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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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Kattune von bestimmten Mustern mit der Zeit beträchtlichen Absatz finden', da
der hiesige Baumwollenbau nicht von Bedeutung ist; ferner Glas. Teppiche,
Decken und Drogucn. Letztere werden schon jetzt in großen Quantitäten im-
portirt. Teppiche und Decken erfordern lebhafte Muster und quadratische Form;
auch dürfen sie nicht zu theuer sein. Plüschteppiche liefert England und macht
gute Geschäfte damit.

Von höchster Wichtigkeit kann endlich Japan für die deutsche Schifffahrt
werden. Wie bekannt, ist bei weitem der größte Theil der Küstenschiffahrt
Chinas in den Händen deutscher Rheder; mehr als zweihundert Fahrzeuge aus
Hamburg, Bremen, Oldenburg, Hannover und Mecklenburg fahren das ganze
Jahr hindurch für. chinesische Kaufleute, und ihr Anlagecapital verzinst sich
hierbei aus durchschnittlich fünfzig Procent. Ein Handels- und Schifffahrts¬
vertrag Preußens mit China hat diese Vortheile für alle Schiffe aus Zoll¬
vereinsstaaten sicher gestellt. Mißlang es dem Grafen Eulenburg, den preußi¬
schen Vertrag mit Japan auf ganz Deutschland auszudehnen, so ist diese Be¬
schränkung von keiner Erheblichkeit. Selbst wenn die deutschen Schiffe nicht
die preußische Flagge führen wollten und infolge dessen für die nächsten Jahre
von der Verbindung mit Japan ausgeschlossen blieben, könnte dies nur kurze
Zeit währen. Schon zur Wahrung der materiellen Interessen werden sich die
deutschen Fürsten über kurz oder lang genöthigt sehen, eine allen seefahrenden
Deutschen gemeinsame Flagge zu schaffen, und die japanische Regierung wird,
wenn Preußen mit dieser Flagge erscheint, der ursprünglichen Fassung des Ver¬
trags ihre Zustimmung nicht mehr versagen. Die deutsche Schifffahrt wird
dann sicher auch in Japan die Concurrenz andrer Nationen allmälig aus dem
Felde schlagen.

Mit dem Jahre 1863 sollte nach den Verträgen der Hafen von Osaka
dem Verkehr mit den Fremden geöffnet werden, und alle Kenner des Landes
erwarteten schon von dieser Maßregel einen höchst bedeutenden Aufschwung des
Handels. Osaka ist mit seinen hunderttausend Einwohnern eine der wichtigsten
Städte des Reiches und durch seine Lage vorzüglich geeignet, Haupthandels¬
platz von Japan zu werden. Es liegt zwischen Nangasaki und Jeddo an dem
Binnenmeere, welches durch die Inseln Kiusiu, Sikokf und Nipon gebildet
wird, und nur drei Meilen von Miako, der Residenz des Dairi oder Mikado
entfernt. Von Miako aber hat sich die Civilisation über Japan verbreitet, und
die alte Metropole gilt noch immer als der Mittelpunkt des Culturlebens der
Nation. Alles, was von besondrer Güte, besonders feiner Arbeit ist in den
Läden der Küstenstädte, kommt von Miako, so die besten Lacksachen, die schön¬
sten Seidenstoffe, die kostbarsten und anmuthigsten Bronzevasen. Bis jetzt our"
den diese Dinge größtentheils über Land von Miako nach Nangasaki, Jokuhama
und Jeddo gebracht, und der Transport vertheuerte ihren Preis um min-


Grcnzboten II. 1863. 34

Kattune von bestimmten Mustern mit der Zeit beträchtlichen Absatz finden', da
der hiesige Baumwollenbau nicht von Bedeutung ist; ferner Glas. Teppiche,
Decken und Drogucn. Letztere werden schon jetzt in großen Quantitäten im-
portirt. Teppiche und Decken erfordern lebhafte Muster und quadratische Form;
auch dürfen sie nicht zu theuer sein. Plüschteppiche liefert England und macht
gute Geschäfte damit.

Von höchster Wichtigkeit kann endlich Japan für die deutsche Schifffahrt
werden. Wie bekannt, ist bei weitem der größte Theil der Küstenschiffahrt
Chinas in den Händen deutscher Rheder; mehr als zweihundert Fahrzeuge aus
Hamburg, Bremen, Oldenburg, Hannover und Mecklenburg fahren das ganze
Jahr hindurch für. chinesische Kaufleute, und ihr Anlagecapital verzinst sich
hierbei aus durchschnittlich fünfzig Procent. Ein Handels- und Schifffahrts¬
vertrag Preußens mit China hat diese Vortheile für alle Schiffe aus Zoll¬
vereinsstaaten sicher gestellt. Mißlang es dem Grafen Eulenburg, den preußi¬
schen Vertrag mit Japan auf ganz Deutschland auszudehnen, so ist diese Be¬
schränkung von keiner Erheblichkeit. Selbst wenn die deutschen Schiffe nicht
die preußische Flagge führen wollten und infolge dessen für die nächsten Jahre
von der Verbindung mit Japan ausgeschlossen blieben, könnte dies nur kurze
Zeit währen. Schon zur Wahrung der materiellen Interessen werden sich die
deutschen Fürsten über kurz oder lang genöthigt sehen, eine allen seefahrenden
Deutschen gemeinsame Flagge zu schaffen, und die japanische Regierung wird,
wenn Preußen mit dieser Flagge erscheint, der ursprünglichen Fassung des Ver¬
trags ihre Zustimmung nicht mehr versagen. Die deutsche Schifffahrt wird
dann sicher auch in Japan die Concurrenz andrer Nationen allmälig aus dem
Felde schlagen.

