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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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ein Fonds zur Unterstützung derjenigen Beamten, welche in Folge der Eides¬
verweigerung möglicherweise abgesetzt werden konnten, gestiftet, zwar wurde von
städtischen Kollegien der Ständeversammlung für ihren auf Schutz der Landes¬
rechte gerichteten Beschluß Anerkennung ausgesprochen, aber daß das ganze Volk
wie Ein Mann für sein volles Recht mit allen Kräften einzustehen bereit sei,
das konnte bei dem ruhigen, allen Excessen durchaus abgeneigten Sinn der
Schleswig-Holsteincr der Welt erst unwiderleglich gezeigt werden, als das wehr¬
lose Land vom Druck dänischer Bajonnete befreit war.

Durch die Lage der Dinge schien es geboten, daß die ständischen Vertreter
sich abermals versammelten. Da aber zur Zeit Holstein noch immer von dä¬
nischen Truppen besept war, versammelte man sich am 22. December in Ham¬
burg. Die Versammlung erkannte mit ganz überwiegender Majorität den
Herzog Friedrich den Achten als rechtmäßigen Landesherrn an und wandte sich von
Neuem und dringender an den deutschen Bund. Die Eingabe schloß mit den
Worten: "Jetzt trägt uns das Recht eines eigenen Fürsten, es trägt uns die
gebührende Theilnahme des deutschen Volks und der Mehrzahl seiner Herrscher
und wir vertrauen zu dem allmächtigen Gott, daß der hohe deutsche Bund
nicht zögern wird, das Recht unseres Fürsten auf die ihm angestammten Her-
zogthümer Schleswig-Holstein anzuerkennen und ihn baldigst in den Stand zu
setzen, die Negierung der Lande zu übernehmen."

Von 62 anwesenden Vertretern unterschrieben 60 die Eingabe, darunter
33 Abgeordnete, also von der Gesammtzahl von 51 Abgeordneten eine Majori¬
tät von zwei Dritteln. Ein Gegenantrag auf Anerkennung Christians des Neun¬
ten wurde nicht gestellt. Der größere Theil der dissentirenden 12 Mitglieder
glaubte nur zeitweilig der Unterschrift der Adresse sich enthalten zu müssen, zu¬
meist aus'Gründen, welche man aus einer verclansulirten Verweigerung
des Homagialeides herleiten zu müssen glaubte.

Die Landesuniversität Kiel richtete am 26. December, als die Stadt Kiel
noch von dänischen Truppen besetzt war, eine dringende Eingabe an den deut¬
schen Bund, die unter Berufung auf die mangelnde Zustimmung der schleswig-
schen und holsteinischen Landesvertretungen, der Agnaten und des deutschen
Bundes selbst die unzweifelhafte Ungiltigkeit des londoner Tractats für die
Herzogthümer Schleswig-Holstein nachweist und mit den Worten schließt: "die
Schleswig-Holsteincr ersehnen ihren Herzog, sie wollen ihm treu, sein mit Gut
und Blut. Keine Bitte kommt aus vollerem Herzen, als die wir mit ihnen
aussprechen: hohe deutsche Bundesversammlung wolle Herzog Friedrich den Ach¬
ten, von Schleswig-Holstein, sein Recht und des Landes Recht kräftig wahren
und schützen. Diese Eingabe, von sämmtlichen Professoren außer zwei National¬
dänen -- zwei andere waren abwesend -- unterzeichnet, ward durch Vermitt¬
lung der Bundescommissäre nach Frankfurt geschickt. Zugleich begaben sich die


ein Fonds zur Unterstützung derjenigen Beamten, welche in Folge der Eides¬
verweigerung möglicherweise abgesetzt werden konnten, gestiftet, zwar wurde von
städtischen Kollegien der Ständeversammlung für ihren auf Schutz der Landes¬
rechte gerichteten Beschluß Anerkennung ausgesprochen, aber daß das ganze Volk
wie Ein Mann für sein volles Recht mit allen Kräften einzustehen bereit sei,
das konnte bei dem ruhigen, allen Excessen durchaus abgeneigten Sinn der
Schleswig-Holsteincr der Welt erst unwiderleglich gezeigt werden, als das wehr¬
lose Land vom Druck dänischer Bajonnete befreit war.

Durch die Lage der Dinge schien es geboten, daß die ständischen Vertreter
sich abermals versammelten. Da aber zur Zeit Holstein noch immer von dä¬
nischen Truppen besept war, versammelte man sich am 22. December in Ham¬
burg. Die Versammlung erkannte mit ganz überwiegender Majorität den
Herzog Friedrich den Achten als rechtmäßigen Landesherrn an und wandte sich von
Neuem und dringender an den deutschen Bund. Die Eingabe schloß mit den
Worten: „Jetzt trägt uns das Recht eines eigenen Fürsten, es trägt uns die
gebührende Theilnahme des deutschen Volks und der Mehrzahl seiner Herrscher
und wir vertrauen zu dem allmächtigen Gott, daß der hohe deutsche Bund
nicht zögern wird, das Recht unseres Fürsten auf die ihm angestammten Her-
zogthümer Schleswig-Holstein anzuerkennen und ihn baldigst in den Stand zu
setzen, die Negierung der Lande zu übernehmen."

Von 62 anwesenden Vertretern unterschrieben 60 die Eingabe, darunter
33 Abgeordnete, also von der Gesammtzahl von 51 Abgeordneten eine Majori¬
tät von zwei Dritteln. Ein Gegenantrag auf Anerkennung Christians des Neun¬
ten wurde nicht gestellt. Der größere Theil der dissentirenden 12 Mitglieder
glaubte nur zeitweilig der Unterschrift der Adresse sich enthalten zu müssen, zu¬
meist aus'Gründen, welche man aus einer verclansulirten Verweigerung
des Homagialeides herleiten zu müssen glaubte.

Die Landesuniversität Kiel richtete am 26. December, als die Stadt Kiel
noch von dänischen Truppen besetzt war, eine dringende Eingabe an den deut¬
schen Bund, die unter Berufung auf die mangelnde Zustimmung der schleswig-
schen und holsteinischen Landesvertretungen, der Agnaten und des deutschen
Bundes selbst die unzweifelhafte Ungiltigkeit des londoner Tractats für die
Herzogthümer Schleswig-Holstein nachweist und mit den Worten schließt: „die
Schleswig-Holsteincr ersehnen ihren Herzog, sie wollen ihm treu, sein mit Gut
und Blut. Keine Bitte kommt aus vollerem Herzen, als die wir mit ihnen
aussprechen: hohe deutsche Bundesversammlung wolle Herzog Friedrich den Ach¬
ten, von Schleswig-Holstein, sein Recht und des Landes Recht kräftig wahren
und schützen. Diese Eingabe, von sämmtlichen Professoren außer zwei National¬
dänen — zwei andere waren abwesend — unterzeichnet, ward durch Vermitt¬
lung der Bundescommissäre nach Frankfurt geschickt. Zugleich begaben sich die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/249>, abgerufen am 04.07.2024.