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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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Gesetz (vom 23. Zum 1821) einer jedesmaligen Theilung der Gewehre, Säbel,
Patrontaschen. Munition, Pferde u. s. w. des mecklenburgischen Bundes-
militärcontingents unter den Erben eines verstorbenen Großherzogs vorgebaut,
indem es die Bestimmung enthält, daß alle Militäressecten ausschließlich zum
Erbtheil des Nachfolgers in der Regierung gehören sollen. Den Ständen
ward durch ein mit ihnen vereinbartes Gesetz über Bestellung eines Schieds¬
gerichts, welches in streitigen. Fällen über die Verfassungsmäßigreit von Re¬
gierungsacten entscheiden sollte, ein werthvoller Schutzbrief gegen landesherr¬
liche Uebergriffe verliehen.

Bis an das Ende der mehr als funfzigjährigen Regierung Friedrich Franz
des Ersten (5 1837) ward die Unzulänglichkeit der politischen Einrichtungen
wenig empfunden. Das Volk bekümmerte sich nicht um Politik und schenkte
den alljährlichen Landtagsverhandlungen kaum irgend eine Aufmerksamkeit.
In dem Verhältniß zwischen Regierung und Ständen repräsentirte die erstere
den Fortschritt, der aber nicht über einige Verbesserungen im Einzelnen hinaus¬
ging; die Stände waren das verzögernde und hemmende Element. Aber man
lebte friedlich in diesem Gegensatz, der nie zu Conflicten führte, mit einander
fort. Moderne Regungen in der noch völlig unentwickelten Presse wurden
durch Cabinetsrescripte in die für nöthig gehaltenen Schranken zurückgewiesen.
Ein solches Rescript ward im Jahre 1818 an den Buchdrucker Bärnsprung in
Schwerin erlassen. In einem von demselben begründeten Wochenblatt, welches
seinem Titel "freimüthiges Abendblatt" durch offne Darlegung von Mängeln
und Mihständen zu entsprechen suchte, waren einige scharfe Artikel über die
Landesuniversität zu Rostock und einzelne dortige Professoren enthalten. "Frie¬
drich Franz von Gottes Gnaden" u. s. w. nahm davon Anlaß, an seinen
Buchdrucker folgendes Schreiben zu richten: "Lieber Getreuer! Es ist mißfällig
bemerkt worden und zeugt von einem Mangel an richtigem Gefühl, daß du
eine literarische Fehde, die so unmittelbar die Persönlichkeit des einen oder des
andern Theils berührt, wie die in das erste u. s. w. Stück des "freimüthigen
Abendblatts" aufgenommene ist, zum Gegenstand eines vaterländischen 'Volks¬
blatts gemacht hast, dessen du dich billig von selbst hättest enthalten sollen.
Noch weniger können Wir es dulden, daß in eben dieser, vor dem ordentlichen
Richter anhängigen Untersuchungssache ein ganz unberufener anonymischer
Schriftsteller Partei nimmt und unter Unsern Augen die Hofbuchdruckerei dazu
wißbraucht, gegen eine von Uns landesherrlich angeordnete und unter Unserem
besonderen Schutz stehende, ebenso ehrwürdige als verdienstvolle Institution, wie
die Landesuniversität zu Rostock oder eine einzelne Facultät und deren Mit¬
glieder verunglimpfende Urtheile und beleidigende Anzüglichkeiten einzumischen.
Wie es dir daher für die Zukunft hierdurch ernstlich untersagt sein soll, jene
ehrenrührige Streitigkeit weiter als etwa rein historisch in deinem Wochenblatt


Gesetz (vom 23. Zum 1821) einer jedesmaligen Theilung der Gewehre, Säbel,
Patrontaschen. Munition, Pferde u. s. w. des mecklenburgischen Bundes-
militärcontingents unter den Erben eines verstorbenen Großherzogs vorgebaut,
indem es die Bestimmung enthält, daß alle Militäressecten ausschließlich zum
Erbtheil des Nachfolgers in der Regierung gehören sollen. Den Ständen
ward durch ein mit ihnen vereinbartes Gesetz über Bestellung eines Schieds¬
gerichts, welches in streitigen. Fällen über die Verfassungsmäßigreit von Re¬
gierungsacten entscheiden sollte, ein werthvoller Schutzbrief gegen landesherr¬
liche Uebergriffe verliehen.

