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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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wird übrigens fort und fort für die Sache des Handelsvertrags gewirkt. Das
zweite Heft dieser Beiträge, das kürzlich ausgegeben wurde, ist speciell den
Wirkungen des Vertrags auf die würtenbergische Industrie gewidmet und gibt,
gestützt auf den bekannten Bericht der (Zentralstelle für Handel und Gewerbe,
eine eingehende Uebersicht über die fraglichen Bestimmungen, welche die Vor¬
theile des Vertrags schlagend ins Licht setzt.

Die Gegenpartei hat bis jetzt dieses Beispiel, durch eine populäre Literatur
zu wirken, noch nicht nachgeahmt. Auch ihr schlagfertiger Vorkämpfer Moritz
Mohl unterbricht die gründlichen Studien, die ihm als Referenten über den
Vertrag in der Kammer obliegen, nur noch selten durch kleine polemische Aus¬
fälle. Er concentrirt, wie es scheint, das ganze Arsenal seiner voll'swirth-
schastlichen Gelehrsamkeit auf jene Hauptarbeit, in der er nun seit neun Mona¬
ten vergraben ist. Da Mohl überhaupt, auch bei geringeren Anlässen, sich
einer ungemeinen Gründlichkeit befleißigt, so ist es kein Wunder, daß bereits
die Volkssage sich des Referats bemächtigt hat, das aus so langwierigen Stu¬
dien zu erwarten steht, und ihm im Voraus wahrhaft lexikalischen Umfang
andichtet -- zum Schreck für die Abgeordneten, für welche die moralische Pflicht
^wächst, das enorme Elaborat der modischen Feder seiner Zeit wenigstens ge-
linde durchzublättern.

Inzwischen hat die Kammer Aussicht, durch eine Kraft bereichert zu werden,
welche ihr in mehr als einer Beziehung wohl ansteht. Staatsrath Goppelt,
der Chef des Finanzdepartements im Märzministerium, hat sich auf das An¬
drängen seiner Freunde entschlossen, wieder eine Wahl in die Kammer anzu¬
nehmen, aus welcher er sich schon längere Zeit zurückgezogen hatte. Die alt-
iberale Fraction erhält durch ihn eine neue kräftige Stützes welche um so werth¬
voller für sie ist. als bei dem Altern ihrer Koryphäen ihr völliger Mangel an
jüngeren Kräften sich doppelt fühlbar macht. In Anbetracht der Handelsver¬
tragsfrage aber gewinnt diese Wahl noch besondere Bedeutung. Goppelt trat
zum ersten Mal wieder öffentlich auf in der Stuttgarter Versammlung vom
3- Jan., und nahm auch die Wahl in das zur Wirksamkeit für den Vertrag
niedergesetzte Comite an. Die Stadt Heilbronn, die erste Handelsstadt des
Landes, gibt also durch seine Wahl zugleich ein Votum für den Handelsvertrag
ab, und Goppelt selbst ließ in der Erklärung, mit welcher er die Candidatur
annahm, durchblicken, daß ihn hierzu hauptsächlich die eventuelle Debatte über
jene Frage bestimmt. Mit ihm tritt den volkswirihschaftlichen Gegnern des
Vertrags in der Kammer eine ebenbürtige Autorität gegenüber, und man darf
hoffen, daß seine Ansicht nicht ohne Einfluß zunächst aus seine näheren Freunde
sein wird. Gerade die Altliberalcn haben bis jetzt, so viel bekannt, noch keine
feste Stellung in dieser Frage eingenommen. Von Duvernov z. B. verlautet
nur, daß er zwar die extremen Ansichten Mohls nicht theilt, aber aus allge-


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wird übrigens fort und fort für die Sache des Handelsvertrags gewirkt. Das
zweite Heft dieser Beiträge, das kürzlich ausgegeben wurde, ist speciell den
Wirkungen des Vertrags auf die würtenbergische Industrie gewidmet und gibt,
gestützt auf den bekannten Bericht der (Zentralstelle für Handel und Gewerbe,
eine eingehende Uebersicht über die fraglichen Bestimmungen, welche die Vor¬
theile des Vertrags schlagend ins Licht setzt.

Die Gegenpartei hat bis jetzt dieses Beispiel, durch eine populäre Literatur
zu wirken, noch nicht nachgeahmt. Auch ihr schlagfertiger Vorkämpfer Moritz
Mohl unterbricht die gründlichen Studien, die ihm als Referenten über den
Vertrag in der Kammer obliegen, nur noch selten durch kleine polemische Aus¬
fälle. Er concentrirt, wie es scheint, das ganze Arsenal seiner voll'swirth-
schastlichen Gelehrsamkeit auf jene Hauptarbeit, in der er nun seit neun Mona¬
ten vergraben ist. Da Mohl überhaupt, auch bei geringeren Anlässen, sich
einer ungemeinen Gründlichkeit befleißigt, so ist es kein Wunder, daß bereits
die Volkssage sich des Referats bemächtigt hat, das aus so langwierigen Stu¬
dien zu erwarten steht, und ihm im Voraus wahrhaft lexikalischen Umfang
andichtet — zum Schreck für die Abgeordneten, für welche die moralische Pflicht
^wächst, das enorme Elaborat der modischen Feder seiner Zeit wenigstens ge-
linde durchzublättern.

Inzwischen hat die Kammer Aussicht, durch eine Kraft bereichert zu werden,
welche ihr in mehr als einer Beziehung wohl ansteht. Staatsrath Goppelt,
der Chef des Finanzdepartements im Märzministerium, hat sich auf das An¬
drängen seiner Freunde entschlossen, wieder eine Wahl in die Kammer anzu¬
nehmen, aus welcher er sich schon längere Zeit zurückgezogen hatte. Die alt-
iberale Fraction erhält durch ihn eine neue kräftige Stützes welche um so werth¬
voller für sie ist. als bei dem Altern ihrer Koryphäen ihr völliger Mangel an
jüngeren Kräften sich doppelt fühlbar macht. In Anbetracht der Handelsver¬
tragsfrage aber gewinnt diese Wahl noch besondere Bedeutung. Goppelt trat
zum ersten Mal wieder öffentlich auf in der Stuttgarter Versammlung vom
3- Jan., und nahm auch die Wahl in das zur Wirksamkeit für den Vertrag
niedergesetzte Comite an. Die Stadt Heilbronn, die erste Handelsstadt des
Landes, gibt also durch seine Wahl zugleich ein Votum für den Handelsvertrag
ab, und Goppelt selbst ließ in der Erklärung, mit welcher er die Candidatur
annahm, durchblicken, daß ihn hierzu hauptsächlich die eventuelle Debatte über
jene Frage bestimmt. Mit ihm tritt den volkswirihschaftlichen Gegnern des
Vertrags in der Kammer eine ebenbürtige Autorität gegenüber, und man darf
hoffen, daß seine Ansicht nicht ohne Einfluß zunächst aus seine näheren Freunde
sein wird. Gerade die Altliberalcn haben bis jetzt, so viel bekannt, noch keine
feste Stellung in dieser Frage eingenommen. Von Duvernov z. B. verlautet
nur, daß er zwar die extremen Ansichten Mohls nicht theilt, aber aus allge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/495>, abgerufen am 23.11.2024.