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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Austern und verschiedenen Brödchen und Kuchen besteht. Es bedarf eines be¬
deutenden Verwaltungstalents, um solch einen Gasthof gehörig zu administriren,
und die Amerikaner stellen wirtlich die Kunst der Gasthalterci so hoch, daß sie
ihre Achtung vor derselben in einem eignen Sprichwort ausgeprägt haben.
Sie sagen: "Brown ist ein gescheidter Mensch, aber er lange nicht zum
Gastwirt!),"

"Das Postamt und das Patentamt stehen in geringer Entfernung von
der oben genannten Hauptstraße in Fstreet und zwar einander gegenüber. Ersteres
ist unstreitig ein schöner Bau, ein Viereck ohne bestimmte Front und ohne
Haupteingang. Verziert ist es mit korinthischen Säulen, die ohne Unterbau
auf gleichem Niveau mit der Straße endigen. Das Gebäude würde jeder
Stadt zum Schmuck gereichen. Allein die Straßen ringsum sind unfertig, und
man muß zu ihnen durch Schmutzscen hindurch, die sehr unschön sind, aber das
Gute haben, daß sie den Zudrang der Leute vermindern und so den über-
angcstrcngten Postexpedientcn einige Erleichterung schaffen. Die Seite, auf
welcher der Zudrang des Publicums am größten ist, war bei Trollopes An¬
wesenheit stets mit mächtigen Bergen von Mehlfässern verbarricadirt, da wäh¬
rend des Kriegs hier zugleich das Proviantmagazin für die Armee sich befand.
Die Einrichtungen für das Publicum fand unser Reisender geradezu barbarisch.
Es gibt in Washington nur ein Postamt und nirgends Straßenbrieftasten,
nirgends Stellen, wo man Briefmarken kaufen oder Briefe abgeben kann, ja
nicht einmal eigentliche Briefträger. Dabei sind die Entfernungen in der
Stadt sehr beträchtlich, die Fahrgelegenheiten beschränkt, die Tiefe und Zähig¬
keit des Schmutzes auf allen Wegen ohne Gleichen.

Auch das Patentamt ist ein großer Bau mit Colonnaden, deren Säu¬
len der dorischen Ordnung angehören und welche an jeder der drei Fronten
Hintaufen. Man geht auf Stufen hinauf/ welche für das Auge angenehmer
als für die Beine sind. Das ganze Gebäude ist massiv und sehr wirksam, es
würde sogar einen großartigen Eindruck machen, wenn die Straßen umher
fertig wären. Der Nützlichkeitstrieb der Nation hat indeß viel dazu beigetragen,
das Aussehen des Hauses dadurch zu verderben, daß er ihm Fenster gab, welche
weder der Zahl noch der Größe nach zu ihm passen. Selbst unter dem
Porticus hat man solche Fenster angebracht, damit der ganze Raum benutzt
werden könne und kein Licht fehle. Den Effect eines Dutzends von Fenstern
in einem edlen dorischen Porticus, zwischen den Säulen hin mag man sich vor¬
stellen. Im Innern befindet sich eine Sammlung der Modelle aller derjenigen
Erfindungen, auf welche die Vereinigten Staaten Patente ertheilt haben, und
gegenwärtig hat man einen der Säle zu einem Militärspital eingerichtet.

Das Schatzamt oder Finanzministerium ist ein noch nicht vollendetes
Gebäude. Fertig ist nur die nach Süden gekehrte Front, die im Norden ist


Austern und verschiedenen Brödchen und Kuchen besteht. Es bedarf eines be¬
deutenden Verwaltungstalents, um solch einen Gasthof gehörig zu administriren,
und die Amerikaner stellen wirtlich die Kunst der Gasthalterci so hoch, daß sie
ihre Achtung vor derselben in einem eignen Sprichwort ausgeprägt haben.
Sie sagen: „Brown ist ein gescheidter Mensch, aber er lange nicht zum
Gastwirt!),"

„Das Postamt und das Patentamt stehen in geringer Entfernung von
der oben genannten Hauptstraße in Fstreet und zwar einander gegenüber. Ersteres
ist unstreitig ein schöner Bau, ein Viereck ohne bestimmte Front und ohne
Haupteingang. Verziert ist es mit korinthischen Säulen, die ohne Unterbau
auf gleichem Niveau mit der Straße endigen. Das Gebäude würde jeder
Stadt zum Schmuck gereichen. Allein die Straßen ringsum sind unfertig, und
man muß zu ihnen durch Schmutzscen hindurch, die sehr unschön sind, aber das
Gute haben, daß sie den Zudrang der Leute vermindern und so den über-
angcstrcngten Postexpedientcn einige Erleichterung schaffen. Die Seite, auf
welcher der Zudrang des Publicums am größten ist, war bei Trollopes An¬
wesenheit stets mit mächtigen Bergen von Mehlfässern verbarricadirt, da wäh¬
rend des Kriegs hier zugleich das Proviantmagazin für die Armee sich befand.
Die Einrichtungen für das Publicum fand unser Reisender geradezu barbarisch.
Es gibt in Washington nur ein Postamt und nirgends Straßenbrieftasten,
nirgends Stellen, wo man Briefmarken kaufen oder Briefe abgeben kann, ja
nicht einmal eigentliche Briefträger. Dabei sind die Entfernungen in der
Stadt sehr beträchtlich, die Fahrgelegenheiten beschränkt, die Tiefe und Zähig¬
keit des Schmutzes auf allen Wegen ohne Gleichen.

