Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachfolgn' nach dem londoner Protokoll unterschrieb, der für den Fall der Wei¬
gerung drohenden Revolution der Kopenhagens weichend, unmittelbar nach seiner
Thronbesteigung. Inzwischen hatte Friedrichs des Siebenten rechtmäßiger Nach¬
folger in Schleswig-Holstein, der bisherige Erbprinz von Augustenburg, durch
Proclamation vom 16. November die Negierung angetreten und dadurch der
ganzen Frage eine neue Wendung gegeben. Ein Theil der deutschen Regierungen
erkannte ihn sofort an. andere erklärten noch Zweifel zu hege", wollten aber
doch jetzt Occupation statt Execution. Drohungen der am londoner Protokoll
festhaltenden beiden deutschen Großmächte bewirkten, daß die Bundesversamm¬
lung sich am 7. December mit geringer Majorität für Execution entschied.

Die Moral dieser traurigen Geschichte ist den Lesern bekannt. Diese Ge¬
schichte ist ein nutzloser Zank um Provisorien, ein Nicht-Leben und Nicht-
Sterbcn-Können Schleswig-Holsteins wie Dänemarks. Die Rücknahme des Pa¬
tents vom 30. März hat daran nichts Wesentliches geändert. Die etwaige Wieder-
aufhebung der neuen Verfassung für Dänemark-Schleswig wird daran ebenso wenig
ändern. Eine e ut gi It ige Losung der Schleswig-holsteinischen Frage auf Grund
der Anerkennung eines wie immer gearteten dänischen Gcsammtstaats und des lon¬
doner Protokolls ist absolut unmöglich. Weder das dänische noch das deutsche
Volt würde sich ihr für die Dauer unterwerfen, ohne gezwungen zu sein.
Keine Garantie, kein noch so unzweideutig gefaßtes Uebereinkommen könnten
die Herzogthümer vor neuen Uebergriffen schützen, da in Kopenhagen. so lange
der Parlamentarismus herrscht,' unter allen Umständen der gute Wille, die
eingegangenen Verpflichtungen zu halten, fehlen würde.

Die wahre Lösung der sah leswig-holsteinischen Frage ist nur
zu erreichen durch Lösung der Herzogthümer von Dänemark, und
diese wieocrnur durch An erken mung der Erbrechte Herzog Friedri ass.

Graf Nechbergs Panduren und Polaken werden diese Lösung nur so lange
aufhalten, als Deutschland durch Preußens Schwäche schwach ist. Beweisen
uns die Mittelstaaren, was ihre Presse jetzt behauptet, daß sie auch ohne Oest¬
reich einen Willen haben und eine Macht sind, um so besser für die, welche
ihre Kronen tragen.

Im Uebrigen hat die Moral der Jahre von der Pacisication bis zur
Occupation dem deutschen Volte ein evtczrum oenZvo eingegeben, welches alle
Parteien vereint und jetzt schon mit der Gewalt eines religiösen Glaubensbe¬
kenntnisses in alter Zeit auftritt. Die Herzogthümer müssen getrennt werden
von Dänemark, wie Karthago zerstört werden.mußte, und sie werden getrennt
werden trotz der Großmächte -und sicherlich eher als das erste ceterum eonsvo
Catos sich erfüllte.




Nachfolgn' nach dem londoner Protokoll unterschrieb, der für den Fall der Wei¬
gerung drohenden Revolution der Kopenhagens weichend, unmittelbar nach seiner
Thronbesteigung. Inzwischen hatte Friedrichs des Siebenten rechtmäßiger Nach¬
folger in Schleswig-Holstein, der bisherige Erbprinz von Augustenburg, durch
Proclamation vom 16. November die Negierung angetreten und dadurch der
ganzen Frage eine neue Wendung gegeben. Ein Theil der deutschen Regierungen
erkannte ihn sofort an. andere erklärten noch Zweifel zu hege», wollten aber
doch jetzt Occupation statt Execution. Drohungen der am londoner Protokoll
festhaltenden beiden deutschen Großmächte bewirkten, daß die Bundesversamm¬
lung sich am 7. December mit geringer Majorität für Execution entschied.

Die Moral dieser traurigen Geschichte ist den Lesern bekannt. Diese Ge¬
schichte ist ein nutzloser Zank um Provisorien, ein Nicht-Leben und Nicht-
Sterbcn-Können Schleswig-Holsteins wie Dänemarks. Die Rücknahme des Pa¬
tents vom 30. März hat daran nichts Wesentliches geändert. Die etwaige Wieder-
aufhebung der neuen Verfassung für Dänemark-Schleswig wird daran ebenso wenig
ändern. Eine e ut gi It ige Losung der Schleswig-holsteinischen Frage auf Grund
der Anerkennung eines wie immer gearteten dänischen Gcsammtstaats und des lon¬
doner Protokolls ist absolut unmöglich. Weder das dänische noch das deutsche
Volt würde sich ihr für die Dauer unterwerfen, ohne gezwungen zu sein.
Keine Garantie, kein noch so unzweideutig gefaßtes Uebereinkommen könnten
die Herzogthümer vor neuen Uebergriffen schützen, da in Kopenhagen. so lange
der Parlamentarismus herrscht,' unter allen Umständen der gute Wille, die
eingegangenen Verpflichtungen zu halten, fehlen würde.

