Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.und dem endlichen Siege noch ferner. Aber man braucht nicht weit in die und dem endlichen Siege noch ferner. Aber man braucht nicht weit in die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188077"/> <p xml:id="ID_123" prev="#ID_122"> und dem endlichen Siege noch ferner. Aber man braucht nicht weit in die<lb/> Vergangenheit zurückzugehen, um sich von den gemachten großen Fortschritten<lb/> zu überzeugen. Zum ersten Mal gibt es jetzt in Bayern eine in den meisten<lb/> Provinzen vertretene active Bundesstaatspartei. Ein paar der bedeutendsten<lb/> Städte des Landes versprechen in ihrem Sinne zu wählen. Bon der inländi¬<lb/> schen Presse gehören zwar nur einige Localzeitungen zu ihr, seit die Süddeutsche<lb/> Zeitung sich in Frankfurt am Main mit der ehemaligen „Zeit" verschmolzen<lb/> hat; aber auch die Süddeutsche Zeitung ist neben ihrer allgemeinen Bedeutung<lb/> noch immer als ein bayerisches Blatt zu betrachten. Wenn einem einzelnen<lb/> Manne bei dieser stetig fortschreitenden Umwandlung ein hervorragendes Ver¬<lb/> dienst zukommt, so ist es der ursprüngliche Gründer der Süddeutschen Zeitung,<lb/> der frühere Bürgermeister von Nördlingen und Mitherausgeber des bluntschli-<lb/> schen Staatöwörterbuchs Karl Brater. Hätte er bei dem schwierigen und mühe¬<lb/> vollen Unternehmen einer Zeitungsgründung im feindlichen Lager nicht leider<lb/> einen guten Theil seiner Gesundheit zugesetzt, so würde die bayerische Fortschritts¬<lb/> partei an ihm einen allen Prüfungen gewachsenen Führer haben. Es ist ein<lb/> öffentliches Geheimniß, daß er die eigentliche Feder des Nationalvereins ist,<lb/> dessen politische Jahresberichte, gleichwie die Mehrzahl seiner Erklärungen über<lb/> Tagesfragen von Braters Hand sind. Aber der bloße Eintritt schon war ein<lb/> Act unerschrockenen Muthes und gleichzeitig kühler Ueberlegung, dessen nicht<lb/> Viele fähig gewesen wären. Barth und Volk wagten nicht desgleichen zu thun,<lb/> obwohl sie inmitten einer ungleich bessergesinnten Bevölkerung lebten; und<lb/> Cramer, der den Schritt anthat, konnte ihn seiner localen und politischen Stel¬<lb/> lung nach bei weitem eher thun. Konnte Brater doch kaum eine Miethwohnung<lb/> in ganz München finden, als es ruchbar geworden war, daß er dem „Preußen¬<lb/> verein" beigetreten! Aber ein kurzes Jahr genügte, um der von ihm geleiteten<lb/> Zeitung selbst in München Achtung und ängstliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.<lb/> Freilich war diese Thätigkeit so aufreibend, daß er nach dntthalb Jahren dar¬<lb/> auf verzichten mußte, selbst zu redigiren, wo dann die Verlegung nach Frank¬<lb/> furt zu einer factischen Nothwendigkeit wurde. Seine schwankende Gesundheit<lb/> hat Brater nicht abgehalten, jetzt die Leitung des Wahlfeldzugs zu übernehmen.<lb/> Es fand sich kein anderer tauglicher Mann, und so trat er, von seinem leben¬<lb/> digen Pflichtgefühl gedrängt, in die Lücke. Man sagt nicht zu viel, wenn man<lb/> prophezeit, daß unter seiner ebenso taktvollen als energischen Leitung die Wah¬<lb/> len für die deutsche Fortschrittspartei ein so gutes Ergebniß liefern werde»,<lb/> wie es unter den gegebenen widerwärtigen Umständen irgend möglich ist. Eine<lb/> nächste Neuwahl mag dann in besseren Tagen den Rest thun.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
und dem endlichen Siege noch ferner. Aber man braucht nicht weit in die
Vergangenheit zurückzugehen, um sich von den gemachten großen Fortschritten
zu überzeugen. Zum ersten Mal gibt es jetzt in Bayern eine in den meisten
Provinzen vertretene active Bundesstaatspartei. Ein paar der bedeutendsten
Städte des Landes versprechen in ihrem Sinne zu wählen. Bon der inländi¬
schen Presse gehören zwar nur einige Localzeitungen zu ihr, seit die Süddeutsche
Zeitung sich in Frankfurt am Main mit der ehemaligen „Zeit" verschmolzen
hat; aber auch die Süddeutsche Zeitung ist neben ihrer allgemeinen Bedeutung
noch immer als ein bayerisches Blatt zu betrachten. Wenn einem einzelnen
Manne bei dieser stetig fortschreitenden Umwandlung ein hervorragendes Ver¬
dienst zukommt, so ist es der ursprüngliche Gründer der Süddeutschen Zeitung,
der frühere Bürgermeister von Nördlingen und Mitherausgeber des bluntschli-
schen Staatöwörterbuchs Karl Brater. Hätte er bei dem schwierigen und mühe¬
vollen Unternehmen einer Zeitungsgründung im feindlichen Lager nicht leider
einen guten Theil seiner Gesundheit zugesetzt, so würde die bayerische Fortschritts¬
partei an ihm einen allen Prüfungen gewachsenen Führer haben. Es ist ein
öffentliches Geheimniß, daß er die eigentliche Feder des Nationalvereins ist,
dessen politische Jahresberichte, gleichwie die Mehrzahl seiner Erklärungen über
Tagesfragen von Braters Hand sind. Aber der bloße Eintritt schon war ein
Act unerschrockenen Muthes und gleichzeitig kühler Ueberlegung, dessen nicht
Viele fähig gewesen wären. Barth und Volk wagten nicht desgleichen zu thun,
obwohl sie inmitten einer ungleich bessergesinnten Bevölkerung lebten; und
Cramer, der den Schritt anthat, konnte ihn seiner localen und politischen Stel¬
lung nach bei weitem eher thun. Konnte Brater doch kaum eine Miethwohnung
in ganz München finden, als es ruchbar geworden war, daß er dem „Preußen¬
verein" beigetreten! Aber ein kurzes Jahr genügte, um der von ihm geleiteten
Zeitung selbst in München Achtung und ängstliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Freilich war diese Thätigkeit so aufreibend, daß er nach dntthalb Jahren dar¬
auf verzichten mußte, selbst zu redigiren, wo dann die Verlegung nach Frank¬
furt zu einer factischen Nothwendigkeit wurde. Seine schwankende Gesundheit
hat Brater nicht abgehalten, jetzt die Leitung des Wahlfeldzugs zu übernehmen.
Es fand sich kein anderer tauglicher Mann, und so trat er, von seinem leben¬
digen Pflichtgefühl gedrängt, in die Lücke. Man sagt nicht zu viel, wenn man
prophezeit, daß unter seiner ebenso taktvollen als energischen Leitung die Wah¬
len für die deutsche Fortschrittspartei ein so gutes Ergebniß liefern werde»,
wie es unter den gegebenen widerwärtigen Umständen irgend möglich ist. Eine
nächste Neuwahl mag dann in besseren Tagen den Rest thun.
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