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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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lassen, und die Fremden zogen nur noch einzeln als Müller, Schmiede, Krüger,
Schäfer an. Im Osten unter der dichtesten polnische" Bevölkerung verschwanden sie
sogar bis auf schwache, jetzt kaum noch kenntliche Spuren. In den Grenztreisen
und namentlich in de> Umgebung von Fraustadt, Bomst, Meseritz, Ezarnikau war
das Deutschthum start genug, auch Bedrückungen auszuhalten. Auch viele Edle
deutschen Blutes hatten sich niedergelassen; leider haben die meisten von ihnen
erst ihre Namen polonisut, spater sich dem polnischen Adel bis zur Unkennt¬
lichkeit amalgamirt. Wer die Beute für lohnend hätt, der reclamire für uns
die dermaligen Familien: Bialtowski (Biberstein), Rydzinski (Warden), Trzinski
(Rohr), GostynSki (Bock). Drzewiecki (Nostitz), Grabowski (Götzendorf). Rvgvwski
(Horn), Bronikowsti (Oppen), Brudzewski (Brause). Firlej (Fürleger), Haza
v. Radkin (Hase v. Radlitz),-Stolinsü (Kaltstein). Wippczrnsti auch Zakrzewski
(Felde,,), Goluchowski (Gluchvw). Bontonski (Nostiz), Elzamowski (Elsenau),
Konarsti (Schleiwitz), Krvkowski (Krokau), Powalski (Lehwald), Kossowsti (Gold-
stein), Plemminski (Schaffenburg).

Die Reformation fand also in Großpolen eine bereits stark gemischte Be¬
völkerung vor. Es ist bekannt, daß ihr die Besten ^des Landes zufielen, und
daß die Duldsamkeit der letzten Jagellvnen die freiesie Bewegung gewährte.
Der erlöschende Fürstenstamm ehrte sich durch das Tvleranzedict von 1S63,
Durch die Energie der evangelischen Magnaten, namentlich des Kron-Grvß-
marschalls Firlej, ward die völlige Religionsfreiheit in die pace-r couvkirta auf¬
genommen, die der Wahlkönig beschwören mußte. Da nun die Eidbrüchigkeit
der östreichischen Kaiser wider ihre evangelischen Unterthanen in Schlesien, nachher
der dreißigjährige Krieg vielen Deutschen die Auswanderung wünschenswert!)
machte, so benutzten die selbst noch evangelischen Magnaten die Gelegenheit,
ihre öden Städte und Dörfer zu bevölkern oder ihre wüsten Lcindereien bebauen
zu lassen. Sie gewährten den Flüchtlingen das, was sie sich bedangen, eine
Wohnstätte, da sie den Gewerben obliegen könnten, in denen sie geübt waren
und ein Gotteshaus, darin sie in ihrer Sprache nach ihrem Glauben beten dürften.
So bedeckte sich der ganze Bezirk mit deutschen Städtchen (vpMum) und Städten
(eivitAL) und mit evangelischen Kirchen. Unter andern gehört selbst das eben wieder
ins Leben gerufene Kirchensystem Revier (Rey-o-wies) jener Zeit an. Die
Macht des Adels erklärt es. daß dieser noch Städte gründet. Bojanowo (1642),
oder vergrößert, Lissa (1639), während die Könige bereits die Dissidenten
verfolgen.

Die neuen Staatsbürger wurden als fleißig, sittlich, ernst und mäßig
gerühmt.

Peter Szinunuta von Lachowv auf Kobylin, Pleschen, Raschkvw, Iutro-
schin und Zduny sagt in dem Privilegio vom 6. September 1636, durch welches
er Deutsche zur Ansiedelung in Zduny, Kobylin und Umgegend einlud: "Damit


lassen, und die Fremden zogen nur noch einzeln als Müller, Schmiede, Krüger,
Schäfer an. Im Osten unter der dichtesten polnische» Bevölkerung verschwanden sie
sogar bis auf schwache, jetzt kaum noch kenntliche Spuren. In den Grenztreisen
und namentlich in de> Umgebung von Fraustadt, Bomst, Meseritz, Ezarnikau war
das Deutschthum start genug, auch Bedrückungen auszuhalten. Auch viele Edle
deutschen Blutes hatten sich niedergelassen; leider haben die meisten von ihnen
erst ihre Namen polonisut, spater sich dem polnischen Adel bis zur Unkennt¬
lichkeit amalgamirt. Wer die Beute für lohnend hätt, der reclamire für uns
die dermaligen Familien: Bialtowski (Biberstein), Rydzinski (Warden), Trzinski
(Rohr), GostynSki (Bock). Drzewiecki (Nostitz), Grabowski (Götzendorf). Rvgvwski
(Horn), Bronikowsti (Oppen), Brudzewski (Brause). Firlej (Fürleger), Haza
v. Radkin (Hase v. Radlitz),-Stolinsü (Kaltstein). Wippczrnsti auch Zakrzewski
(Felde,,), Goluchowski (Gluchvw). Bontonski (Nostiz), Elzamowski (Elsenau),
Konarsti (Schleiwitz), Krvkowski (Krokau), Powalski (Lehwald), Kossowsti (Gold-
stein), Plemminski (Schaffenburg).

Die Reformation fand also in Großpolen eine bereits stark gemischte Be¬
völkerung vor. Es ist bekannt, daß ihr die Besten ^des Landes zufielen, und
daß die Duldsamkeit der letzten Jagellvnen die freiesie Bewegung gewährte.
Der erlöschende Fürstenstamm ehrte sich durch das Tvleranzedict von 1S63,
Durch die Energie der evangelischen Magnaten, namentlich des Kron-Grvß-
marschalls Firlej, ward die völlige Religionsfreiheit in die pace-r couvkirta auf¬
genommen, die der Wahlkönig beschwören mußte. Da nun die Eidbrüchigkeit
der östreichischen Kaiser wider ihre evangelischen Unterthanen in Schlesien, nachher
der dreißigjährige Krieg vielen Deutschen die Auswanderung wünschenswert!)
machte, so benutzten die selbst noch evangelischen Magnaten die Gelegenheit,
ihre öden Städte und Dörfer zu bevölkern oder ihre wüsten Lcindereien bebauen
zu lassen. Sie gewährten den Flüchtlingen das, was sie sich bedangen, eine
Wohnstätte, da sie den Gewerben obliegen könnten, in denen sie geübt waren
und ein Gotteshaus, darin sie in ihrer Sprache nach ihrem Glauben beten dürften.
So bedeckte sich der ganze Bezirk mit deutschen Städtchen (vpMum) und Städten
(eivitAL) und mit evangelischen Kirchen. Unter andern gehört selbst das eben wieder
ins Leben gerufene Kirchensystem Revier (Rey-o-wies) jener Zeit an. Die
Macht des Adels erklärt es. daß dieser noch Städte gründet. Bojanowo (1642),
oder vergrößert, Lissa (1639), während die Könige bereits die Dissidenten
verfolgen.

Die neuen Staatsbürger wurden als fleißig, sittlich, ernst und mäßig
gerühmt.

Peter Szinunuta von Lachowv auf Kobylin, Pleschen, Raschkvw, Iutro-
schin und Zduny sagt in dem Privilegio vom 6. September 1636, durch welches
er Deutsche zur Ansiedelung in Zduny, Kobylin und Umgegend einlud: „Damit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/272>, abgerufen am 30.11.2024.