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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Der erste Deutsche in Posen war der erste Bischof von Posen, Jordan,
der sich sofort mit deutschen Amtsbrüdern umgab, 968. Im Jahre 1000 kam
das von Otto dem Dritten errichtete Bisthum Gnesen hinzu. Beide Diöcesen
winden dein Erzbischof von Magdeburg untergeordnet. Daß die deutschen
Priester nicht ohne Gefolge kamen, ist selbstverständlich. Die so angeregte
deutsche Einwanderung kam nie zum Stehen und nahm seit dem dreizehnten
Jahrhundert größere Dimensionen an. Schon 1170 besaßen die deutschen
Malthcser ein reich dotirtes Hospitium in Posen. Wladislaw spectator über¬
ließ ihnen auch das Gnesener Hospital, um es ",hin-v c>.t. meno et^utomcgli zu
benutzen und deutsche Eolonisten anzusetzen" (urkundlich). Dieses hier zuerst
erwähnte deutsche Recht hieß anfangs in" Wi'vdvnsö (Schrodaisch Recht) oder
auch ius novi t'ori. Später tritt das Magdeburger (Stadt-) und das Culmer
(Land-) Recht auf. Dem Malthcserorden folgten die Eisterzienser, durch ihren
Einfluß auf die Bodencultur um das Land hochverdient. 1213 gründeten sie
Owinsk, 1232 Biesen. Bereits 122ü siedelten sich die Cistercienser von Schul-
pforte von ihrer Filla Leubus (in Schlesien) aus in der Wüstenei bei Ratel
an und stifteten 1234 das Kloster Bischcwo. So geht es weiter: Paradies,
Priement, Obra. Dvminicanerl'tohter Posen und dessen Zweigniederlassung Wronkc
1297. Im Jahre 1234 erhielt der Erzbischof von Gnesen die Erlaubniß "Aus¬
länder einzuladen und in den der Kirche gehörigen Dörfern anzusiedeln, damit
sie zum Muster dienen" ("ut. gentes Lxti'-mcüiL invitet et in villis ecolsKl^ö
loeeit <zuÄ"z sxomM 8int"). Auch unmittelbar zog der Landesherr deutsche Ein¬
wanderer auf seine Güter, so in den Starosteien Meseritz. Kopnitz, Rogasen. Aehn-
lich verfuhren die polnischen Herzöge von Schlesien, und die acht Quadratmeilen
des Fraustädter Ländchens waren bereits vollkommen germanisirtals sie zur
Krone Polen fielen. Damals entstanden auch viele Städte, wie Posen. Filehnc,
Zduny, Kriewen, Ratel, Dolzig, Gostyn, Krone, sämmtlich mit deutschem
Recht; ebenso die Städtchen um Posen, welche später dem Weichbild der Stadt
einverleibt oder untergegangen sind^). Das Meiste und Wesentlichste geschah
aber doch von den Geistlichen. Zweihundert Hufen Landes, die ihm der Mark¬
graf von Brandenburg abgetreten hatte, ließ der Bischof Zaremba von Posen
durch deutsche Hände urbar machen, nachdem schon einer seiner Borgänger das
Recht gewonnen hatte, seine sämmtlichen Güter zu deutschen Rechten anlegen
zu dürfen.

Eine mächtige Stütze erhielten die Deutschen in Polen, als Eonrad von
Masovien den deutschen Ritterorden wider die heidnischen Preußen, denen er
fast erlegen war, zu Hülfe rief, und als diese Verbrüderung den Polen eine



*) Das heutige Posen ist eine Bereinigung der ursprünglichen Stadt und 8--12 kleiner
Städtchen, die ihr eignes Recht, eignen Rath u. s. w. hatten. Das Wsrt Vorstadt gewinnt
hier einen besondern Sinn.° .ivll NlItN1-!lIU)!NllIK

Der erste Deutsche in Posen war der erste Bischof von Posen, Jordan,
der sich sofort mit deutschen Amtsbrüdern umgab, 968. Im Jahre 1000 kam
das von Otto dem Dritten errichtete Bisthum Gnesen hinzu. Beide Diöcesen
winden dein Erzbischof von Magdeburg untergeordnet. Daß die deutschen
Priester nicht ohne Gefolge kamen, ist selbstverständlich. Die so angeregte
deutsche Einwanderung kam nie zum Stehen und nahm seit dem dreizehnten
Jahrhundert größere Dimensionen an. Schon 1170 besaßen die deutschen
Malthcser ein reich dotirtes Hospitium in Posen. Wladislaw spectator über¬
ließ ihnen auch das Gnesener Hospital, um es „,hin-v c>.t. meno et^utomcgli zu
benutzen und deutsche Eolonisten anzusetzen" (urkundlich). Dieses hier zuerst
erwähnte deutsche Recht hieß anfangs in» Wi'vdvnsö (Schrodaisch Recht) oder
auch ius novi t'ori. Später tritt das Magdeburger (Stadt-) und das Culmer
(Land-) Recht auf. Dem Malthcserorden folgten die Eisterzienser, durch ihren
Einfluß auf die Bodencultur um das Land hochverdient. 1213 gründeten sie
Owinsk, 1232 Biesen. Bereits 122ü siedelten sich die Cistercienser von Schul-
pforte von ihrer Filla Leubus (in Schlesien) aus in der Wüstenei bei Ratel
an und stifteten 1234 das Kloster Bischcwo. So geht es weiter: Paradies,
Priement, Obra. Dvminicanerl'tohter Posen und dessen Zweigniederlassung Wronkc
1297. Im Jahre 1234 erhielt der Erzbischof von Gnesen die Erlaubniß „Aus¬
länder einzuladen und in den der Kirche gehörigen Dörfern anzusiedeln, damit
sie zum Muster dienen" („ut. gentes Lxti'-mcüiL invitet et in villis ecolsKl^ö
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wanderer auf seine Güter, so in den Starosteien Meseritz. Kopnitz, Rogasen. Aehn-
lich verfuhren die polnischen Herzöge von Schlesien, und die acht Quadratmeilen
des Fraustädter Ländchens waren bereits vollkommen germanisirtals sie zur
Krone Polen fielen. Damals entstanden auch viele Städte, wie Posen. Filehnc,
Zduny, Kriewen, Ratel, Dolzig, Gostyn, Krone, sämmtlich mit deutschem
Recht; ebenso die Städtchen um Posen, welche später dem Weichbild der Stadt
einverleibt oder untergegangen sind^). Das Meiste und Wesentlichste geschah
aber doch von den Geistlichen. Zweihundert Hufen Landes, die ihm der Mark¬
graf von Brandenburg abgetreten hatte, ließ der Bischof Zaremba von Posen
durch deutsche Hände urbar machen, nachdem schon einer seiner Borgänger das
Recht gewonnen hatte, seine sämmtlichen Güter zu deutschen Rechten anlegen
zu dürfen.

Eine mächtige Stütze erhielten die Deutschen in Polen, als Eonrad von
Masovien den deutschen Ritterorden wider die heidnischen Preußen, denen er
fast erlegen war, zu Hülfe rief, und als diese Verbrüderung den Polen eine



*) Das heutige Posen ist eine Bereinigung der ursprünglichen Stadt und 8—12 kleiner
Städtchen, die ihr eignes Recht, eignen Rath u. s. w. hatten. Das Wsrt Vorstadt gewinnt
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/270>, abgerufen am 27.07.2024.