Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hiermit in jeder Hinsicht entschädigt wird, definirt. Dann, noch einem glänzend
geschriebenen Excurse über Entstehung und Berechtigung des Grundeigenthums
und einer beredten Warnung gegen das Bestreben, eine historisch und rechts¬
philosophisch noch wenig begriffene Erscheinung wie das Grundeigenthum nicht
auch noch auf andere Gebiete zu übertragen und dadurch die Räthsel unnöthiger
Weise zu vermehren, wird der Regierung schließlich das Recht und die Macht,
ein literarisches Eigenthum mit der Eigenschaft der Ewigkeit zu schaffen, in
folgenden zugleich den Gedankengang der ganzen Erörterung zusammenfassenden
Sätzen abgesprochen:

"Die Regierung kann was sie will, vorausgesetzt daß sie sich innerhalb der
Grenzen der natürlichen und ökonomischen Gesetze und der Regeln des Rechtes hält.

In dieser Weise sann es eine Regierung nicht dahin bringen, daß das¬
jenige, was vermöge der Natur und seiner Bestimmung nur Product ist. als
Grundbesitz und unbewegliches Eigenthum angesehen werde. Sie kann nicht
bewirken, daß ein Tauschvertrag zum Erbpacht werde, so lange sich der Dienst
oder die Waare bei dem Tausche durch ein Iahreslohn oder durch eine Reihe
von jährlichen Zahlungen belohnen, bezahlen lässt.

Sie vermag nicht den Preis eines Productes einem Pachtgelde gleich zu
machen.

Sie kann ohne das Gesetz der menschlichen Beziehungen zu verletzen und
alle Begriffe durcheinandcrzuwerfen, nicht bewirken, daß ein Schriftsteller,
der seine Gedanken in Umlauf bringt, nicht als ein einfacher Producent und
Eintauscher, sondern als ein unabsindbarer, stiller Gesellschafter betrachtet wird,
dem man deshalb bis an das Ende der Jahrhunderte einen ewigen Zins schulde.
Die Regierung ist dies ebensowenig un Stande, als sie den Luftkreis theilen,
auf den Ocean bauen, ohne Arbeit erzeugen. Jedermann Renten verschreiben
kann. Versuchte sie es, so würde es ihr zum Schaden gereichen, die Lächerlichkeit
und der Verfall müßten sie bald zur Wahrheit zurückführen.

Die Gesellschaft hat aus weit hinausgehenden Gründen, die von der
Wissenschaft noch nicht genügend aufgeklärt, aber auch nicht als unstichhaltig
nachgewiesen sind, den Boden theilen und ein Grundeigenthum festsetzen können.
Sie hat es gekonnt, obgleich diese Zueignung nach dem Geständnisse aller Ge¬
setzeskundigen über das Recht des Erbauers an den von ihm gezogenen Früch-
ten hinausgeht, obgleich die politische Oekonomie ein derartiges Zugeständnis,
nicht erfordert, obgleich ein Grundeigenthum bei zahlreichen Nationen nicht be¬
steht, sondern durch ein einfaches Besitzrecht ersetzt wird. Damit es nun gar
ein geistiges Eigenthum geben könnte, müßte die Negierung dem Schriftsteller
das Privilegium des allgemeinen Gedankens und der Studicngegenstände, welche
die gemeinschaftliche Unterlage aller Erkenntnisse bilden, als Domäne überlassen
können. Aber das ist es gerade, was ihr unmöglich fällt, was dem gesunden
*


35

hiermit in jeder Hinsicht entschädigt wird, definirt. Dann, noch einem glänzend
geschriebenen Excurse über Entstehung und Berechtigung des Grundeigenthums
und einer beredten Warnung gegen das Bestreben, eine historisch und rechts¬
philosophisch noch wenig begriffene Erscheinung wie das Grundeigenthum nicht
auch noch auf andere Gebiete zu übertragen und dadurch die Räthsel unnöthiger
Weise zu vermehren, wird der Regierung schließlich das Recht und die Macht,
ein literarisches Eigenthum mit der Eigenschaft der Ewigkeit zu schaffen, in
folgenden zugleich den Gedankengang der ganzen Erörterung zusammenfassenden
Sätzen abgesprochen:

„Die Regierung kann was sie will, vorausgesetzt daß sie sich innerhalb der
Grenzen der natürlichen und ökonomischen Gesetze und der Regeln des Rechtes hält.

In dieser Weise sann es eine Regierung nicht dahin bringen, daß das¬
jenige, was vermöge der Natur und seiner Bestimmung nur Product ist. als
Grundbesitz und unbewegliches Eigenthum angesehen werde. Sie kann nicht
bewirken, daß ein Tauschvertrag zum Erbpacht werde, so lange sich der Dienst
oder die Waare bei dem Tausche durch ein Iahreslohn oder durch eine Reihe
von jährlichen Zahlungen belohnen, bezahlen lässt.

