Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.heit zusehen. Dringt Mohls Votum für unbedingte Ablehnung durch, so ist. Was die Regierung schließlich thun wird, weiß Niemand, sie selbst wahr¬ Auch die Verschiebung der Einberufung der Ständeversammlung läßt sich Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L, Her dig- - Druck von C. G. Slbert in Leipzig. heit zusehen. Dringt Mohls Votum für unbedingte Ablehnung durch, so ist. Was die Regierung schließlich thun wird, weiß Niemand, sie selbst wahr¬ Auch die Verschiebung der Einberufung der Ständeversammlung läßt sich Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L, Her dig- - Druck von C. G. Slbert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0328" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187822"/> <p xml:id="ID_1217" prev="#ID_1216"> heit zusehen. Dringt Mohls Votum für unbedingte Ablehnung durch, so ist.<lb/> wie sein Gegner selbst erklärt, die Folge nur die, daß schließlich die unbedingte<lb/> Annahme des Vertrags, wie er ist, unabweisbar wird. Die andere scheinbar<lb/> vermittelnde Ansicht/welche jedenfalls beweist, daß man die Polemik gegen<lb/> die Vertragsbestimmungen selbst als wenig haltbar allmälig aufgibt, kann man<lb/> getrost der'Auseinandersetzung mit Oestreich überlassen, wo der künstliche Enthu¬<lb/> siasmus für den Eintritt in den Zollverein — und zwar in den bisherigen<lb/> Zollverein, also noch abgesehen von der Tarisrefvrm — bekanntlich sehr rasch<lb/> erloschen ist. Ein wirkliches Moment der Vermittlung zwischen den streitenden<lb/> Ansichten ist, so wie die Dinge einmal liegen, ohnedies in diesem Vorschlag<lb/> nicht enthalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1218"> Was die Regierung schließlich thun wird, weiß Niemand, sie selbst wahr¬<lb/> scheinlich am wenigsten. Die Verlegenheit scheint groß zu sein. Officiell wird<lb/> zwar noch immer der bisherige schroffe Standpunkt festgehalten. Die Minister<lb/> sind erfreut, durch die ländlichen Versammlungen ihre Bemühungen für die<lb/> Interessen des Landes so warm anerkannt zu sehen und unerwartetes Lob<lb/> für die bewährte „nationale" Haltung einzunehmen. Herr v. Hügel drückte<lb/> neulich dem Baumwoilensabritanten Staub, einem der thätigsten Agita¬<lb/> toren, der eine zahlreich bedeckte Dankadresse überreichte, die Genugthuung<lb/> aus, welche die Regierung „den so vielfach zu Tage getretenen Miß-<lb/> kcnnungen gegenüber" über diese Würdigung ihres Vorgehens empfinde.<lb/> Allein nicht alle Minister denken wie Hr. v. Hügel, und selbst dieser beobachtet<lb/> über die Zukunft weises Stillschweigen. Die Enquete, welche das Finanzministe¬<lb/> rium neuerdings wieder bei den Industriellen des Landes anstellt, scheint nicht<lb/> darauf hinzuweisen, daß es die bisher getroffene Entscheidung als eine unwider¬<lb/> rufliche ansieht. Es versteht sich von selbst, daß bei dieser'Enquöte die Gut¬<lb/> achten theils für, theils gegen den Vertrag lauten werde», und so sieht es<lb/> denn ganz danach aus, als wolle man sich eine Brücke offen halten und mit<lb/> dein Anschein, noch freie Hand zu haben, vor die Kammer treten. Damit ist es<lb/> natürlich sehr wohl vereinbar, daß man in der Zwischenzeit nach Oestreich<lb/> hinüberhvrcht und verlockenden Versprechungen für den Fall des Ausscheidens<lb/> aus dem Zollverein einstweilen Gehör schenkt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1219"> Auch die Verschiebung der Einberufung der Ständeversammlung läßt sich<lb/> in diesem Sinne deuten. Anfangs hieß es, bald nach Neujahr solle der Landtag<lb/> wieder zusammentreten, aber dieser Termin schiebt sich von Monat zu Monat<lb/> hinaus, wofür die Regierung allerdings auch den Rückstand in den Commissions-<lb/> arbeiten für sich anführen kann, zumal da dringliche Angelegenheiten nicht vor¬<lb/> liegen, mit Ausnahme etwa des Handelsgesetzbuchs, das noch immer der Ein¬<lb/> führung harrt. Wahrscheinlich wird der Landtag im Frühsommer zusammen¬<lb/> treten, aber nach kurzer Session und ohne Berathung des Handelsvertrags eine<lb/> Vertagung bis zum Herbst eintreten. Wäre die Regierung ihrer Sache sicher,<lb/> würde sie mit den bisherigen Noten des Hrn. v, Hügel die Sache als abgemacht<lb/> betrachten, so würde sie nicht säumen, sich ein Vertrauensvotum von der Kammer<lb/> einzuholen. Daß sie damit zögert, beweist, daß sie ihr letztes Wort noch nicht<lb/> ^. gesprochen haben will. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.<lb/> Verlag von F. L, Her dig- - Druck von C. G. Slbert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0328]
heit zusehen. Dringt Mohls Votum für unbedingte Ablehnung durch, so ist.