Auch das Patentamt ist ein großer Bau mit Colonnaden, deren Säu¬
len der dorischen Ordnung angehören und welche an jeder der drei Fronten
Hintaufen. Man geht auf Stufen hinauf/ welche für das Auge angenehmer
als für die Beine sind. Das ganze Gebäude ist massiv und sehr wirksam, es
würde sogar einen großartigen Eindruck machen, wenn die Straßen umher
fertig wären. Der Nützlichkeitstrieb der Nation hat indeß viel dazu beigetragen,
das Aussehen des Hauses dadurch zu verderben, daß er ihm Fenster gab, welche
weder der Zahl noch der Größe nach zu ihm passen. Selbst unter dem
Porticus hat man solche Fenster angebracht, damit der ganze Raum benutzt
werden könne und kein Licht fehle. Den Effect eines Dutzends von Fenstern
in einem edlen dorischen Porticus, zwischen den Säulen hin mag man sich vor¬
stellen. Im Innern befindet sich eine Sammlung der Modelle aller derjenigen
Erfindungen, auf welche die Vereinigten Staaten Patente ertheilt haben, und
gegenwärtig hat man einen der Säle zu einem Militärspital eingerichtet.

Das Schatzamt oder Finanzministerium ist ein noch nicht vollendetes
Gebäude. Fertig ist nur die nach Süden gekehrte Front, die im Norden ist


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[0416] Austern und verschiedenen Brödchen und Kuchen besteht. Es bedarf eines be¬ deutenden Verwaltungstalents, um solch einen Gasthof gehörig zu administriren, und die Amerikaner stellen wirtlich die Kunst der Gasthalterci so hoch, daß sie ihre Achtung vor derselben in einem eignen Sprichwort ausgeprägt haben. Sie sagen: „Brown ist ein gescheidter Mensch, aber er lange nicht zum Gastwirt!)," „Das Postamt und das Patentamt stehen in geringer Entfernung von der oben genannten Hauptstraße in Fstreet und zwar einander gegenüber. Ersteres ist unstreitig ein schöner Bau, ein Viereck ohne bestimmte Front und ohne Haupteingang. Verziert ist es mit korinthischen Säulen, die ohne Unterbau auf gleichem Niveau mit der Straße endigen. Das Gebäude würde jeder Stadt zum Schmuck gereichen. Allein die Straßen ringsum sind unfertig, und man muß zu ihnen durch Schmutzscen hindurch, die sehr unschön sind, aber das Gute haben, daß sie den Zudrang der Leute vermindern und so den über- angcstrcngten Postexpedientcn einige Erleichterung schaffen. Die Seite, auf welcher der Zudrang des Publicums am größten ist, war bei Trollopes An¬ wesenheit stets mit mächtigen Bergen von Mehlfässern verbarricadirt, da wäh¬ rend des Kriegs hier zugleich das Proviantmagazin für die Armee sich befand. Die Einrichtungen für das Publicum fand unser Reisender geradezu barbarisch. Es gibt in Washington nur ein Postamt und nirgends Straßenbrieftasten, nirgends Stellen, wo man Briefmarken kaufen oder Briefe abgeben kann, ja nicht einmal eigentliche Briefträger. Dabei sind die Entfernungen in der Stadt sehr beträchtlich, die Fahrgelegenheiten beschränkt, die Tiefe und Zähig¬ keit des Schmutzes auf allen Wegen ohne Gleichen. Auch das Patentamt ist ein großer Bau mit Colonnaden, deren Säu¬ len der dorischen Ordnung angehören und welche an jeder der drei Fronten Hintaufen. Man geht auf Stufen hinauf/ welche für das Auge angenehmer als für die Beine sind. Das ganze Gebäude ist massiv und sehr wirksam, es würde sogar einen großartigen Eindruck machen, wenn die Straßen umher fertig wären. Der Nützlichkeitstrieb der Nation hat indeß viel dazu beigetragen, das Aussehen des Hauses dadurch zu verderben, daß er ihm Fenster gab, welche weder der Zahl noch der Größe nach zu ihm passen. Selbst unter dem Porticus hat man solche Fenster angebracht, damit der ganze Raum benutzt werden könne und kein Licht fehle. Den Effect eines Dutzends von Fenstern in einem edlen dorischen Porticus, zwischen den Säulen hin mag man sich vor¬ stellen. Im Innern befindet sich eine Sammlung der Modelle aller derjenigen Erfindungen, auf welche die Vereinigten Staaten Patente ertheilt haben, und gegenwärtig hat man einen der Säle zu einem Militärspital eingerichtet. Das Schatzamt oder Finanzministerium ist ein noch nicht vollendetes Gebäude. Fertig ist nur die nach Süden gekehrte Front, die im Norden ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/416>, abgerufen am 22.11.2024.