Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.vorgeschlagene Strafnovelle gegen die Unbilden der Presse nicht genug ge¬ Am ehesten vernachlässigt schien Pillcrsdorff die politische Stellung des Ueber den eigentlichen Grund. warum in dem so gut organisirten. blü¬ vorgeschlagene Strafnovelle gegen die Unbilden der Presse nicht genug ge¬ Am ehesten vernachlässigt schien Pillcrsdorff die politische Stellung des Ueber den eigentlichen Grund. warum in dem so gut organisirten. blü¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0033" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188060"/> <p xml:id="ID_78" prev="#ID_77"> vorgeschlagene Strafnovelle gegen die Unbilden der Presse nicht genug ge¬<lb/> sichert glaubt.</p><lb/> <p xml:id="ID_79"> Am ehesten vernachlässigt schien Pillcrsdorff die politische Stellung des<lb/> Adels, der seit den ältesten Zeiten berufen, den öffentlichen Interessen Theil¬<lb/> nahme zu widmen, dadurch in der Achtung zu steigen und die Regierung zu<lb/> stützen. Durch ihn und den Mittelstand, dessen Mitwirkung infolge seiner<lb/> Fortschritte in Bildung. Wohlstand und Einfluß nun einmal nicht mehr ent¬<lb/> behrt werden kann, sollte das ständische Institut wieder in Aufnahme kommen,<lb/> dem er Theilnahme an der Gesetzgebung. Steuerbewilligung und Petitionsrecht<lb/> einräumt. Dessen Assimilirung in den verschiedenen Ländern konnte zu ihrer<lb/> Verschmelzung und in ihrem letzten Stadium zum Einheitsstaat- fuhren. den<lb/> die hellsehcndsten Regenten Oestreichs stets als ihre wichtigste Aufgabe ansahen.<lb/> Die Stände glaubte man auch in der Februarverfassung nicht entbehren zu<lb/> können, denn die Interessenvertretung mit einer obligaten Anzahl von Würde¬<lb/> trägern und den Vertretern bestimmter Steuerclassen ist eben um eine der mo¬<lb/> dernen Gesellschaft angepaßte Form erweiterter Vorrechte, das Sicherheitsventil<lb/> gegen demokratische Gelüste. Daß in früheren Jahren Pillcrsdorff und selbst<lb/> Brück über jenes Ideal nicht hinausgingen, letztlich aber auch Schmerling daran<lb/> festhielt, zeigt nur, daß sich die östreichische Staatskunst von gewissen Traditionen<lb/> nicht loszuschälen vermag. Dazu gesellt sich noch die stabile Anschauung<lb/> über den einzig möglichen Weg einer innigen Verbindung Oestreichs mit<lb/> Deutschland. Mit einigen Nuancen mehr oder weniger sind seit dem Schöpfer<lb/> der deutschen Bundes- und wiener Schlußacte alle östreichischen Premiers darüber<lb/> nnig. daß die Wahrung der deutschen Interessen, der Industrie und des Han¬<lb/> dels. der politischen Rechte und Freiheiten, ja selbst des europäischen Gleich¬<lb/> gewichtes nur in der einmal gegebenen Form möglich sei. Die inneren An¬<lb/> gelegenheiten mögen selbständige und unabhängige Landesregierungen regeln,<lb/> des Gefüges Krone ist aber die östreichische Spitze, sie besteht nach Pillcrsdorff<lb/> ..in einer innigen Verschmelzung der zwei großen Ländcrcomplcxe ohne Vor¬<lb/> behalt und ohne willkürliche Ausscheidung und Sprachverschiedcnheiten."</p><lb/> <p xml:id="ID_80" next="#ID_81"> Ueber den eigentlichen Grund. warum in dem so gut organisirten. blü¬<lb/> henden und in immerwährendem Fortschritt begriffenen Oestreich die. Revo¬<lb/> lution sich ooch lawinenartig überstürzte, weiß uns Pillcrsdorff wenig Auf¬<lb/> schluß zu geben. Nicht die freie Presse, nicht Associationen, nicht die Macht<lb/> kühnen Wortes gesetzlicher Vertreter des Landes führten den Sturz der<lb/> 'Ulm Regierungsmasckine herbei. Sie erlag ohne Kvmpf und Widerstand<lb/> ^r eigenen Ohnmacht „Der improvisirte Versuch einer abgelebten ständischen<lb/> Institution gedrängt von dem kühnen Muthe einer begeisterten Jugend reichte<lb/> bin eine Regierung zu entwaffnen, ehe sie über die eigenen Mittel ihrer Ver¬<lb/> theidigung zu Rathe gehen konnte." In weiterem Verlaufe wuchs nach dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
vorgeschlagene Strafnovelle gegen die Unbilden der Presse nicht genug ge¬
sichert glaubt.
Am ehesten vernachlässigt schien Pillcrsdorff die politische Stellung des
Adels, der seit den ältesten Zeiten berufen, den öffentlichen Interessen Theil¬
nahme zu widmen, dadurch in der Achtung zu steigen und die Regierung zu
stützen. Durch ihn und den Mittelstand, dessen Mitwirkung infolge seiner
Fortschritte in Bildung. Wohlstand und Einfluß nun einmal nicht mehr ent¬
behrt werden kann, sollte das ständische Institut wieder in Aufnahme kommen,
dem er Theilnahme an der Gesetzgebung. Steuerbewilligung und Petitionsrecht
einräumt. Dessen Assimilirung in den verschiedenen Ländern konnte zu ihrer
Verschmelzung und in ihrem letzten Stadium zum Einheitsstaat- fuhren. den
die hellsehcndsten Regenten Oestreichs stets als ihre wichtigste Aufgabe ansahen.
Die Stände glaubte man auch in der Februarverfassung nicht entbehren zu
können, denn die Interessenvertretung mit einer obligaten Anzahl von Würde¬
trägern und den Vertretern bestimmter Steuerclassen ist eben um eine der mo¬
dernen Gesellschaft angepaßte Form erweiterter Vorrechte, das Sicherheitsventil
gegen demokratische Gelüste. Daß in früheren Jahren Pillcrsdorff und selbst
Brück über jenes Ideal nicht hinausgingen, letztlich aber auch Schmerling daran
festhielt, zeigt nur, daß sich die östreichische Staatskunst von gewissen Traditionen
nicht loszuschälen vermag. Dazu gesellt sich noch die stabile Anschauung
über den einzig möglichen Weg einer innigen Verbindung Oestreichs mit
Deutschland. Mit einigen Nuancen mehr oder weniger sind seit dem Schöpfer
der deutschen Bundes- und wiener Schlußacte alle östreichischen Premiers darüber
nnig. daß die Wahrung der deutschen Interessen, der Industrie und des Han¬
dels. der politischen Rechte und Freiheiten, ja selbst des europäischen Gleich¬
gewichtes nur in der einmal gegebenen Form möglich sei. Die inneren An¬
gelegenheiten mögen selbständige und unabhängige Landesregierungen regeln,
des Gefüges Krone ist aber die östreichische Spitze, sie besteht nach Pillcrsdorff
..in einer innigen Verschmelzung der zwei großen Ländcrcomplcxe ohne Vor¬
behalt und ohne willkürliche Ausscheidung und Sprachverschiedcnheiten."
Ueber den eigentlichen Grund. warum in dem so gut organisirten. blü¬
henden und in immerwährendem Fortschritt begriffenen Oestreich die. Revo¬
lution sich ooch lawinenartig überstürzte, weiß uns Pillcrsdorff wenig Auf¬
schluß zu geben. Nicht die freie Presse, nicht Associationen, nicht die Macht
kühnen Wortes gesetzlicher Vertreter des Landes führten den Sturz der
'Ulm Regierungsmasckine herbei. Sie erlag ohne Kvmpf und Widerstand
^r eigenen Ohnmacht „Der improvisirte Versuch einer abgelebten ständischen
Institution gedrängt von dem kühnen Muthe einer begeisterten Jugend reichte
bin eine Regierung zu entwaffnen, ehe sie über die eigenen Mittel ihrer Ver¬
theidigung zu Rathe gehen konnte." In weiterem Verlaufe wuchs nach dem
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