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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Ihrige thun. Der tapfere Spork eilte zum Entsatze von Rendsburg über Neu-
münster herbei. Die Schweden gaben die Belagerung auf. Der große Kur¬
fürst verfolgte sein Ziel; Ende October nahm er sein Hauptquartier in Flens-
burg; etwa 30.000 Mann Verbündete standen in Holstein, Schleswig. Jütland.
Auf Alsen weilten noch die Schweden; aber kühne, ehrliche deutsche Männer
sahen die Größe der Gefahr nicht an. Der große Kurfürst verlegte, sobald
sein Fußvolk heran war. sein Hauptquartier nach Düppel, dicht am Alsensund.
Der Uebergang nach Alsen wurde glücklich bewerkstelligt; die Schweden ergaben
sich auf Discretion. Am 23. Decbr. 1658 dankte der Kurfürst im Haupt¬
quartier Sonderburg den sämmtlichen Generalen von der kaiserlichen und kur-
brandenburgischen Armee für die bezeigte Tapferkeit und gute Conduite. Unter
ihnen waren die Fürsten von Baden, Anhalt, die Kriegshelden Montecucuii,
Sparr, General Spork, Derfflingcr. Plaren, Goltz, Schwerin. Mit gleicher
Kühnheit des Entschlusses und der Ausführung drang man in Jütland ein.
Nach der tiefen Erniedrigung des deutschen Namens wurden diese Erfolge
deutscher Waffen -- als Reichsheer wurde die kaiserliche und brandenburgische
Macht in Jütland bezeichnet -- in ganz Deutschland freudig begrüßt. In
Wien schrieb man dem Kurfürsten das wesentliche Verdienst bei. "Ganz Europa
-- wurde aus Wie" geschrieben -- giebt ihm dies Zeugniß." Fünen hoffte
der große Kurfürst (so schrieb er von Viborg den 19. Februar 1659) bald zu
nehmen, und dann auch bald vor Kopenhagen zu sein. Er ließ sich durch Ein¬
schüchterungen nicht "aus dem Concept bringen". Er sagte es damals wörtlich.

--.-- Wir wollen diese Zeiten nicht weiter verfolgen, aber an die sehr
neuen Worte eines preußischen Historikers, Droyscns, erinnern, womit er das
Resultat dieser Großthaten berichtet:

"In Osnabrück und Münster war (1648) Deutschland in tiefster Er¬
niedrigung, im Frieden zu Oliva war die erste Staffel der Erhebung; hier der
Anfang eines neuen Werkes, der Grundstein für ein dereinstiges Deutschland.
Polen war nicht getheilt, Dänemark nicht unterjocht; in England hatte die
Usurpation und die Republik ein Ende und unter dem unendlichen Jubel des
Volkes war das legitime Fürstenthum hergestellt.

So in dem großen Zusammenhange der europäischen Politik, in der
Rettung der erhaltenden Kräfte gegen den politischen und religiösen Radikalis¬
mus, der Legitimität gegen die Usurpation, des öffentlichen Rechtes gegen Will¬
kür und Gewalt hatte Brandenburg seinen ersten großen Wassergang gemacht."

Es sind seitdem 203 Jahre verflossen; Preußens Politik ist jetzt eine streng
vorgezeichnete.

Preußens eigenes Ansehen im Rathe der Großmächte, Preußens eigene
Ehre wird nur gewahrt, wenn es im Anschluß an den Bundesbeschluß vom
17. September 1846 folgende Verheißungen einlöst, nämlich:


Ihrige thun. Der tapfere Spork eilte zum Entsatze von Rendsburg über Neu-
münster herbei. Die Schweden gaben die Belagerung auf. Der große Kur¬
fürst verfolgte sein Ziel; Ende October nahm er sein Hauptquartier in Flens-
burg; etwa 30.000 Mann Verbündete standen in Holstein, Schleswig. Jütland.
Auf Alsen weilten noch die Schweden; aber kühne, ehrliche deutsche Männer
sahen die Größe der Gefahr nicht an. Der große Kurfürst verlegte, sobald
sein Fußvolk heran war. sein Hauptquartier nach Düppel, dicht am Alsensund.
Der Uebergang nach Alsen wurde glücklich bewerkstelligt; die Schweden ergaben
sich auf Discretion. Am 23. Decbr. 1658 dankte der Kurfürst im Haupt¬
quartier Sonderburg den sämmtlichen Generalen von der kaiserlichen und kur-
brandenburgischen Armee für die bezeigte Tapferkeit und gute Conduite. Unter
ihnen waren die Fürsten von Baden, Anhalt, die Kriegshelden Montecucuii,
Sparr, General Spork, Derfflingcr. Plaren, Goltz, Schwerin. Mit gleicher
Kühnheit des Entschlusses und der Ausführung drang man in Jütland ein.
Nach der tiefen Erniedrigung des deutschen Namens wurden diese Erfolge
deutscher Waffen — als Reichsheer wurde die kaiserliche und brandenburgische
Macht in Jütland bezeichnet — in ganz Deutschland freudig begrüßt. In
Wien schrieb man dem Kurfürsten das wesentliche Verdienst bei. „Ganz Europa
— wurde aus Wie» geschrieben — giebt ihm dies Zeugniß." Fünen hoffte
der große Kurfürst (so schrieb er von Viborg den 19. Februar 1659) bald zu
nehmen, und dann auch bald vor Kopenhagen zu sein. Er ließ sich durch Ein¬
schüchterungen nicht „aus dem Concept bringen". Er sagte es damals wörtlich.