wie sein Gegner selbst erklärt, die Folge nur die, daß schließlich die unbedingte
Annahme des Vertrags, wie er ist, unabweisbar wird. Die andere scheinbar
vermittelnde Ansicht/welche jedenfalls beweist, daß man die Polemik gegen
die Vertragsbestimmungen selbst als wenig haltbar allmälig aufgibt, kann man
getrost der'Auseinandersetzung mit Oestreich überlassen, wo der künstliche Enthu¬
siasmus für den Eintritt in den Zollverein — und zwar in den bisherigen
Zollverein, also noch abgesehen von der Tarisrefvrm — bekanntlich sehr rasch
erloschen ist. Ein wirkliches Moment der Vermittlung zwischen den streitenden
Ansichten ist, so wie die Dinge einmal liegen, ohnedies in diesem Vorschlag
nicht enthalten.
Was die Regierung schließlich thun wird, weiß Niemand, sie selbst wahr¬
scheinlich am wenigsten. Die Verlegenheit scheint groß zu sein. Officiell wird
zwar noch immer der bisherige schroffe Standpunkt festgehalten. Die Minister
sind erfreut, durch die ländlichen Versammlungen ihre Bemühungen für die
Interessen des Landes so warm anerkannt zu sehen und unerwartetes Lob
für die bewährte „nationale" Haltung einzunehmen. Herr v. Hügel drückte
neulich dem Baumwoilensabritanten Staub, einem der thätigsten Agita¬
toren, der eine zahlreich bedeckte Dankadresse überreichte, die Genugthuung
aus, welche die Regierung „den so vielfach zu Tage getretenen Miß-
kcnnungen gegenüber" über diese Würdigung ihres Vorgehens empfinde.
Allein nicht alle Minister denken wie Hr. v. Hügel, und selbst dieser beobachtet
über die Zukunft weises Stillschweigen. Die Enquete, welche das Finanzministe¬
rium neuerdings wieder bei den Industriellen des Landes anstellt, scheint nicht
darauf hinzuweisen, daß es die bisher getroffene Entscheidung als eine unwider¬
rufliche ansieht. Es versteht sich von selbst, daß bei dieser'Enquöte die Gut¬
achten theils für, theils gegen den Vertrag lauten werde», und so sieht es
denn ganz danach aus, als wolle man sich eine Brücke offen halten und mit
dein Anschein, noch freie Hand zu haben, vor die Kammer treten. Damit ist es
natürlich sehr wohl vereinbar, daß man in der Zwischenzeit nach Oestreich
hinüberhvrcht und verlockenden Versprechungen für den Fall des Ausscheidens
aus dem Zollverein einstweilen Gehör schenkt.
Auch die Verschiebung der Einberufung der Ständeversammlung läßt sich
in diesem Sinne deuten. Anfangs hieß es, bald nach Neujahr solle der Landtag
wieder zusammentreten, aber dieser Termin schiebt sich von Monat zu Monat
hinaus, wofür die Regierung allerdings auch den Rückstand in den Commissions-
arbeiten für sich anführen kann, zumal da dringliche Angelegenheiten nicht vor¬
liegen, mit Ausnahme etwa des Handelsgesetzbuchs, das noch immer der Ein¬
führung harrt. Wahrscheinlich wird der Landtag im Frühsommer zusammen¬
treten, aber nach kurzer Session und ohne Berathung des Handelsvertrags eine
Vertagung bis zum Herbst eintreten. Wäre die Regierung ihrer Sache sicher,
würde sie mit den bisherigen Noten des Hrn. v, Hügel die Sache als abgemacht
betrachten, so würde sie nicht säumen, sich ein Vertrauensvotum von der Kammer
einzuholen. Daß sie damit zögert, beweist, daß sie ihr letztes Wort noch nicht
^. gesprochen haben will.
Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L, Her dig- - Druck von C. G. Slbert in Leipzig.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |