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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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denn auch, nach einigen Zwischenfällen, am 22. März 1832 eine Vernehmung
des Professor Türk durch den Criminaldirector Bolle. Der Letztere suchte aus
einem bei Türk vorgefundenen Briefe des or. Trittau in Hamburg das Ver¬
brechen des versuchten Hochverrats, welchen Türk durch Nichtanzeige begangen
haben sollte, herzuleiten. Es bedürfte erst einer neuen Beschwerde beim Ober¬
appellationsgericht, um den zwei Jahre lang mit größter Hartnäckigkeit fort¬
gesetzten Bestrebungen Volkes, die Mitglieder der Linken der früheren Ab¬
geordnetenkammer wegen Hochverraths unter Anklage zu bringen, endlich ein
Ziel zu setzen. Durch ein Decret des Oberappellationsgerichts vom 12. Juli
1862 ward auch dieser letzte Versuch vereitelt. Durch dasselbe ward die ein¬
geleitete Untersuchung aufgehoben, nunmehr auch die einstweilen noch zurück¬
behaltener Papiere binnen acht Tagen bei Strafe der gestractesten Execution,
herauszugeben, so wie die durch die Querel erwachsenen Kosten binnen gleicher
Frist und bei gleicher Strafe zu erstatten.

Herr v. Schröter war durch diesen Ausgang seh>,' unangenehm berührt. Er
hatte acht Tage nach der großen Razzia des 25. Juli 1850 in seinem Blatt,
dem "Nordd. Corr." (Ur. 183) erklären lassen, daß der Inhalt der aufgefundenen
Papiere die in Untersuchung gezogenen Personen auf das Schwerste compromit-
tire. Der Artikel beweist, mit welchem Eifer der Minister sich für das Ge¬
lingen des von Bolle übernommenen Auftrages interessirte und wie emsig er
schon selbst in den Papieren herumgestöbert haben mußte. Wegen des Lichtes,
welches er auf die Stellung des Herrn v. Schröter zu der Sache wirft, wollen
wir ihm hier die Ehre eines vollständigen Abdrucks erweisen. Der Ar¬
tikel lautet:

"Es lag in der bekannten Taktik der demokratischen Presse, die Nachrichten
von den bei den mehrsten Mitgliedern der Linken vorgenommenen Haussuchungen
mit der dreisten Behauptung zu begleiten, daß dieselben zu keinem Resultat ge¬
führt. Die Voreiligkeit und Absichtlichkeit dieser Angaben konnte keinen Sach¬
verständigen täuschen, dem der Umstand bekannt geworden war, daß die Masse
der vorgefundenen verdächtigen Papiere von einem Umfange gewesen, der gar
kein sofortiges Urtheil über die Erheblichkeit ihres Inhaltes gestattet hatte.
Vielmehr war erst ein bedeutender Aufwand von Zeit und Kräften zu der
demnächstigen Durchforschung dieser Massen erforderlich. Nachdem diese bewirkt
Worden, hat sich ein ganz entgegengesetzter Erfolg herausgestellt. Es sind nicht
allein die gesuchten Aufschlüsse über die specielle in Frage stehende Untersuchung
wirklich gefunden worden, sondern es ist auch ein überaus reichhaltiges ander¬
weitiges Material in die Hände des Untersuchungsgerichts gefallen, dessen
Früchte die Zukunft enthüllen wird. Mecklenburg würde staunen und schau¬
dern, wenn diese Zeugnisse von dem, was in und außer ihm vorgegangen ist,
schon jetzt vor ihm aufgedeckt werden könnten."


denn auch, nach einigen Zwischenfällen, am 22. März 1832 eine Vernehmung
des Professor Türk durch den Criminaldirector Bolle. Der Letztere suchte aus
einem bei Türk vorgefundenen Briefe des or. Trittau in Hamburg das Ver¬
brechen des versuchten Hochverrats, welchen Türk durch Nichtanzeige begangen
haben sollte, herzuleiten. Es bedürfte erst einer neuen Beschwerde beim Ober¬
appellationsgericht, um den zwei Jahre lang mit größter Hartnäckigkeit fort¬
gesetzten Bestrebungen Volkes, die Mitglieder der Linken der früheren Ab¬
geordnetenkammer wegen Hochverraths unter Anklage zu bringen, endlich ein
Ziel zu setzen. Durch ein Decret des Oberappellationsgerichts vom 12. Juli
1862 ward auch dieser letzte Versuch vereitelt. Durch dasselbe ward die ein¬
geleitete Untersuchung aufgehoben, nunmehr auch die einstweilen noch zurück¬
behaltener Papiere binnen acht Tagen bei Strafe der gestractesten Execution,
herauszugeben, so wie die durch die Querel erwachsenen Kosten binnen gleicher
Frist und bei gleicher Strafe zu erstatten.

Herr v. Schröter war durch diesen Ausgang seh>,' unangenehm berührt. Er
hatte acht Tage nach der großen Razzia des 25. Juli 1850 in seinem Blatt,
dem „Nordd. Corr." (Ur. 183) erklären lassen, daß der Inhalt der aufgefundenen
Papiere die in Untersuchung gezogenen Personen auf das Schwerste compromit-
tire. Der Artikel beweist, mit welchem Eifer der Minister sich für das Ge¬
lingen des von Bolle übernommenen Auftrages interessirte und wie emsig er
schon selbst in den Papieren herumgestöbert haben mußte. Wegen des Lichtes,
welches er auf die Stellung des Herrn v. Schröter zu der Sache wirft, wollen
wir ihm hier die Ehre eines vollständigen Abdrucks erweisen. Der Ar¬
tikel lautet:

„Es lag in der bekannten Taktik der demokratischen Presse, die Nachrichten
von den bei den mehrsten Mitgliedern der Linken vorgenommenen Haussuchungen
mit der dreisten Behauptung zu begleiten, daß dieselben zu keinem Resultat ge¬
führt. Die Voreiligkeit und Absichtlichkeit dieser Angaben konnte keinen Sach¬
verständigen täuschen, dem der Umstand bekannt geworden war, daß die Masse
der vorgefundenen verdächtigen Papiere von einem Umfange gewesen, der gar
kein sofortiges Urtheil über die Erheblichkeit ihres Inhaltes gestattet hatte.
Vielmehr war erst ein bedeutender Aufwand von Zeit und Kräften zu der
demnächstigen Durchforschung dieser Massen erforderlich. Nachdem diese bewirkt
Worden, hat sich ein ganz entgegengesetzter Erfolg herausgestellt. Es sind nicht
allein die gesuchten Aufschlüsse über die specielle in Frage stehende Untersuchung
wirklich gefunden worden, sondern es ist auch ein überaus reichhaltiges ander¬
weitiges Material in die Hände des Untersuchungsgerichts gefallen, dessen
Früchte die Zukunft enthüllen wird. Mecklenburg würde staunen und schau¬
dern, wenn diese Zeugnisse von dem, was in und außer ihm vorgegangen ist,
schon jetzt vor ihm aufgedeckt werden könnten."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/308>, abgerufen am 20.10.2024.