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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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meiner Abneigung gegen das napoleonische Frankreich auch gegen diesen Ver¬
trag mißtrauisch ist. Bis derselbe zur Debatte kommt, wird wohl noch man¬
cher Zwischenfall denjenigen Abgeordneten, deren abwägende Natur bis jetzt
noch nicht im Stande war, sich ein Urtheil zu bilden, zur Klärung ihrer An¬
sicht verhelfen; bis dahin wird wohl auch noch manche Hitze und Leidenschaft sich
abkühlen, und wir hoffen zuversichtlich, daß die Drohung eines etwas hei߬
blütigen demokratischen Abgeordneten, er schieße sich todt, im Fall der Handels¬
vertrag angenommen werde, ohne blutige Folgen bleiben werde. Vermuthlich
war der Selbstmord auch nur im figürlichen Sinn gemein:!

Zum Schlüsse sei noch eine Bemerkung verstattet, die einen scheinbar un¬
erheblichen Umstand betrifft, der aber doch als Symptom einiger Beachtung
werth ist. Schwaben laborirt gegenwärtig an einer Anzahl von Denkmälern
für große Todte, die es mit Stolz die Seinen nennt, so für Friedrich List in
Reutlingen, für Joh. Kepler in Weil der Stadt, für L. Uhland in Tübingen.
Aus keinem andern Lande flössen und fließen die Beiträge für diese Denkmäler
reichlicher als aus Deutschöstreich. War schon bei Kepler und List die Theil¬
nahme aus Oestreich überraschend, so hat sie für das Uhlanddcnkmal fast gro߬
artig zu nennende Dimensionen angenommen, und zwar ist sie eine wirklich
populäre, welche vom Kaiserhof bis zur Schuljugend herab alle Stände ergriffen
zu haben scheint. Nun besteht allerdings ein gewisser Zusammenhang, der die
Sache wenigstens theilweise erklärt. Der Schutzzvllagitator, das großdeutsche
Parlamentsmitglied, am Ende auch der "kaiserliche Mathematicus" boten jeder
eine in Oestreich sympathisch berührende Seite dar. Allein bei der nationalen
Bedeutung, die zugleich diesen Männern zukommt und die doch der Grund ist'
warum ihr Andenken in Erz festgehalten wird, springt der Unterschied zwischen den
z. B. aus Norddeutschland fließenden Summen und den Beiträgen aus Oest¬
reich doch stark in die Augen. Im Interesse der Sache sind natürlich diese
reichen Spenden höchst erwünscht, und es wäre undankbar, in ihnen etwas Anderes
zu sehen als den erfreulichen Beweis, daß Deutschöstreich wenigstens auf dem
Boden der Cultur seine Zusammengehörigkeit mit Deutschland thatkräftig zu
erweisen bestrebt ist. Allein es liegt aus der Hand, daß sie zugleich geeignet
sind, einen über ihre nächste Bedeutung hinausreichenden Einfluß zu äußern,
der mehr oder weniger bewußt auch der Absicht der Geber zum Theil nicht
fremd sein wird. Freilich ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Him¬
mel wachsen, und daß die östreichischen Sympathien nicht über eine gewisse
Grenze, an welcher bekanntlich die Gemüthlichkeit aufhört, hinausgehen-
Seit einiger Zeit erschallen aus der Mitte unserer Handelskammern und Han¬
delsvereine Klagen über das eigenthümliche Verfahren der östreichischen Behörden,
Rollen von östreichischen Sechsern, welche zu Rimessen nach Oestreich verwandt
werden, an der Grenze anzuhalten und zu cvnsisciren, wofür sie sich auf irgen


meiner Abneigung gegen das napoleonische Frankreich auch gegen diesen Ver¬
trag mißtrauisch ist. Bis derselbe zur Debatte kommt, wird wohl noch man¬
cher Zwischenfall denjenigen Abgeordneten, deren abwägende Natur bis jetzt
noch nicht im Stande war, sich ein Urtheil zu bilden, zur Klärung ihrer An¬
sicht verhelfen; bis dahin wird wohl auch noch manche Hitze und Leidenschaft sich
abkühlen, und wir hoffen zuversichtlich, daß die Drohung eines etwas hei߬
blütigen demokratischen Abgeordneten, er schieße sich todt, im Fall der Handels¬
vertrag angenommen werde, ohne blutige Folgen bleiben werde. Vermuthlich
war der Selbstmord auch nur im figürlichen Sinn gemein:!

Zum Schlüsse sei noch eine Bemerkung verstattet, die einen scheinbar un¬
erheblichen Umstand betrifft, der aber doch als Symptom einiger Beachtung
werth ist. Schwaben laborirt gegenwärtig an einer Anzahl von Denkmälern
für große Todte, die es mit Stolz die Seinen nennt, so für Friedrich List in
Reutlingen, für Joh. Kepler in Weil der Stadt, für L. Uhland in Tübingen.
Aus keinem andern Lande flössen und fließen die Beiträge für diese Denkmäler
reichlicher als aus Deutschöstreich. War schon bei Kepler und List die Theil¬
nahme aus Oestreich überraschend, so hat sie für das Uhlanddcnkmal fast gro߬
artig zu nennende Dimensionen angenommen, und zwar ist sie eine wirklich
populäre, welche vom Kaiserhof bis zur Schuljugend herab alle Stände ergriffen
zu haben scheint. Nun besteht allerdings ein gewisser Zusammenhang, der die
Sache wenigstens theilweise erklärt. Der Schutzzvllagitator, das großdeutsche
Parlamentsmitglied, am Ende auch der „kaiserliche Mathematicus" boten jeder
eine in Oestreich sympathisch berührende Seite dar. Allein bei der nationalen
Bedeutung, die zugleich diesen Männern zukommt und die doch der Grund ist'
warum ihr Andenken in Erz festgehalten wird, springt der Unterschied zwischen den
z. B. aus Norddeutschland fließenden Summen und den Beiträgen aus Oest¬
reich doch stark in die Augen. Im Interesse der Sache sind natürlich diese
reichen Spenden höchst erwünscht, und es wäre undankbar, in ihnen etwas Anderes
zu sehen als den erfreulichen Beweis, daß Deutschöstreich wenigstens auf dem
Boden der Cultur seine Zusammengehörigkeit mit Deutschland thatkräftig zu
erweisen bestrebt ist. Allein es liegt aus der Hand, daß sie zugleich geeignet
sind, einen über ihre nächste Bedeutung hinausreichenden Einfluß zu äußern,
der mehr oder weniger bewußt auch der Absicht der Geber zum Theil nicht
fremd sein wird. Freilich ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Him¬
mel wachsen, und daß die östreichischen Sympathien nicht über eine gewisse
Grenze, an welcher bekanntlich die Gemüthlichkeit aufhört, hinausgehen-
Seit einiger Zeit erschallen aus der Mitte unserer Handelskammern und Han¬
delsvereine Klagen über das eigenthümliche Verfahren der östreichischen Behörden,
Rollen von östreichischen Sechsern, welche zu Rimessen nach Oestreich verwandt
werden, an der Grenze anzuhalten und zu cvnsisciren, wofür sie sich auf irgen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/496>, abgerufen am 23.11.2024.