Sie vermag nicht den Preis eines Productes einem Pachtgelde gleich zu
machen.

Sie kann ohne das Gesetz der menschlichen Beziehungen zu verletzen und
alle Begriffe durcheinandcrzuwerfen, nicht bewirken, daß ein Schriftsteller,
der seine Gedanken in Umlauf bringt, nicht als ein einfacher Producent und
Eintauscher, sondern als ein unabsindbarer, stiller Gesellschafter betrachtet wird,
dem man deshalb bis an das Ende der Jahrhunderte einen ewigen Zins schulde.
Die Regierung ist dies ebensowenig un Stande, als sie den Luftkreis theilen,
auf den Ocean bauen, ohne Arbeit erzeugen. Jedermann Renten verschreiben
kann. Versuchte sie es, so würde es ihr zum Schaden gereichen, die Lächerlichkeit
und der Verfall müßten sie bald zur Wahrheit zurückführen.

Die Gesellschaft hat aus weit hinausgehenden Gründen, die von der
Wissenschaft noch nicht genügend aufgeklärt, aber auch nicht als unstichhaltig
nachgewiesen sind, den Boden theilen und ein Grundeigenthum festsetzen können.
Sie hat es gekonnt, obgleich diese Zueignung nach dem Geständnisse aller Ge¬
setzeskundigen über das Recht des Erbauers an den von ihm gezogenen Früch-
ten hinausgeht, obgleich die politische Oekonomie ein derartiges Zugeständnis,
nicht erfordert, obgleich ein Grundeigenthum bei zahlreichen Nationen nicht be¬
steht, sondern durch ein einfaches Besitzrecht ersetzt wird. Damit es nun gar
ein geistiges Eigenthum geben könnte, müßte die Negierung dem Schriftsteller
das Privilegium des allgemeinen Gedankens und der Studicngegenstände, welche
die gemeinschaftliche Unterlage aller Erkenntnisse bilden, als Domäne überlassen
können. Aber das ist es gerade, was ihr unmöglich fällt, was dem gesunden
*


