Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.der Goldprägung in Anspruch: nie haben selbst die Arsakiden des mächtigen der Goldprägung in Anspruch: nie haben selbst die Arsakiden des mächtigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0402" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187896"/> <p xml:id="ID_1467" prev="#ID_1466" next="#ID_1468"> der Goldprägung in Anspruch: nie haben selbst die Arsakiden des mächtigen<lb/> Parthcrstaates, nie der gewaltige Ostgothenkönig Theodorich unter ihrem Na¬<lb/> men Gold geschlagen, und erst die Sassanidendyuastie des Perserreichs im Orient,<lb/> erst die fränkischen Könige aus der Zeit Justinians haben diese Regel durchbrochen.<lb/> Noch ein Schriftsteller des sechsten Jahrhunderts unsrer Zeitrechnung sagt<lb/> ausdrücklich, daß es nicht Rechtens sei weder sür den König der Perser noch<lb/> für einen andern König der Barbaren, Gold mit eigenem Stempel' zu schlagen,<lb/> mögen sie Gold haben so viel sie wolle»; er setzt hinzu, daß solche nichtrömische<lb/> Goldstücke auch von den Handelsleute» nicht genommen würden, nicht einmal<lb/> wenn diese heisst Barbaren seien. Hiebei ist es geblieben, trotz aller politischen<lb/> und finanziellen Krisen, welche die römische Monarchie so oft bis in die Grund¬<lb/> festen erschütterten, ja trotz der völligen Zerrüttung der römischen Münze selbst<lb/> in der verhängnißvollen zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts. Das Gold¬<lb/> stück, das nach Cäsars Ordnung etwa 7V-. Thaler gelten sollte, und das bis<lb/> in das dritte Jahrhundert hinein sich ziemlich auf dieser Höhe behauptet hatte,<lb/> sank während des dritten Jahrhunderts durch fortwährende Miinzverschlech-<lb/> terungen mit furchtbarer Geschwindigkeit. Halte es in dem vorhergehenden<lb/> Jahrtausend sich nur allmälig ungefähr um den achten Theil seines Gewichts<lb/> verringert, so finden wir jetzt die Gewichte der neugeprägten Goldstücke fast<lb/> fünfzig Jahre hindurch nicht blos sinkend, sondern auch so ungleich und schwan¬<lb/> kend, daß ohne Anwendung der Wage diese Münzen gar nicht haben umlaufen<lb/> können. Als dann unter Konstantin dem Großen wieder eine feste Regel ein¬<lb/> tritt, ist das neue konstantinische Goldstück auf 4 Thlr. 7 Gr., also auf die<lb/> reichliche Hälfte des cäsarischen gesunken. Mit dieser konstantinischen Münz-<lb/> vrdnung nahm indeß die römische Goldmünze einen neuen Aufschwung: bis<lb/> tief in das Mittelalter hinab hat sie wesentlich unverändert sich behauptet; das<lb/> neue Goldstück, der Solidus, oder wie es später heißt, der Byzantiner, ist bis<lb/> weit über die Grenzen des einschwindenden römischen Reiches hinaus noch<lb/> beinahe ein halbes Jahrtausend hindurch das allgemeine Verkehrsmittel geblie¬<lb/> ben und der Ausgangspunkt der mittelalterlichen und damit der modernen<lb/> Münzordnungen geworden. Man braucht dafür nur an den Namen dieses<lb/> Goldstücks zu erinnern: dieser konstantinische Solidus ist ja kein anderer als der<lb/> italienische Soldo, der französische Son — freilich sehr heruntergekommene<lb/> Nachkommen ihres stattlichen Ahnherrn. Immer aber ist es eine vollständig<lb/> erweisliche geschichtliche Wahrheit, daß der phokaische Gvldstatcr, der persische<lb/> Dareikvs, der makedonische Phiiipvcus, der cäsarische Aureus, der Solidus<lb/> Konstantins, der Besant des Mittelalters — Münzen, deren älteste in das<lb/> siebente Jahrhundert vor Christus, deren jüngste in das fünfzehnte Jahrhundert<lb/> unserer Zeitrechnung fallen und die zusannnengenommen einen Zeitraum von<lb/> mehr als zweitausend Jahren umspannen, daß sie alle nichts Anderes sind als</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0402]
der Goldprägung in Anspruch: nie haben selbst die Arsakiden des mächtigen
Parthcrstaates, nie der gewaltige Ostgothenkönig Theodorich unter ihrem Na¬
men Gold geschlagen, und erst die Sassanidendyuastie des Perserreichs im Orient,
erst die fränkischen Könige aus der Zeit Justinians haben diese Regel durchbrochen.
