklärt, und bei
diesem bestehenden Rechtsverhältnisse bin ich bereit, in Betracht des Bundes-
bcschlusses vom 17. September 1846, die Herzogthümer Schleswig-Holstein gegen
etwaige Uebergriffe und Angriffe mit den geeignetsten Mitteln zu schützen.

Ich hoffe übrigens, daß der Nationalität der Herzogthümer keine ernstliche
Gefahr droht, und bin im entgegengesetzten Falle der festen Zuversicht, daß
meine deutschen Bundesgenossen, gleich mir, zum Schutze derselben herbeieilen."

Und Aehnliches, wie hier der König von Preußen, haben bei anderen


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[0305] bestehen, durch das Protokoll kein Eintrag geschehn solle; man weiß ferner, daß der Beitritt Oestreichs und Preußens seinerzeit ausdrücklich aufgefaßt wurde als bedingt durch die Zusagen, die Dänemark rücksichtlich der Herzogtümer ge¬ than, und man weiß, wie diese Zusagen erfüllt worden sind. Anlaß genug, den Gedanken, sich durch das von ihnen unterzeichnete Protokoll jetzt zur An¬ erkennung des „Protokvilprinzen" von 1852 als Herzogs von Schleswig-Holstein verpflichtet zu halten, jeder deutschen Macht selbst für den Fall fern zu halten, daß an eine solche Verpflichtung überhaupt noch gedacht werden könnte. Es hieße jedoch in gegenwärtiger Zeit Wasser ins Meer tragen, wollte ich meine Darstellung mit einem Beweise schließen, daß dies Letztere nicht der Fall sei. Es ist bekannt, wie sich vor jeder rechtlichen Prüfung Stein für Stein, woraus sich das Gebäude der dänischen Hoffnungen zusammenfügt, mürb und morsch er¬ weist — von dem Verzicht des russischen Kaisers auf Ansprüche, die ihm nicht zu¬ standen, bis zu dem sogenannten „Verzicht" des augustenburger Herzogs auf Ansprüche, die selbst ein wirklicher Verzicht des Herzogs der Linie des Herzogs nicht zu entfremden vermöchte. Aber wie schwer oder wie leicht auch gegenwärtig das Gewicht sei, mit wel¬ chem dies Protokoll in die Wagschale des Rechtes falle — daß in dem Jahre 1852 dies londoner Protokoll als eine schwere Gefährdung erscheinen mußte für die Zukunft der Herzogthümer und der gesetzmäßigen Erbfolge, liegt am hellen Tage. Versetzen wir uns überhaupt noch einmal in die durchlaufene Zeit! Da lesen wir in dem Briefe des preußischen Königs Friedrich Wilhelms des Vierten vom 24. März 1848 an den Herzog von Augustenburg die Worte: „Ich habe mich der Wahrung der deutschen Sache für die Tage der Gefahr unterzogen, nicht um die Rechte Anderer zu usurpiren, sondern um das Be¬ stehende nach Außen und im Innern nach Kräften zu erhalten. Zu diesen bestehenden Rechten rechne ich dasjenige der Herzogthümer Schles¬ wig-Holstein, welches in den, die Rechte des Königreiches in keiner Weise ver¬ letzenden Sätzen ausgesprochen ist: , 1) daß die Herzogthümer selbständige Staaten sind; 2) daß sie fest miteinander verbundene Staaten sind; 3) daß der Mannsstamm in den Herzogtümern herrscht. In diesem Sinne habe ich mich bereits beim Bundestage erklärt, und bei diesem bestehenden Rechtsverhältnisse bin ich bereit, in Betracht des Bundes- bcschlusses vom 17. September 1846, die Herzogthümer Schleswig-Holstein gegen etwaige Uebergriffe und Angriffe mit den geeignetsten Mitteln zu schützen. Ich hoffe übrigens, daß der Nationalität der Herzogthümer keine ernstliche Gefahr droht, und bin im entgegengesetzten Falle der festen Zuversicht, daß meine deutschen Bundesgenossen, gleich mir, zum Schutze derselben herbeieilen." Und Aehnliches, wie hier der König von Preußen, haben bei anderen 38"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/305>, abgerufen am 24.07.2024.