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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Landtage in gewohnter Weise dauernd beiwohnte. Nur vorübergehende Be¬
sucher waren die Herren Manccke auf Dnggcnkoppcl und Dcthlvff auf Carls-
ruhe. Der Rittergutsbesitzer Hiilmann auf Scharstorf, welcher früher ein viel¬
genanntes und geschäftiges Mitglied der liberalen Partei auf dem Landtage
war, hat sich bis dahin von den constitutionellen Bestrebungen seiner Standes¬
genossen zu entfernt gehalten, als daß er der Poggeschcn Partei beigezählt wer¬
den dürfte. Er widmete im Uebrigen dem Landtage gleich Herrn Pogge eine
dauernde Anwesenheit, unterstützte denselben auch in einzelnen Fragen, hielt
aber seiner Gewohnheit gemäß bei der Verhandlung über die Verfassungs-
angclegcnheit mit seinem Urtheil zurück, wiewohl gerade er durch seine politische
Vergangenheit -- er war Mitglied der Abgeordnetenkammer, mit welcher der
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin das am 10. Oct. 1849 publicirte Staats¬
grundgesetz vereinbarte -- sich vor Anderen verpflichtet halten sollte, sich an
dem Kampf für die Wiederherstellung des StaatSgrundgcsctzes zu betheiligen.
Die Führer der feudalen Partei waren wie immer vollzählig auf dem Platz,
und an den Tagen, wo die Wahlen für ständische Aemter vorgenommen wur¬
den, zählte die Partei über 100 anwesende Mitglieder. Während einiger Si¬
tzungen beehrte Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz, jüngerer Bruder des
Großherzogs, Gemahl der Großfürstin Eatharina von Rußland und russischer
General, als Besitzer des nicht weit von Malchin belegenen Gutes Rempiin,
wo er sich gerade aufhielt, Mitglied der mecklenburgischen Ritterschaft, die
Landtagsvcrsammlung, welche ihn jedesmal durch Ausstehen begrüßte, auf kurze
Zeit durch seine Gegenwart. Er nahm auch einmal das Wort, um bei der zur
Verhandlung stehenden Frage wegen eines Beitrages zu einem Denkmal für
die mecklenburgischen freiwilligen Kämpfer von 1813 sich für die Bewilligung
des Beitrags auszusprechen. -- Von den Bürgermeistern läßt sich so leicht
keiner im Landtagsbcsuch säumig finden, da hier die Pflichterfüllung sich mit
einer angenehmen und noch dazu gut honorirten Erholung verbindet, und so
war denn auch diesmal die Bürgermeistcrschaft ohne Lücken. -- Als großherzog¬
liche Commissarien fungirten Schwerinschcrseits die beiden Excellenzen v. Lcvetzow,
Finanzminister und Patron des Grcnzzollprojects, und v. Bülow, Obcrhof-
marschall. Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz war durch seinen neuen
Staatsmimstcr, den erst zwei Tage vor Beginn des Landtags in dieses Amt
eingeführten bisherigen dänischen Bundestagsgesandter für Holstein und Lauen¬
burg v. Bülow repräsentirt.

Die beiden ersten Sitzungen des Landtags wurden, wie herkömmlich, durch
Verlesung der zugleich gedruckt vertheilten Engeren-Ausschuß-Propositionen und
durch die Wahlen zu den Commissionen in Anspruch genommen. Aber schon
in der dritten Sitzung erhielt die Versammlung Gelegenheit, wiederum einmal
ihre Abneigung gegen eine Verfassungsänderung zu constatiren, was ihr jedes


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Landtage in gewohnter Weise dauernd beiwohnte. Nur vorübergehende Be¬
sucher waren die Herren Manccke auf Dnggcnkoppcl und Dcthlvff auf Carls-
ruhe. Der Rittergutsbesitzer Hiilmann auf Scharstorf, welcher früher ein viel¬
genanntes und geschäftiges Mitglied der liberalen Partei auf dem Landtage
war, hat sich bis dahin von den constitutionellen Bestrebungen seiner Standes¬
genossen zu entfernt gehalten, als daß er der Poggeschcn Partei beigezählt wer¬
den dürfte. Er widmete im Uebrigen dem Landtage gleich Herrn Pogge eine
dauernde Anwesenheit, unterstützte denselben auch in einzelnen Fragen, hielt
aber seiner Gewohnheit gemäß bei der Verhandlung über die Verfassungs-
angclegcnheit mit seinem Urtheil zurück, wiewohl gerade er durch seine politische
Vergangenheit — er war Mitglied der Abgeordnetenkammer, mit welcher der
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin das am 10. Oct. 1849 publicirte Staats¬
grundgesetz vereinbarte — sich vor Anderen verpflichtet halten sollte, sich an
dem Kampf für die Wiederherstellung des StaatSgrundgcsctzes zu betheiligen.
Die Führer der feudalen Partei waren wie immer vollzählig auf dem Platz,
und an den Tagen, wo die Wahlen für ständische Aemter vorgenommen wur¬
den, zählte die Partei über 100 anwesende Mitglieder. Während einiger Si¬
tzungen beehrte Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz, jüngerer Bruder des
Großherzogs, Gemahl der Großfürstin Eatharina von Rußland und russischer
General, als Besitzer des nicht weit von Malchin belegenen Gutes Rempiin,
wo er sich gerade aufhielt, Mitglied der mecklenburgischen Ritterschaft, die
Landtagsvcrsammlung, welche ihn jedesmal durch Ausstehen begrüßte, auf kurze
Zeit durch seine Gegenwart. Er nahm auch einmal das Wort, um bei der zur
Verhandlung stehenden Frage wegen eines Beitrages zu einem Denkmal für
die mecklenburgischen freiwilligen Kämpfer von 1813 sich für die Bewilligung
des Beitrags auszusprechen. — Von den Bürgermeistern läßt sich so leicht
keiner im Landtagsbcsuch säumig finden, da hier die Pflichterfüllung sich mit
einer angenehmen und noch dazu gut honorirten Erholung verbindet, und so
war denn auch diesmal die Bürgermeistcrschaft ohne Lücken. — Als großherzog¬
liche Commissarien fungirten Schwerinschcrseits die beiden Excellenzen v. Lcvetzow,
Finanzminister und Patron des Grcnzzollprojects, und v. Bülow, Obcrhof-
marschall. Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz war durch seinen neuen
Staatsmimstcr, den erst zwei Tage vor Beginn des Landtags in dieses Amt
eingeführten bisherigen dänischen Bundestagsgesandter für Holstein und Lauen¬
burg v. Bülow repräsentirt.