Bis an das Ende der mehr als funfzigjährigen Regierung Friedrich Franz
des Ersten (5 1837) ward die Unzulänglichkeit der politischen Einrichtungen
wenig empfunden. Das Volk bekümmerte sich nicht um Politik und schenkte
den alljährlichen Landtagsverhandlungen kaum irgend eine Aufmerksamkeit.
In dem Verhältniß zwischen Regierung und Ständen repräsentirte die erstere
den Fortschritt, der aber nicht über einige Verbesserungen im Einzelnen hinaus¬
ging; die Stände waren das verzögernde und hemmende Element. Aber man
lebte friedlich in diesem Gegensatz, der nie zu Conflicten führte, mit einander
fort. Moderne Regungen in der noch völlig unentwickelten Presse wurden
durch Cabinetsrescripte in die für nöthig gehaltenen Schranken zurückgewiesen.
Ein solches Rescript ward im Jahre 1818 an den Buchdrucker Bärnsprung in
Schwerin erlassen. In einem von demselben begründeten Wochenblatt, welches
seinem Titel „freimüthiges Abendblatt" durch offne Darlegung von Mängeln
und Mihständen zu entsprechen suchte, waren einige scharfe Artikel über die
Landesuniversität zu Rostock und einzelne dortige Professoren enthalten. „Frie¬
drich Franz von Gottes Gnaden" u. s. w. nahm davon Anlaß, an seinen
Buchdrucker folgendes Schreiben zu richten: „Lieber Getreuer! Es ist mißfällig
bemerkt worden und zeugt von einem Mangel an richtigem Gefühl, daß du
eine literarische Fehde, die so unmittelbar die Persönlichkeit des einen oder des
andern Theils berührt, wie die in das erste u. s. w. Stück des „freimüthigen
Abendblatts" aufgenommene ist, zum Gegenstand eines vaterländischen 'Volks¬
blatts gemacht hast, dessen du dich billig von selbst hättest enthalten sollen.
Noch weniger können Wir es dulden, daß in eben dieser, vor dem ordentlichen
Richter anhängigen Untersuchungssache ein ganz unberufener anonymischer
Schriftsteller Partei nimmt und unter Unsern Augen die Hofbuchdruckerei dazu
wißbraucht, gegen eine von Uns landesherrlich angeordnete und unter Unserem
besonderen Schutz stehende, ebenso ehrwürdige als verdienstvolle Institution, wie
die Landesuniversität zu Rostock oder eine einzelne Facultät und deren Mit¬
glieder verunglimpfende Urtheile und beleidigende Anzüglichkeiten einzumischen.
Wie es dir daher für die Zukunft hierdurch ernstlich untersagt sein soll, jene
ehrenrührige Streitigkeit weiter als etwa rein historisch in deinem Wochenblatt


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[0211] Gesetz (vom 23. Zum 1821) einer jedesmaligen Theilung der Gewehre, Säbel, Patrontaschen. Munition, Pferde u. s. w. des mecklenburgischen Bundes- militärcontingents unter den Erben eines verstorbenen Großherzogs vorgebaut, indem es die Bestimmung enthält, daß alle Militäressecten ausschließlich zum Erbtheil des Nachfolgers in der Regierung gehören sollen. Den Ständen ward durch ein mit ihnen vereinbartes Gesetz über Bestellung eines Schieds¬ gerichts, welches in streitigen. Fällen über die Verfassungsmäßigreit von Re¬ gierungsacten entscheiden sollte, ein werthvoller Schutzbrief gegen landesherr¬ liche Uebergriffe verliehen. Bis an das Ende der mehr als funfzigjährigen Regierung Friedrich Franz des Ersten (5 1837) ward die Unzulänglichkeit der politischen Einrichtungen wenig empfunden. Das Volk bekümmerte sich nicht um Politik und schenkte den alljährlichen Landtagsverhandlungen kaum irgend eine Aufmerksamkeit. In dem Verhältniß zwischen Regierung und Ständen repräsentirte die erstere den Fortschritt, der aber nicht über einige Verbesserungen im Einzelnen hinaus¬ ging; die Stände waren das verzögernde und hemmende Element. Aber man lebte friedlich in diesem Gegensatz, der nie zu Conflicten führte, mit einander fort. Moderne Regungen in der noch völlig unentwickelten Presse wurden durch Cabinetsrescripte in die für nöthig gehaltenen Schranken zurückgewiesen. Ein solches Rescript ward im Jahre 1818 an den Buchdrucker Bärnsprung in Schwerin erlassen. In einem von demselben begründeten Wochenblatt, welches seinem Titel „freimüthiges Abendblatt" durch offne Darlegung von Mängeln und Mihständen zu entsprechen suchte, waren einige scharfe Artikel über die Landesuniversität zu Rostock und einzelne dortige Professoren enthalten. „Frie¬ drich Franz von Gottes Gnaden" u. s. w. nahm davon Anlaß, an seinen Buchdrucker folgendes Schreiben zu richten: „Lieber Getreuer! Es ist mißfällig bemerkt worden und zeugt von einem Mangel an richtigem Gefühl, daß du eine literarische Fehde, die so unmittelbar die Persönlichkeit des einen oder des andern Theils berührt, wie die in das erste u. s. w. Stück des „freimüthigen Abendblatts" aufgenommene ist, zum Gegenstand eines vaterländischen 'Volks¬ blatts gemacht hast, dessen du dich billig von selbst hättest enthalten sollen. Noch weniger können Wir es dulden, daß in eben dieser, vor dem ordentlichen Richter anhängigen Untersuchungssache ein ganz unberufener anonymischer Schriftsteller Partei nimmt und unter Unsern Augen die Hofbuchdruckerei dazu wißbraucht, gegen eine von Uns landesherrlich angeordnete und unter Unserem besonderen Schutz stehende, ebenso ehrwürdige als verdienstvolle Institution, wie die Landesuniversität zu Rostock oder eine einzelne Facultät und deren Mit¬ glieder verunglimpfende Urtheile und beleidigende Anzüglichkeiten einzumischen. Wie es dir daher für die Zukunft hierdurch ernstlich untersagt sein soll, jene ehrenrührige Streitigkeit weiter als etwa rein historisch in deinem Wochenblatt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/211>, abgerufen am 20.10.2024.