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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Der Blick oft nordwärts warte', ob nicht sein Vater
Zu Hilfe zöge, doch er harrt' umsonst.
Wer überrcdt' euch da, zu Haus zu bleiben?


Und ihn! den Herrlichen!
Dies Wunderwerk von Mann verließet ihr,
Der keinem wich, von dem wicht ihr zurück,
Daß er den grausen Gott des Krieges mußte
Im Nachtheil schauen.


Drum nie, o nie! thut seinem Geist die Schmach,
Daß ihr auf eure Ehre strenger haltet
Mit Andern als mit ihm: laßt sie für sich.
Der Marschall und der Erzbischof sind stark;
Wenn mein Geliebter halb die Zahl nur hatte,
So könnt' ich heut, an Heißsporns Nacken hängend,
Von Monmouths Grabe reden.


Wenn sie dem König Boden abgewinnen,
So schließt euch an, wie eine Ribb' aus Stahl,
Die Stärke mehr zu stärken; aber erst,
Um unser aller Liebe willen, laßt
Sie sich versuchen.

Zwei Motive also sollen Northumberland zum Bleiben bewegen: das erste
an sich seltsam, aber in dem Munde der Wittwe Percys wirkungsvoll; er soll
seine jetzigen Bundesgenossen nicht mit größerer Energie unterstützen als seinen
großen Sohn; das zweite staatsmännisch, er soll die Rebellion erstarken lassen,
ehe er sich ihr in die Arme wirft. Northumberland, von vornherein geneigt, wie
es scheint, sich überreden zu lassen, erklärt seinen Entschluß, nach Schottland
sich zu wenden und dort abzuwarten," bis Zeit und Vortheil andern Rath er¬
theilen." IV, 4 kommt dann die Nachricht, kurz und bündig, daß der Graf
Northumberland, der sich also dennoch hat fortreißen lassen, besiegt sei. Ist
das alles nicht wohl zusammenhängend, sorgfältig motivirt? Dingelstedt ist es
nicht so erschienen und er hat neben den angeführten Worten der Lady Percy
ein großes Stück ete suo eingefügt. Zunächst läßt er dieselbe ihren Beweg¬
gründen noch die Erzählung eines Traums hinzufügen: sie träumte die Leiche
Percys zu sehen mit zersprungenem Schild, und der Sprung ging mitten durch
den Wahlspruch des Hauses Northumberland: LLperanee. Und der todte
Percy öffnete zu warnenden Worten seinen Mund: "Der den Percy besiegt,
der werde von keinem Menschen besiegt werden." Und die aufgehende Sonne
trug das Antlitz des Siegers, des Prinzen Heinrich von Wales. Daraufläßt
Dingelstedt die Lady abgehen, und es folgt eine ebenfalls von ihm hinzugefügte


13"

Der Blick oft nordwärts warte', ob nicht sein Vater
Zu Hilfe zöge, doch er harrt' umsonst.
Wer überrcdt' euch da, zu Haus zu bleiben?


Und ihn! den Herrlichen!
Dies Wunderwerk von Mann verließet ihr,
Der keinem wich, von dem wicht ihr zurück,
Daß er den grausen Gott des Krieges mußte
Im Nachtheil schauen.


Drum nie, o nie! thut seinem Geist die Schmach,
Daß ihr auf eure Ehre strenger haltet
Mit Andern als mit ihm: laßt sie für sich.
Der Marschall und der Erzbischof sind stark;
Wenn mein Geliebter halb die Zahl nur hatte,
So könnt' ich heut, an Heißsporns Nacken hängend,
Von Monmouths Grabe reden.


Wenn sie dem König Boden abgewinnen,
So schließt euch an, wie eine Ribb' aus Stahl,
Die Stärke mehr zu stärken; aber erst,
Um unser aller Liebe willen, laßt
Sie sich versuchen.