35
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187777"/>
          <p xml:id="ID_1082" prev="#ID_1081"> hiermit in jeder Hinsicht entschädigt wird, definirt. Dann, noch einem glänzend<lb/>
geschriebenen Excurse über Entstehung und Berechtigung des Grundeigenthums<lb/>
und einer beredten Warnung gegen das Bestreben, eine historisch und rechts¬<lb/>
philosophisch noch wenig begriffene Erscheinung wie das Grundeigenthum nicht<lb/>
auch noch auf andere Gebiete zu übertragen und dadurch die Räthsel unnöthiger<lb/>
Weise zu vermehren, wird der Regierung schließlich das Recht und die Macht,<lb/>
ein literarisches Eigenthum mit der Eigenschaft der Ewigkeit zu schaffen, in<lb/>
folgenden zugleich den Gedankengang der ganzen Erörterung zusammenfassenden<lb/>
Sätzen abgesprochen:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1083"> &#x201E;Die Regierung kann was sie will, vorausgesetzt daß sie sich innerhalb der<lb/>
Grenzen der natürlichen und ökonomischen Gesetze und der Regeln des Rechtes hält.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1084"> In dieser Weise sann es eine Regierung nicht dahin bringen, daß das¬<lb/>
jenige, was vermöge der Natur und seiner Bestimmung nur Product ist. als<lb/>
Grundbesitz und unbewegliches Eigenthum angesehen werde. Sie kann nicht<lb/>
bewirken, daß ein Tauschvertrag zum Erbpacht werde, so lange sich der Dienst<lb/>
oder die Waare bei dem Tausche durch ein Iahreslohn oder durch eine Reihe<lb/>
von jährlichen Zahlungen belohnen, bezahlen lässt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1085"> Sie vermag nicht den Preis eines Productes einem Pachtgelde gleich zu<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1086"> Sie kann ohne das Gesetz der menschlichen Beziehungen zu verletzen und<lb/>
alle Begriffe durcheinandcrzuwerfen, nicht bewirken, daß ein Schriftsteller,<lb/>
der seine Gedanken in Umlauf bringt, nicht als ein einfacher Producent und<lb/>
Eintauscher, sondern als ein unabsindbarer, stiller Gesellschafter betrachtet wird,<lb/>
dem man deshalb bis an das Ende der Jahrhunderte einen ewigen Zins schulde.<lb/>
Die Regierung ist dies ebensowenig un Stande, als sie den Luftkreis theilen,<lb/>
auf den Ocean bauen, ohne Arbeit erzeugen. Jedermann Renten verschreiben<lb/>
kann. Versuchte sie es, so würde es ihr zum Schaden gereichen, die Lächerlichkeit<lb/>
und der Verfall müßten sie bald zur Wahrheit zurückführen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1087" next="#ID_1088"> Die Gesellschaft hat aus weit hinausgehenden Gründen, die von der<lb/>
Wissenschaft noch nicht genügend aufgeklärt, aber auch nicht als unstichhaltig<lb/>
nachgewiesen sind, den Boden theilen und ein Grundeigenthum festsetzen können.<lb/>
Sie hat es gekonnt, obgleich diese Zueignung nach dem Geständnisse aller Ge¬<lb/>
setzeskundigen über das Recht des Erbauers an den von ihm gezogenen Früch-<lb/>
ten hinausgeht, obgleich die politische Oekonomie ein derartiges Zugeständnis,<lb/>
nicht erfordert, obgleich ein Grundeigenthum bei zahlreichen Nationen nicht be¬<lb/>
steht, sondern durch ein einfaches Besitzrecht ersetzt wird. Damit es nun gar<lb/>
ein geistiges Eigenthum geben könnte, müßte die Negierung dem Schriftsteller<lb/>
das Privilegium des allgemeinen Gedankens und der Studicngegenstände, welche<lb/>
die gemeinschaftliche Unterlage aller Erkenntnisse bilden, als Domäne überlassen<lb/>
können.  Aber das ist es gerade, was ihr unmöglich fällt, was dem gesunden<lb/>
*</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 35</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0283] hiermit in jeder Hinsicht entschädigt wird, definirt. Dann, noch einem glänzend geschriebenen Excurse über Entstehung und Berechtigung des Grundeigenthums und einer beredten Warnung gegen das Bestreben, eine historisch und rechts¬ philosophisch noch wenig begriffene Erscheinung wie das Grundeigenthum nicht auch noch auf andere Gebiete zu übertragen und dadurch die Räthsel unnöthiger Weise zu vermehren, wird der Regierung schließlich das Recht und die Macht, ein literarisches Eigenthum mit der Eigenschaft der Ewigkeit zu schaffen, in folgenden zugleich den Gedankengang der ganzen Erörterung zusammenfassenden Sätzen abgesprochen: „Die Regierung kann was sie will, vorausgesetzt daß sie sich innerhalb der Grenzen der natürlichen und ökonomischen Gesetze und der Regeln des Rechtes hält. In dieser Weise sann es eine Regierung nicht dahin bringen, daß das¬ jenige, was vermöge der Natur und seiner Bestimmung nur Product ist. als Grundbesitz und unbewegliches Eigenthum angesehen werde. Sie kann nicht bewirken, daß ein Tauschvertrag zum Erbpacht werde, so lange sich der Dienst oder die Waare bei dem Tausche durch ein Iahreslohn oder durch eine Reihe von jährlichen Zahlungen belohnen, bezahlen lässt. Sie vermag nicht den Preis eines Productes einem Pachtgelde gleich zu machen. Sie kann ohne das Gesetz der menschlichen Beziehungen zu verletzen und alle Begriffe durcheinandcrzuwerfen, nicht bewirken, daß ein Schriftsteller, der seine Gedanken in Umlauf bringt, nicht als ein einfacher Producent und Eintauscher, sondern als ein unabsindbarer, stiller Gesellschafter betrachtet wird, dem man deshalb bis an das Ende der Jahrhunderte einen ewigen Zins schulde. Die Regierung ist dies ebensowenig un Stande, als sie den Luftkreis theilen, auf den Ocean bauen, ohne Arbeit erzeugen. Jedermann Renten verschreiben kann. Versuchte sie es, so würde es ihr zum Schaden gereichen, die Lächerlichkeit und der Verfall müßten sie bald zur Wahrheit zurückführen. Die Gesellschaft hat aus weit hinausgehenden Gründen, die von der Wissenschaft noch nicht genügend aufgeklärt, aber auch nicht als unstichhaltig nachgewiesen sind, den Boden theilen und ein Grundeigenthum festsetzen können. Sie hat es gekonnt, obgleich diese Zueignung nach dem Geständnisse aller Ge¬ setzeskundigen über das Recht des Erbauers an den von ihm gezogenen Früch- ten hinausgeht, obgleich die politische Oekonomie ein derartiges Zugeständnis, nicht erfordert, obgleich ein Grundeigenthum bei zahlreichen Nationen nicht be¬ steht, sondern durch ein einfaches Besitzrecht ersetzt wird. Damit es nun gar ein geistiges Eigenthum geben könnte, müßte die Negierung dem Schriftsteller das Privilegium des allgemeinen Gedankens und der Studicngegenstände, welche die gemeinschaftliche Unterlage aller Erkenntnisse bilden, als Domäne überlassen können. Aber das ist es gerade, was ihr unmöglich fällt, was dem gesunden * 35

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/283
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/283>, abgerufen am 28.07.2024.