Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.Der östreichische Rittmeister war ein sehr lieber Kamerad; er beurtheilte So.kamen wir denn nach Vitry, dort war ein Oberst v. Schwicho Comman¬ Der östreichische Rittmeister war ein sehr lieber Kamerad; er beurtheilte So.kamen wir denn nach Vitry, dort war ein Oberst v. Schwicho Comman¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116582"/> <p xml:id="ID_337"> Der östreichische Rittmeister war ein sehr lieber Kamerad; er beurtheilte<lb/> mein Pferd sehr günstig und schenkte mir, da er meine Verlegenheit sah, einen<lb/> ungarischen Bock, einen Zaum und eine Decke, so daß ich nun ein leidliches<lb/> Reitzeug hatte. Ich blieb zwei Tage da; dann beschloß' ich den Versuch zu<lb/> machen, wieder zur Armee zu kommen. Durch den Commandanten erhielt ich<lb/> einen mit zwei tüchtigen Pferden bespannten Karren, woraus sich meine beiden<lb/> Leute setzten; ich ritt, theils weil es sicherer war, theils um mein Pferd kennen<lb/> zu lernen, das, in den letzten Tagen ordentlich gepflegt und gefüttert, sich nicht<lb/> mehr ähnlich sal, und das günstige Urtheil des Rittmeisters vollkommen recht¬<lb/> fertigte. Ich dirigirte mich auf Chalons für Marne. Wir mochten etwa eine<lb/> Meile zurückgelegt haben, als wir an ein ziemlich großes Dorf kamen, dessen<lb/> Eingang wir kaum passirt hatten, als eine Menge Bauern, wohl 13—20 Mann<lb/> zusammenliefen, die uns den Weg versperren wollten. Ich rief ihnen zu, uns<lb/> durchzulassen. Sie aber gehorchten nicht nur nicht, sondern einer von ihnen<lb/> trat vor und wollte mich examiniren. Ich befahl nochmals. Platz zu machen,<lb/> und da sie unentschlossen zögerten, zog ich meinen Säbel und sprengte im<lb/> Galopp mitten auf sie zu; sie fuhren auseinander, ich rief meinen Leuten zu,<lb/> die Pferde anzutreiben, und so kamen wir hindurch. Nun ging es vorwärts,<lb/> was die Pferde laufen konnten, womit nicht eher aufgehört wurde, als bis<lb/> wir das Dorf weit hinter uns hatten. Da sah ich Vor mir Artillerie marschiren;<lb/> ich eilte, sie zu erreichen; es war ein Munitionstransport von etwa zwanzig Wagen<lb/> unter der Führung eines Hauptmanns v. Ziegler und einer Bedeckung von etwa<lb/> fünfundzwanzig Reitern von dem in Königsberg neu errichteten National-Husaren-<lb/> regunent. Ich meldete mich bei dem Hauptmann und bat ihn, mich ihm an¬<lb/> schließen zu dürfen; er gestattete dies sehr gern, klagte, daß er keinen Offizier<lb/> bei seiner schwachen Bedeckung habe, und fragte mich, ob ich bei ihm bleiben<lb/> und das Commando über die Husaren übernehmen wolle? Daß ich dies mit<lb/> Freuden annahm, kann man sich denken. Der Hauptmann ging auch nach<lb/> Chalons, und ich war glücklich, nun nicht mehr allein zu sein, ein Commando<lb/> zu haben und nicht mehr besorgen zu müssen, von den aufgestandenen Bauern<lb/> todtgcschlcigen zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_338" next="#ID_339"> So.kamen wir denn nach Vitry, dort war ein Oberst v. Schwicho Comman¬<lb/> dant, damals Commandeur vom 11. Reserveregiment, jetzigem 2. oberschlesischen<lb/> Ur. 23. Zu seiner Unterstützung befand sich bei ihm ein Hauptmann v. Busse,<lb/> mit welchem ich schon 1806 bei einer Füsilierbrigade gestanden und die Be¬<lb/> lagerung von Danzig mitgemacht hatte; er hatte mir schon damals viele Beweise<lb/> seines Wohlwollens gegeben und fügte hier noch einen neuen hinzu, indem er<lb/> mich dem Commandanten vorstellte und mich als einen zuverlässigen jungen<lb/> Offizier empfahl. Der Oberst fragte mich, ob ich nicht, da es ihm an Offizieren<lb/> fehle, in Vitry bleiben wolle? Ich erwiderte, daß ich das mit Freuden thun</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