Zwei Motive also sollen Northumberland zum Bleiben bewegen: das erste
an sich seltsam, aber in dem Munde der Wittwe Percys wirkungsvoll; er soll
seine jetzigen Bundesgenossen nicht mit größerer Energie unterstützen als seinen
großen Sohn; das zweite staatsmännisch, er soll die Rebellion erstarken lassen,
ehe er sich ihr in die Arme wirft. Northumberland, von vornherein geneigt, wie
es scheint, sich überreden zu lassen, erklärt seinen Entschluß, nach Schottland
sich zu wenden und dort abzuwarten," bis Zeit und Vortheil andern Rath er¬
theilen." IV, 4 kommt dann die Nachricht, kurz und bündig, daß der Graf
Northumberland, der sich also dennoch hat fortreißen lassen, besiegt sei. Ist
das alles nicht wohl zusammenhängend, sorgfältig motivirt? Dingelstedt ist es
nicht so erschienen und er hat neben den angeführten Worten der Lady Percy
ein großes Stück ete suo eingefügt. Zunächst läßt er dieselbe ihren Beweg¬
gründen noch die Erzählung eines Traums hinzufügen: sie träumte die Leiche
Percys zu sehen mit zersprungenem Schild, und der Sprung ging mitten durch
den Wahlspruch des Hauses Northumberland: LLperanee. Und der todte
Percy öffnete zu warnenden Worten seinen Mund: „Der den Percy besiegt,
der werde von keinem Menschen besiegt werden." Und die aufgehende Sonne
trug das Antlitz des Siegers, des Prinzen Heinrich von Wales. Daraufläßt
Dingelstedt die Lady abgehen, und es folgt eine ebenfalls von ihm hinzugefügte


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[0109] Der Blick oft nordwärts warte', ob nicht sein Vater Zu Hilfe zöge, doch er harrt' umsonst. Wer überrcdt' euch da, zu Haus zu bleiben? Und ihn! den Herrlichen! Dies Wunderwerk von Mann verließet ihr, Der keinem wich, von dem wicht ihr zurück, Daß er den grausen Gott des Krieges mußte Im Nachtheil schauen. Drum nie, o nie! thut seinem Geist die Schmach, Daß ihr auf eure Ehre strenger haltet Mit Andern als mit ihm: laßt sie für sich. Der Marschall und der Erzbischof sind stark; Wenn mein Geliebter halb die Zahl nur hatte, So könnt' ich heut, an Heißsporns Nacken hängend, Von Monmouths Grabe reden. Wenn sie dem König Boden abgewinnen, So schließt euch an, wie eine Ribb' aus Stahl, Die Stärke mehr zu stärken; aber erst, Um unser aller Liebe willen, laßt Sie sich versuchen. Zwei Motive also sollen Northumberland zum Bleiben bewegen: das erste an sich seltsam, aber in dem Munde der Wittwe Percys wirkungsvoll; er soll seine jetzigen Bundesgenossen nicht mit größerer Energie unterstützen als seinen großen Sohn; das zweite staatsmännisch, er soll die Rebellion erstarken lassen, ehe er sich ihr in die Arme wirft. Northumberland, von vornherein geneigt, wie es scheint, sich überreden zu lassen, erklärt seinen Entschluß, nach Schottland sich zu wenden und dort abzuwarten," bis Zeit und Vortheil andern Rath er¬ theilen." IV, 4 kommt dann die Nachricht, kurz und bündig, daß der Graf Northumberland, der sich also dennoch hat fortreißen lassen, besiegt sei. Ist das alles nicht wohl zusammenhängend, sorgfältig motivirt? Dingelstedt ist es nicht so erschienen und er hat neben den angeführten Worten der Lady Percy ein großes Stück ete suo eingefügt. Zunächst läßt er dieselbe ihren Beweg¬ gründen noch die Erzählung eines Traums hinzufügen: sie träumte die Leiche Percys zu sehen mit zersprungenem Schild, und der Sprung ging mitten durch den Wahlspruch des Hauses Northumberland: LLperanee. Und der todte Percy öffnete zu warnenden Worten seinen Mund: „Der den Percy besiegt, der werde von keinem Menschen besiegt werden." Und die aufgehende Sonne trug das Antlitz des Siegers, des Prinzen Heinrich von Wales. Daraufläßt Dingelstedt die Lady abgehen, und es folgt eine ebenfalls von ihm hinzugefügte 13"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/109>, abgerufen am 24.07.2024.