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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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ein zusammengehöriges Ganze, daß den ältesten wie den jüngsten Ablagerungen
eine beträchtliche Zahl von Arten gemeinsam ist, und daß diese Arten durch
alle Schichten hindurchgehen. Darunter sind Arten größter Häufigkeit, baum¬
artigen Wuchses, von hervorstechenden Antheil an der Waldbildung, wie die
Ahorne und Kampherbäume.

Bei Vergleichung der weit von einander entlegenen tertiären Flora aus Schich¬
ten gleichen oder doch annähernd gleichen Alters von verschiedenen Oertlich-
keiten springen zwei Thatsachen in die Augen. Zunächst die weite Verbreitung
der Pflanzen der Tertiärzeit. Die Wohnbezirke vieler tertiärer Pflanzen
sind auffallend groß, verglichen mit denen ihnen analoger moderner For¬
men. Der tertiäre (A^wtztrodus europaons ist im Samland, in Sinigaglia
(Mittelitalien), in Ost- und Mitteleuropa, wie am Frazers River im nordwest¬
lichen Amerika gesunden. Der ihm ähnliche ert^tOLtloduL NLt,in'(ii>iiMns der
Jetztzeit ist auf Nordchina und Japan beschränkt. 'Iirx<xlium äubium, wel¬
ches zur Tertiärzeit in ähnlicher Weise Wälder in Sümpfen und Morästen ge¬
bildet haben mag. wie sein heutiger Verwandter oder Nachkomme, '1'Äxoäium
cliLticlmiu am unteren Mississippi -- jenes tertiäre Taxvdium verbreitete sich von
Orenburg am Ural bis zum Frazers River in Nordwestamerika. Die tertiäre
Leciuoig. I^iigtiävi'til geht rund um den Nordpol. Sie liegt vor Von vielen
Fundorten Mitteleuropas, aus der Kirgiscnsteppc, aus Kamtschatka, Alaschka,
Vancouver-Insel bis Oregon. Ihre heutigen Gattungsgenossen, die Riesen¬
bäume Californiens, haben eine sehr begrenzte Verbreitung. Wie in diesen
Beispielen, so in noch vielen anderen Fällen. -- Zweitens aber weisen die
Eigenthümlichkeiten der einzelnen tertiären Floren aus klimatische Unterschiede
hin, auf eine von den niederen zu den Kinderen Breiten in ähnlicher Weise wie
gegenwärtig fortschreitende Abnahme der Temperatur. Der tertiären Flora von
Schoßnitz ur Schlesien, welche mit der von Oeningen etwa das gleiche Alter
hat, fehlen völlig die in letzterer so häufigen Laurineen, Mimoseen, Prvteaceen
und Myrtaceen. In den (beträchtlich älteren) Floren Samlands und des Bern¬
steins ,se erst ein einziges Blatt der Kampherbäume gefunden worden, deren
Neste in der schweizerischen Tertiärflora massenhaft vorkommen. Dagegen sind
der Bernstcinflora hochnordische Typen beigemengt, ^näiomeäa. orioMvs und
l^Mviclv-z nach Göppert mit den jetzt lebenden Arten dieses Namens genau
übereinstimmend. Die tertiäre Flora Islands, wenn auch sehr zu ihrem Vor¬
theil von der gegenwärtigen der Insel unterschieden, enthält nur Typen der
kälteren gemäßigten Zone. Das heute baumlose Land hatte zur Braunkohlen¬
zeit acht Nadelhölzer, das häufigste davon eine Sequoia; heute hat es nur den
Zwergwachholder. Es hatte hochstämmige Birken, Weiden, Ulmen, nordamerika¬
nischen Arten ähnlich; ferner die noch deutlich auf Nordamerika hinweisenden For¬
men Platan, Weinrebe, Tulpenbaum; heute zeigt es von Laubholz nur niedriges


ein zusammengehöriges Ganze, daß den ältesten wie den jüngsten Ablagerungen
eine beträchtliche Zahl von Arten gemeinsam ist, und daß diese Arten durch
alle Schichten hindurchgehen. Darunter sind Arten größter Häufigkeit, baum¬
artigen Wuchses, von hervorstechenden Antheil an der Waldbildung, wie die
Ahorne und Kampherbäume.

Bei Vergleichung der weit von einander entlegenen tertiären Flora aus Schich¬
ten gleichen oder doch annähernd gleichen Alters von verschiedenen Oertlich-
keiten springen zwei Thatsachen in die Augen. Zunächst die weite Verbreitung
der Pflanzen der Tertiärzeit. Die Wohnbezirke vieler tertiärer Pflanzen
sind auffallend groß, verglichen mit denen ihnen analoger moderner For¬
men. Der tertiäre (A^wtztrodus europaons ist im Samland, in Sinigaglia
(Mittelitalien), in Ost- und Mitteleuropa, wie am Frazers River im nordwest¬
lichen Amerika gesunden. Der ihm ähnliche ert^tOLtloduL NLt,in'(ii>iiMns der
Jetztzeit ist auf Nordchina und Japan beschränkt. 'Iirx<xlium äubium, wel¬
ches zur Tertiärzeit in ähnlicher Weise Wälder in Sümpfen und Morästen ge¬
bildet haben mag. wie sein heutiger Verwandter oder Nachkomme, '1'Äxoäium
cliLticlmiu am unteren Mississippi — jenes tertiäre Taxvdium verbreitete sich von
Orenburg am Ural bis zum Frazers River in Nordwestamerika. Die tertiäre
Leciuoig. I^iigtiävi'til geht rund um den Nordpol. Sie liegt vor Von vielen
Fundorten Mitteleuropas, aus der Kirgiscnsteppc, aus Kamtschatka, Alaschka,
Vancouver-Insel bis Oregon. Ihre heutigen Gattungsgenossen, die Riesen¬
bäume Californiens, haben eine sehr begrenzte Verbreitung. Wie in diesen
Beispielen, so in noch vielen anderen Fällen. — Zweitens aber weisen die
Eigenthümlichkeiten der einzelnen tertiären Floren aus klimatische Unterschiede
hin, auf eine von den niederen zu den Kinderen Breiten in ähnlicher Weise wie
gegenwärtig fortschreitende Abnahme der Temperatur. Der tertiären Flora von
Schoßnitz ur Schlesien, welche mit der von Oeningen etwa das gleiche Alter
hat, fehlen völlig die in letzterer so häufigen Laurineen, Mimoseen, Prvteaceen
und Myrtaceen. In den (beträchtlich älteren) Floren Samlands und des Bern¬
steins ,se erst ein einziges Blatt der Kampherbäume gefunden worden, deren
Neste in der schweizerischen Tertiärflora massenhaft vorkommen. Dagegen sind
der Bernstcinflora hochnordische Typen beigemengt, ^näiomeäa. orioMvs und
l^Mviclv-z nach Göppert mit den jetzt lebenden Arten dieses Namens genau
übereinstimmend. Die tertiäre Flora Islands, wenn auch sehr zu ihrem Vor¬
theil von der gegenwärtigen der Insel unterschieden, enthält nur Typen der
kälteren gemäßigten Zone. Das heute baumlose Land hatte zur Braunkohlen¬
zeit acht Nadelhölzer, das häufigste davon eine Sequoia; heute hat es nur den
Zwergwachholder. Es hatte hochstämmige Birken, Weiden, Ulmen, nordamerika¬
nischen Arten ähnlich; ferner die noch deutlich auf Nordamerika hinweisenden For¬
men Platan, Weinrebe, Tulpenbaum; heute zeigt es von Laubholz nur niedriges


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/235>, abgerufen am 19.10.2024.