Der östreichische Rittmeister war ein sehr lieber Kamerad; er beurtheilte
mein Pferd sehr günstig und schenkte mir, da er meine Verlegenheit sah, einen
ungarischen Bock, einen Zaum und eine Decke, so daß ich nun ein leidliches
Reitzeug hatte. Ich blieb zwei Tage da; dann beschloß' ich den Versuch zu
machen, wieder zur Armee zu kommen. Durch den Commandanten erhielt ich
einen mit zwei tüchtigen Pferden bespannten Karren, woraus sich meine beiden
Leute setzten; ich ritt, theils weil es sicherer war, theils um mein Pferd kennen
zu lernen, das, in den letzten Tagen ordentlich gepflegt und gefüttert, sich nicht
mehr ähnlich sal, und das günstige Urtheil des Rittmeisters vollkommen recht¬
fertigte. Ich dirigirte mich auf Chalons für Marne. Wir mochten etwa eine
Meile zurückgelegt haben, als wir an ein ziemlich großes Dorf kamen, dessen
Eingang wir kaum passirt hatten, als eine Menge Bauern, wohl 13—20 Mann
zusammenliefen, die uns den Weg versperren wollten. Ich rief ihnen zu, uns
durchzulassen. Sie aber gehorchten nicht nur nicht, sondern einer von ihnen
trat vor und wollte mich examiniren. Ich befahl nochmals. Platz zu machen,
und da sie unentschlossen zögerten, zog ich meinen Säbel und sprengte im
Galopp mitten auf sie zu; sie fuhren auseinander, ich rief meinen Leuten zu,
die Pferde anzutreiben, und so kamen wir hindurch. Nun ging es vorwärts,
was die Pferde laufen konnten, womit nicht eher aufgehört wurde, als bis
wir das Dorf weit hinter uns hatten. Da sah ich Vor mir Artillerie marschiren;
ich eilte, sie zu erreichen; es war ein Munitionstransport von etwa zwanzig Wagen
unter der Führung eines Hauptmanns v. Ziegler und einer Bedeckung von etwa
fünfundzwanzig Reitern von dem in Königsberg neu errichteten National-Husaren-
regunent. Ich meldete mich bei dem Hauptmann und bat ihn, mich ihm an¬
schließen zu dürfen; er gestattete dies sehr gern, klagte, daß er keinen Offizier
bei seiner schwachen Bedeckung habe, und fragte mich, ob ich bei ihm bleiben
und das Commando über die Husaren übernehmen wolle? Daß ich dies mit
Freuden annahm, kann man sich denken. Der Hauptmann ging auch nach
Chalons, und ich war glücklich, nun nicht mehr allein zu sein, ein Commando
zu haben und nicht mehr besorgen zu müssen, von den aufgestandenen Bauern
todtgcschlcigen zu werden.
So.kamen wir denn nach Vitry, dort war ein Oberst v. Schwicho Comman¬
dant, damals Commandeur vom 11. Reserveregiment, jetzigem 2. oberschlesischen
Ur. 23. Zu seiner Unterstützung befand sich bei ihm ein Hauptmann v. Busse,
mit welchem ich schon 1806 bei einer Füsilierbrigade gestanden und die Be¬
lagerung von Danzig mitgemacht hatte; er hatte mir schon damals viele Beweise
seines Wohlwollens gegeben und fügte hier noch einen neuen hinzu, indem er
mich dem Commandanten vorstellte und mich als einen zuverlässigen jungen
Offizier empfahl. Der Oberst fragte mich, ob ich nicht, da es ihm an Offizieren
fehle, in Vitry bleiben wolle? Ich erwiderte, daß ich das mit Freuden thun
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