Die beiden ersten Sitzungen des Landtags wurden, wie herkömmlich, durch
Verlesung der zugleich gedruckt vertheilten Engeren-Ausschuß-Propositionen und
durch die Wahlen zu den Commissionen in Anspruch genommen. Aber schon
in der dritten Sitzung erhielt die Versammlung Gelegenheit, wiederum einmal
ihre Abneigung gegen eine Verfassungsänderung zu constatiren, was ihr jedes


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[0091] Landtage in gewohnter Weise dauernd beiwohnte. Nur vorübergehende Be¬ sucher waren die Herren Manccke auf Dnggcnkoppcl und Dcthlvff auf Carls- ruhe. Der Rittergutsbesitzer Hiilmann auf Scharstorf, welcher früher ein viel¬ genanntes und geschäftiges Mitglied der liberalen Partei auf dem Landtage war, hat sich bis dahin von den constitutionellen Bestrebungen seiner Standes¬ genossen zu entfernt gehalten, als daß er der Poggeschcn Partei beigezählt wer¬ den dürfte. Er widmete im Uebrigen dem Landtage gleich Herrn Pogge eine dauernde Anwesenheit, unterstützte denselben auch in einzelnen Fragen, hielt aber seiner Gewohnheit gemäß bei der Verhandlung über die Verfassungs- angclegcnheit mit seinem Urtheil zurück, wiewohl gerade er durch seine politische Vergangenheit — er war Mitglied der Abgeordnetenkammer, mit welcher der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin das am 10. Oct. 1849 publicirte Staats¬ grundgesetz vereinbarte — sich vor Anderen verpflichtet halten sollte, sich an dem Kampf für die Wiederherstellung des StaatSgrundgcsctzes zu betheiligen. Die Führer der feudalen Partei waren wie immer vollzählig auf dem Platz, und an den Tagen, wo die Wahlen für ständische Aemter vorgenommen wur¬ den, zählte die Partei über 100 anwesende Mitglieder. Während einiger Si¬ tzungen beehrte Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz, jüngerer Bruder des Großherzogs, Gemahl der Großfürstin Eatharina von Rußland und russischer General, als Besitzer des nicht weit von Malchin belegenen Gutes Rempiin, wo er sich gerade aufhielt, Mitglied der mecklenburgischen Ritterschaft, die Landtagsvcrsammlung, welche ihn jedesmal durch Ausstehen begrüßte, auf kurze Zeit durch seine Gegenwart. Er nahm auch einmal das Wort, um bei der zur Verhandlung stehenden Frage wegen eines Beitrages zu einem Denkmal für die mecklenburgischen freiwilligen Kämpfer von 1813 sich für die Bewilligung des Beitrags auszusprechen. — Von den Bürgermeistern läßt sich so leicht keiner im Landtagsbcsuch säumig finden, da hier die Pflichterfüllung sich mit einer angenehmen und noch dazu gut honorirten Erholung verbindet, und so war denn auch diesmal die Bürgermeistcrschaft ohne Lücken. — Als großherzog¬ liche Commissarien fungirten Schwerinschcrseits die beiden Excellenzen v. Lcvetzow, Finanzminister und Patron des Grcnzzollprojects, und v. Bülow, Obcrhof- marschall. Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz war durch seinen neuen Staatsmimstcr, den erst zwei Tage vor Beginn des Landtags in dieses Amt eingeführten bisherigen dänischen Bundestagsgesandter für Holstein und Lauen¬ burg v. Bülow repräsentirt. Die beiden ersten Sitzungen des Landtags wurden, wie herkömmlich, durch Verlesung der zugleich gedruckt vertheilten Engeren-Ausschuß-Propositionen und durch die Wahlen zu den Commissionen in Anspruch genommen. Aber schon in der dritten Sitzung erhielt die Versammlung Gelegenheit, wiederum einmal ihre Abneigung gegen eine Verfassungsänderung zu constatiren, was ihr jedes 11"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/91>, abgerufen am 24.11.2024.