Noch ein Schriftsteller des sechsten Jahrhunderts unsrer Zeitrechnung sagt
ausdrücklich, daß es nicht Rechtens sei weder sür den König der Perser noch
für einen andern König der Barbaren, Gold mit eigenem Stempel' zu schlagen,
mögen sie Gold haben so viel sie wolle»; er setzt hinzu, daß solche nichtrömische
Goldstücke auch von den Handelsleute» nicht genommen würden, nicht einmal
wenn diese heisst Barbaren seien. Hiebei ist es geblieben, trotz aller politischen
und finanziellen Krisen, welche die römische Monarchie so oft bis in die Grund¬
festen erschütterten, ja trotz der völligen Zerrüttung der römischen Münze selbst
in der verhängnißvollen zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts. Das Gold¬
stück, das nach Cäsars Ordnung etwa 7V-. Thaler gelten sollte, und das bis
in das dritte Jahrhundert hinein sich ziemlich auf dieser Höhe behauptet hatte,
sank während des dritten Jahrhunderts durch fortwährende Miinzverschlech-
terungen mit furchtbarer Geschwindigkeit. Halte es in dem vorhergehenden
Jahrtausend sich nur allmälig ungefähr um den achten Theil seines Gewichts
verringert, so finden wir jetzt die Gewichte der neugeprägten Goldstücke fast
fünfzig Jahre hindurch nicht blos sinkend, sondern auch so ungleich und schwan¬
kend, daß ohne Anwendung der Wage diese Münzen gar nicht haben umlaufen
können. Als dann unter Konstantin dem Großen wieder eine feste Regel ein¬
tritt, ist das neue konstantinische Goldstück auf 4 Thlr. 7 Gr., also auf die
reichliche Hälfte des cäsarischen gesunken. Mit dieser konstantinischen Münz-
vrdnung nahm indeß die römische Goldmünze einen neuen Aufschwung: bis
tief in das Mittelalter hinab hat sie wesentlich unverändert sich behauptet; das
neue Goldstück, der Solidus, oder wie es später heißt, der Byzantiner, ist bis
weit über die Grenzen des einschwindenden römischen Reiches hinaus noch
beinahe ein halbes Jahrtausend hindurch das allgemeine Verkehrsmittel geblie¬
ben und der Ausgangspunkt der mittelalterlichen und damit der modernen
Münzordnungen geworden. Man braucht dafür nur an den Namen dieses
Goldstücks zu erinnern: dieser konstantinische Solidus ist ja kein anderer als der
italienische Soldo, der französische Son — freilich sehr heruntergekommene
Nachkommen ihres stattlichen Ahnherrn. Immer aber ist es eine vollständig
erweisliche geschichtliche Wahrheit, daß der phokaische Gvldstatcr, der persische
Dareikvs, der makedonische Phiiipvcus, der cäsarische Aureus, der Solidus
Konstantins, der Besant des Mittelalters — Münzen, deren älteste in das
siebente Jahrhundert vor Christus, deren jüngste in das fünfzehnte Jahrhundert
unserer Zeitrechnung fallen und die zusannnengenommen einen Zeitraum von
mehr als zweitausend Jahren umspannen, daß sie alle nichts Anderes sind als
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