Mit dem Jahre 1863 sollte nach den Verträgen der Hafen von Osaka
dem Verkehr mit den Fremden geöffnet werden, und alle Kenner des Landes
erwarteten schon von dieser Maßregel einen höchst bedeutenden Aufschwung des
Handels. Osaka ist mit seinen hunderttausend Einwohnern eine der wichtigsten
Städte des Reiches und durch seine Lage vorzüglich geeignet, Haupthandels¬
platz von Japan zu werden. Es liegt zwischen Nangasaki und Jeddo an dem
Binnenmeere, welches durch die Inseln Kiusiu, Sikokf und Nipon gebildet
wird, und nur drei Meilen von Miako, der Residenz des Dairi oder Mikado
entfernt. Von Miako aber hat sich die Civilisation über Japan verbreitet, und
die alte Metropole gilt noch immer als der Mittelpunkt des Culturlebens der
Nation. Alles, was von besondrer Güte, besonders feiner Arbeit ist in den
Läden der Küstenstädte, kommt von Miako, so die besten Lacksachen, die schön¬
sten Seidenstoffe, die kostbarsten und anmuthigsten Bronzevasen. Bis jetzt our»
den diese Dinge größtentheils über Land von Miako nach Nangasaki, Jokuhama
und Jeddo gebracht, und der Transport vertheuerte ihren Preis um min-


Grcnzboten II. 1863. 34
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[0269] Kattune von bestimmten Mustern mit der Zeit beträchtlichen Absatz finden', da der hiesige Baumwollenbau nicht von Bedeutung ist; ferner Glas. Teppiche, Decken und Drogucn. Letztere werden schon jetzt in großen Quantitäten im- portirt. Teppiche und Decken erfordern lebhafte Muster und quadratische Form; auch dürfen sie nicht zu theuer sein. Plüschteppiche liefert England und macht gute Geschäfte damit. Von höchster Wichtigkeit kann endlich Japan für die deutsche Schifffahrt werden. Wie bekannt, ist bei weitem der größte Theil der Küstenschiffahrt Chinas in den Händen deutscher Rheder; mehr als zweihundert Fahrzeuge aus Hamburg, Bremen, Oldenburg, Hannover und Mecklenburg fahren das ganze Jahr hindurch für. chinesische Kaufleute, und ihr Anlagecapital verzinst sich hierbei aus durchschnittlich fünfzig Procent. Ein Handels- und Schifffahrts¬ vertrag Preußens mit China hat diese Vortheile für alle Schiffe aus Zoll¬ vereinsstaaten sicher gestellt. Mißlang es dem Grafen Eulenburg, den preußi¬ schen Vertrag mit Japan auf ganz Deutschland auszudehnen, so ist diese Be¬ schränkung von keiner Erheblichkeit. Selbst wenn die deutschen Schiffe nicht die preußische Flagge führen wollten und infolge dessen für die nächsten Jahre von der Verbindung mit Japan ausgeschlossen blieben, könnte dies nur kurze Zeit währen. Schon zur Wahrung der materiellen Interessen werden sich die deutschen Fürsten über kurz oder lang genöthigt sehen, eine allen seefahrenden Deutschen gemeinsame Flagge zu schaffen, und die japanische Regierung wird, wenn Preußen mit dieser Flagge erscheint, der ursprünglichen Fassung des Ver¬ trags ihre Zustimmung nicht mehr versagen. Die deutsche Schifffahrt wird dann sicher auch in Japan die Concurrenz andrer Nationen allmälig aus dem Felde schlagen. Mit dem Jahre 1863 sollte nach den Verträgen der Hafen von Osaka dem Verkehr mit den Fremden geöffnet werden, und alle Kenner des Landes erwarteten schon von dieser Maßregel einen höchst bedeutenden Aufschwung des Handels. Osaka ist mit seinen hunderttausend Einwohnern eine der wichtigsten Städte des Reiches und durch seine Lage vorzüglich geeignet, Haupthandels¬ platz von Japan zu werden. Es liegt zwischen Nangasaki und Jeddo an dem Binnenmeere, welches durch die Inseln Kiusiu, Sikokf und Nipon gebildet wird, und nur drei Meilen von Miako, der Residenz des Dairi oder Mikado entfernt. Von Miako aber hat sich die Civilisation über Japan verbreitet, und die alte Metropole gilt noch immer als der Mittelpunkt des Culturlebens der Nation. Alles, was von besondrer Güte, besonders feiner Arbeit ist in den Läden der Küstenstädte, kommt von Miako, so die besten Lacksachen, die schön¬ sten Seidenstoffe, die kostbarsten und anmuthigsten Bronzevasen. Bis jetzt our» den diese Dinge größtentheils über Land von Miako nach Nangasaki, Jokuhama und Jeddo gebracht, und der Transport vertheuerte ihren Preis um min- Grcnzboten II. 1863. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/269>, abgerufen am 28.09.2024.