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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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stichhaltigen Gründe, bieder Herzog für sich anführen konnte, und dadurch ver¬
ursacht haben, daß in diesem Feldzug der Herzog nur noch sehr wenig und im
nächsten gar nicht verwendet wurde. Damit schließt denn auch dessen mili¬
tärische Laufbahn; denn im polnischen Kriege, wo er sich dem Kaiser zur Ver¬
fügung stellte, erhielt er kein Kommando. Im Kreise seiner Familie hat er
dann in ländlicher Muße auf seinen Besitzungen in Schlesien bis zum Jahre
1861 gelebt und seine Zeit musikalischen Kompositionen und umfangreichen
Denkwürdigkeiten gewidmet, die in den drei Bänden, die wir besprochen haben,
nur zum geringeren Theil veröffentlicht sind. Die Discretion, die er darin
beobachtet, gestattet uns nicht, aus den von ihm gegebenen dunkeln Andeu¬
tungen die Gründe zu der kränkenden Zurücksetzung, die er erlitten, mit Be¬
stimmtheit zu erkennen, sondern nur zu ahnen. Durch persönliche Tapferkeit,
ruhige Ueberlegung und entschiedenes Handeln auf dem Schlachtfelde überall ein
Held, hinderte ihn sein weiches Gemüth', sein wie eine Sensitive sich nicht nur bei
jeder feindlichen Begegnung, sondern selbst bei dem Mangel an Anerkennung
scheu in sich zurückziehendes Wesen, sich mit gleicher Tapferkeit durch das Ge¬
wühl der Bewerber um die höchsten Preise dieser Welt Platz zu machen.
Schon seine schwärmerische Hingebung an die kaiserliche Familie machte ihn
S. mehr geeignet zu Opfern als zum Fordern.




Ungedruckte Briefe von Heinrich Heine*).
Aus den Jahren 1826--1832.

Norderney d. 26. July 1826.


Lieber Freund!

Dir vielen Dank für Deinen Brief, den ich in Ritzebüttel nebst dem
Scottschen Roman richtig erhalten. Gestern Mittag bin ich hier angekommen.
Acht Tage lag ich in Cuxhaven. Die Goldschmidt ist eine sehr schöne Frau;
übrigens aber war es sehr langweilig in Cuxhaven, welches Nest, wenn es



') Die folgenden ungedruckten Briefe Heines an einen vertrauten Freund sind der
lion aus der Hinterlassenschaft des letzteren durch gütige Vermittelung zugekommen.

stichhaltigen Gründe, bieder Herzog für sich anführen konnte, und dadurch ver¬
ursacht haben, daß in diesem Feldzug der Herzog nur noch sehr wenig und im
nächsten gar nicht verwendet wurde. Damit schließt denn auch dessen mili¬
tärische Laufbahn; denn im polnischen Kriege, wo er sich dem Kaiser zur Ver¬
fügung stellte, erhielt er kein Kommando. Im Kreise seiner Familie hat er
dann in ländlicher Muße auf seinen Besitzungen in Schlesien bis zum Jahre
1861 gelebt und seine Zeit musikalischen Kompositionen und umfangreichen
Denkwürdigkeiten gewidmet, die in den drei Bänden, die wir besprochen haben,
nur zum geringeren Theil veröffentlicht sind. Die Discretion, die er darin
beobachtet, gestattet uns nicht, aus den von ihm gegebenen dunkeln Andeu¬
tungen die Gründe zu der kränkenden Zurücksetzung, die er erlitten, mit Be¬
stimmtheit zu erkennen, sondern nur zu ahnen. Durch persönliche Tapferkeit,
ruhige Ueberlegung und entschiedenes Handeln auf dem Schlachtfelde überall ein
Held, hinderte ihn sein weiches Gemüth', sein wie eine Sensitive sich nicht nur bei
jeder feindlichen Begegnung, sondern selbst bei dem Mangel an Anerkennung
scheu in sich zurückziehendes Wesen, sich mit gleicher Tapferkeit durch das Ge¬
wühl der Bewerber um die höchsten Preise dieser Welt Platz zu machen.
Schon seine schwärmerische Hingebung an die kaiserliche Familie machte ihn
S. mehr geeignet zu Opfern als zum Fordern.




Ungedruckte Briefe von Heinrich Heine*).
Aus den Jahren 1826—1832.

Norderney d. 26. July 1826.


Lieber Freund!

Dir vielen Dank für Deinen Brief, den ich in Ritzebüttel nebst dem
Scottschen Roman richtig erhalten. Gestern Mittag bin ich hier angekommen.
Acht Tage lag ich in Cuxhaven. Die Goldschmidt ist eine sehr schöne Frau;
übrigens aber war es sehr langweilig in Cuxhaven, welches Nest, wenn es



') Die folgenden ungedruckten Briefe Heines an einen vertrauten Freund sind der
lion aus der Hinterlassenschaft des letzteren durch gütige Vermittelung zugekommen.
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[0186] stichhaltigen Gründe, bieder Herzog für sich anführen konnte, und dadurch ver¬ ursacht haben, daß in diesem Feldzug der Herzog nur noch sehr wenig und im nächsten gar nicht verwendet wurde. Damit schließt denn auch dessen mili¬ tärische Laufbahn; denn im polnischen Kriege, wo er sich dem Kaiser zur Ver¬ fügung stellte, erhielt er kein Kommando. Im Kreise seiner Familie hat er dann in ländlicher Muße auf seinen Besitzungen in Schlesien bis zum Jahre 1861 gelebt und seine Zeit musikalischen Kompositionen und umfangreichen Denkwürdigkeiten gewidmet, die in den drei Bänden, die wir besprochen haben, nur zum geringeren Theil veröffentlicht sind. Die Discretion, die er darin beobachtet, gestattet uns nicht, aus den von ihm gegebenen dunkeln Andeu¬ tungen die Gründe zu der kränkenden Zurücksetzung, die er erlitten, mit Be¬ stimmtheit zu erkennen, sondern nur zu ahnen. Durch persönliche Tapferkeit, ruhige Ueberlegung und entschiedenes Handeln auf dem Schlachtfelde überall ein Held, hinderte ihn sein weiches Gemüth', sein wie eine Sensitive sich nicht nur bei jeder feindlichen Begegnung, sondern selbst bei dem Mangel an Anerkennung scheu in sich zurückziehendes Wesen, sich mit gleicher Tapferkeit durch das Ge¬ wühl der Bewerber um die höchsten Preise dieser Welt Platz zu machen. Schon seine schwärmerische Hingebung an die kaiserliche Familie machte ihn S. mehr geeignet zu Opfern als zum Fordern. Ungedruckte Briefe von Heinrich Heine*). Aus den Jahren 1826—1832. Norderney d. 26. July 1826. Lieber Freund! Dir vielen Dank für Deinen Brief, den ich in Ritzebüttel nebst dem Scottschen Roman richtig erhalten. Gestern Mittag bin ich hier angekommen. Acht Tage lag ich in Cuxhaven. Die Goldschmidt ist eine sehr schöne Frau; übrigens aber war es sehr langweilig in Cuxhaven, welches Nest, wenn es ') Die folgenden ungedruckten Briefe Heines an einen vertrauten Freund sind der lion aus der Hinterlassenschaft des letzteren durch gütige Vermittelung zugekommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/186>, abgerufen am 28.09.2024.