—.— Wir wollen diese Zeiten nicht weiter verfolgen, aber an die sehr
neuen Worte eines preußischen Historikers, Droyscns, erinnern, womit er das
Resultat dieser Großthaten berichtet:

„In Osnabrück und Münster war (1648) Deutschland in tiefster Er¬
niedrigung, im Frieden zu Oliva war die erste Staffel der Erhebung; hier der
Anfang eines neuen Werkes, der Grundstein für ein dereinstiges Deutschland.
Polen war nicht getheilt, Dänemark nicht unterjocht; in England hatte die
Usurpation und die Republik ein Ende und unter dem unendlichen Jubel des
Volkes war das legitime Fürstenthum hergestellt.

So in dem großen Zusammenhange der europäischen Politik, in der
Rettung der erhaltenden Kräfte gegen den politischen und religiösen Radikalis¬
mus, der Legitimität gegen die Usurpation, des öffentlichen Rechtes gegen Will¬
kür und Gewalt hatte Brandenburg seinen ersten großen Wassergang gemacht."

Es sind seitdem 203 Jahre verflossen; Preußens Politik ist jetzt eine streng
vorgezeichnete.

Preußens eigenes Ansehen im Rathe der Großmächte, Preußens eigene
Ehre wird nur gewahrt, wenn es im Anschluß an den Bundesbeschluß vom
17. September 1846 folgende Verheißungen einlöst, nämlich:


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[0241] Ihrige thun. Der tapfere Spork eilte zum Entsatze von Rendsburg über Neu- münster herbei. Die Schweden gaben die Belagerung auf. Der große Kur¬ fürst verfolgte sein Ziel; Ende October nahm er sein Hauptquartier in Flens- burg; etwa 30.000 Mann Verbündete standen in Holstein, Schleswig. Jütland. Auf Alsen weilten noch die Schweden; aber kühne, ehrliche deutsche Männer sahen die Größe der Gefahr nicht an. Der große Kurfürst verlegte, sobald sein Fußvolk heran war. sein Hauptquartier nach Düppel, dicht am Alsensund. Der Uebergang nach Alsen wurde glücklich bewerkstelligt; die Schweden ergaben sich auf Discretion. Am 23. Decbr. 1658 dankte der Kurfürst im Haupt¬ quartier Sonderburg den sämmtlichen Generalen von der kaiserlichen und kur- brandenburgischen Armee für die bezeigte Tapferkeit und gute Conduite. Unter ihnen waren die Fürsten von Baden, Anhalt, die Kriegshelden Montecucuii, Sparr, General Spork, Derfflingcr. Plaren, Goltz, Schwerin. Mit gleicher Kühnheit des Entschlusses und der Ausführung drang man in Jütland ein. Nach der tiefen Erniedrigung des deutschen Namens wurden diese Erfolge deutscher Waffen — als Reichsheer wurde die kaiserliche und brandenburgische Macht in Jütland bezeichnet — in ganz Deutschland freudig begrüßt. In Wien schrieb man dem Kurfürsten das wesentliche Verdienst bei. „Ganz Europa — wurde aus Wie» geschrieben — giebt ihm dies Zeugniß." Fünen hoffte der große Kurfürst (so schrieb er von Viborg den 19. Februar 1659) bald zu nehmen, und dann auch bald vor Kopenhagen zu sein. Er ließ sich durch Ein¬ schüchterungen nicht „aus dem Concept bringen". Er sagte es damals wörtlich. —.— Wir wollen diese Zeiten nicht weiter verfolgen, aber an die sehr neuen Worte eines preußischen Historikers, Droyscns, erinnern, womit er das Resultat dieser Großthaten berichtet: „In Osnabrück und Münster war (1648) Deutschland in tiefster Er¬ niedrigung, im Frieden zu Oliva war die erste Staffel der Erhebung; hier der Anfang eines neuen Werkes, der Grundstein für ein dereinstiges Deutschland. Polen war nicht getheilt, Dänemark nicht unterjocht; in England hatte die Usurpation und die Republik ein Ende und unter dem unendlichen Jubel des Volkes war das legitime Fürstenthum hergestellt. So in dem großen Zusammenhange der europäischen Politik, in der Rettung der erhaltenden Kräfte gegen den politischen und religiösen Radikalis¬ mus, der Legitimität gegen die Usurpation, des öffentlichen Rechtes gegen Will¬ kür und Gewalt hatte Brandenburg seinen ersten großen Wassergang gemacht." Es sind seitdem 203 Jahre verflossen; Preußens Politik ist jetzt eine streng vorgezeichnete. Preußens eigenes Ansehen im Rathe der Großmächte, Preußens eigene Ehre wird nur gewahrt, wenn es im Anschluß an den Bundesbeschluß vom 17. September 1846 folgende Verheißungen einlöst, nämlich:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/241>, abgerufen am 29.06.2024.