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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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suchung eröffnet wurde, zunächst nur die Folge hatte, daß die Pontonnier¬
compagnie sich mit dem bedrohten Bataillon einverstanden erklärte. Durch die
Art von Bonins Verfahren kam es ungeachtet des Werthes, den die gemein¬
schaftliche Regierung, auf die Dienste des Generals legte, zwischen ihm und
dieser Regierung nahe an einen Bruch. Das Ende war, daß zwar das Ver¬
fahren cassirt wurde und die Bestrafung, der Schuldigen nicht in der Härte aus¬
fiel, die Bon.in für nöthig erachtet, ha-ete; "bey dur,es die äußersten Anstrengungen,
welche es sich die provisorische Negierung kosten hieß, ihn zur Zurücknahme seiner
eingereichten Entlassung zu bewegen, empfing, der General eine Anerkennung
seiner Unentbehrlichkeit, die ihn vollends zum eigentlichen Herren de,r Verhält¬
nisse in den Herzogthümern machte.

Noch etwas Anderes indeß knüpfte sich an. jene Bedeutung der preußischen
Offiziere für das junge Schleswig-holsteinische Heer. Die meisten von ihnen
waren, indem sie in dies Heer eintraten, darum doch nicht aus der preußischen
Armee ausgeschieden, sondern nur auf Urlaub von do.r.t entlassen; der General
v. Bonin, selbst hatte sich, seinen Rücktritt in das. preußische Heer offengehalten.
Man begreift die Konsequenz davon. Die preußische Regierung hatte es in
ihrer Gewalt, durch Rückberufung dieser Offiziere einen großen Theil der Schles-
wig-holsteinischen Armee aus Rand und Band zu bringen. Eine verstärkte
Abhängigkeit von Preußen war hiervon die unausbleibliche Folge.

Zu einer solchen Abhängigkeit war freilich -- ungeqchte.t aljer Beschwerden
von Malmö her -- auch in der, ganzen übrigen Lage der. Umstände die reich¬
lichste Ursache vorhanden. Denn, je weniger man nach den gemachten Erfah¬
rungen der Hoffnung Raum geben konnte, daß die deutsche Centralgewalt in
der großen europäischen Politik irgendeine Bedeutung erhalten werde, desto
entschiedener sahen sich die Herzogtümer, sofern sie sich nicht ausschließlich
auf ihre eigene Kraft verlassen wollten, an Preußen gewiesen. Lieferte doch
auch jetzt noch fast jeder Tag einen neuen Beweis, wie Geringes die Central¬
gewalt im Verkehr mit dem Auslande, und wie sie. namentlich in den Verhält¬
nissen, aufweiche es hier ankam, sgstjNM durch Preußen und mit dessen gutem
Willen zu wirken vermöge. Die beabsichtigten Friedensverhandlungen, die zu
London statthaben sollten, dachte diesmal die Centralgewalt selbst in die Hand
zu nehmen. Ueber das Wie? erhoben sich aber Schwierigkeiten schon aus dem
mißlichen Umstände, daß die Centralgewalt noch immer nicht förmlich von Eng¬
land anerkannt war; und als man beschloß, den preußischen Gesandten in Lon¬
don, den Ritter von Bunsen. zugleich zum Bevollmächtigten der Centralgewalt
zu machen, nahm dieser die Vollmacht nur unter der Erklärung an, daß er
immer im EinVerständniß mit der preußischen Regierung handeln werde. Diese
aber mochte wohl an der Unfähigkeit der Centralgewalt, ohne sie einen Schritt
vorwärts zu kommen, eine Genugthuung empfinden i wäre man nur nicht


suchung eröffnet wurde, zunächst nur die Folge hatte, daß die Pontonnier¬
compagnie sich mit dem bedrohten Bataillon einverstanden erklärte. Durch die
Art von Bonins Verfahren kam es ungeachtet des Werthes, den die gemein¬
schaftliche Regierung, auf die Dienste des Generals legte, zwischen ihm und
dieser Regierung nahe an einen Bruch. Das Ende war, daß zwar das Ver¬
fahren cassirt wurde und die Bestrafung, der Schuldigen nicht in der Härte aus¬
fiel, die Bon.in für nöthig erachtet, ha-ete; «bey dur,es die äußersten Anstrengungen,
welche es sich die provisorische Negierung kosten hieß, ihn zur Zurücknahme seiner
eingereichten Entlassung zu bewegen, empfing, der General eine Anerkennung
seiner Unentbehrlichkeit, die ihn vollends zum eigentlichen Herren de,r Verhält¬
nisse in den Herzogthümern machte.

Noch etwas Anderes indeß knüpfte sich an. jene Bedeutung der preußischen
Offiziere für das junge Schleswig-holsteinische Heer. Die meisten von ihnen
waren, indem sie in dies Heer eintraten, darum doch nicht aus der preußischen
Armee ausgeschieden, sondern nur auf Urlaub von do.r.t entlassen; der General
v. Bonin, selbst hatte sich, seinen Rücktritt in das. preußische Heer offengehalten.
Man begreift die Konsequenz davon. Die preußische Regierung hatte es in
ihrer Gewalt, durch Rückberufung dieser Offiziere einen großen Theil der Schles-
wig-holsteinischen Armee aus Rand und Band zu bringen. Eine verstärkte
Abhängigkeit von Preußen war hiervon die unausbleibliche Folge.

Zu einer solchen Abhängigkeit war freilich — ungeqchte.t aljer Beschwerden
von Malmö her — auch in der, ganzen übrigen Lage der. Umstände die reich¬
lichste Ursache vorhanden. Denn, je weniger man nach den gemachten Erfah¬
rungen der Hoffnung Raum geben konnte, daß die deutsche Centralgewalt in
der großen europäischen Politik irgendeine Bedeutung erhalten werde, desto
entschiedener sahen sich die Herzogtümer, sofern sie sich nicht ausschließlich
auf ihre eigene Kraft verlassen wollten, an Preußen gewiesen. Lieferte doch
auch jetzt noch fast jeder Tag einen neuen Beweis, wie Geringes die Central¬
gewalt im Verkehr mit dem Auslande, und wie sie. namentlich in den Verhält¬
nissen, aufweiche es hier ankam, sgstjNM durch Preußen und mit dessen gutem
Willen zu wirken vermöge. Die beabsichtigten Friedensverhandlungen, die zu
London statthaben sollten, dachte diesmal die Centralgewalt selbst in die Hand
zu nehmen. Ueber das Wie? erhoben sich aber Schwierigkeiten schon aus dem
mißlichen Umstände, daß die Centralgewalt noch immer nicht förmlich von Eng¬
land anerkannt war; und als man beschloß, den preußischen Gesandten in Lon¬
don, den Ritter von Bunsen. zugleich zum Bevollmächtigten der Centralgewalt
zu machen, nahm dieser die Vollmacht nur unter der Erklärung an, daß er
immer im EinVerständniß mit der preußischen Regierung handeln werde. Diese
aber mochte wohl an der Unfähigkeit der Centralgewalt, ohne sie einen Schritt
vorwärts zu kommen, eine Genugthuung empfinden i wäre man nur nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/230>, abgerufen am 24.07.2024.