Die wahre Lösung der sah leswig-holsteinischen Frage ist nur
zu erreichen durch Lösung der Herzogthümer von Dänemark, und
diese wieocrnur durch An erken mung der Erbrechte Herzog Friedri ass.

Graf Nechbergs Panduren und Polaken werden diese Lösung nur so lange
aufhalten, als Deutschland durch Preußens Schwäche schwach ist. Beweisen
uns die Mittelstaaren, was ihre Presse jetzt behauptet, daß sie auch ohne Oest¬
reich einen Willen haben und eine Macht sind, um so besser für die, welche
ihre Kronen tragen.

Im Uebrigen hat die Moral der Jahre von der Pacisication bis zur
Occupation dem deutschen Volte ein evtczrum oenZvo eingegeben, welches alle
Parteien vereint und jetzt schon mit der Gewalt eines religiösen Glaubensbe¬
kenntnisses in alter Zeit auftritt. Die Herzogthümer müssen getrennt werden
von Dänemark, wie Karthago zerstört werden.mußte, und sie werden getrennt
werden trotz der Großmächte -und sicherlich eher als das erste ceterum eonsvo
Catos sich erfüllte.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116438"/>
          <p xml:id="ID_1704" prev="#ID_1703"> Nachfolgn' nach dem londoner Protokoll unterschrieb, der für den Fall der Wei¬<lb/>
gerung drohenden Revolution der Kopenhagens weichend, unmittelbar nach seiner<lb/>
Thronbesteigung. Inzwischen hatte Friedrichs des Siebenten rechtmäßiger Nach¬<lb/>
folger in Schleswig-Holstein, der bisherige Erbprinz von Augustenburg, durch<lb/>
Proclamation vom 16. November die Negierung angetreten und dadurch der<lb/>
ganzen Frage eine neue Wendung gegeben. Ein Theil der deutschen Regierungen<lb/>
erkannte ihn sofort an. andere erklärten noch Zweifel zu hege», wollten aber<lb/>
doch jetzt Occupation statt Execution. Drohungen der am londoner Protokoll<lb/>
festhaltenden beiden deutschen Großmächte bewirkten, daß die Bundesversamm¬<lb/>
lung sich am 7. December mit geringer Majorität für Execution entschied.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1705"> Die Moral dieser traurigen Geschichte ist den Lesern bekannt. Diese Ge¬<lb/>
schichte ist ein nutzloser Zank um Provisorien, ein Nicht-Leben und Nicht-<lb/>
Sterbcn-Können Schleswig-Holsteins wie Dänemarks. Die Rücknahme des Pa¬<lb/>
tents vom 30. März hat daran nichts Wesentliches geändert. Die etwaige Wieder-<lb/>
aufhebung der neuen Verfassung für Dänemark-Schleswig wird daran ebenso wenig<lb/>
ändern. Eine e ut gi It ige Losung der Schleswig-holsteinischen Frage auf Grund<lb/>
der Anerkennung eines wie immer gearteten dänischen Gcsammtstaats und des lon¬<lb/>
doner Protokolls ist absolut unmöglich. Weder das dänische noch das deutsche<lb/>
Volt würde sich ihr für die Dauer unterwerfen, ohne gezwungen zu sein.<lb/>
Keine Garantie, kein noch so unzweideutig gefaßtes Uebereinkommen könnten<lb/>
die Herzogthümer vor neuen Uebergriffen schützen, da in Kopenhagen. so lange<lb/>
der Parlamentarismus herrscht,' unter allen Umständen der gute Wille, die<lb/>
eingegangenen Verpflichtungen zu halten, fehlen würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1706"> Die wahre Lösung der sah leswig-holsteinischen Frage ist nur<lb/>
zu erreichen durch Lösung der Herzogthümer von Dänemark, und<lb/>
diese wieocrnur durch An erken mung der Erbrechte Herzog Friedri ass.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1707"> Graf Nechbergs Panduren und Polaken werden diese Lösung nur so lange<lb/>
aufhalten, als Deutschland durch Preußens Schwäche schwach ist. Beweisen<lb/>
uns die Mittelstaaren, was ihre Presse jetzt behauptet, daß sie auch ohne Oest¬<lb/>
reich einen Willen haben und eine Macht sind, um so besser für die, welche<lb/>
ihre Kronen tragen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1708"> Im Uebrigen hat die Moral der Jahre von der Pacisication bis zur<lb/>
Occupation dem deutschen Volte ein evtczrum oenZvo eingegeben, welches alle<lb/>
Parteien vereint und jetzt schon mit der Gewalt eines religiösen Glaubensbe¬<lb/>
kenntnisses in alter Zeit auftritt. Die Herzogthümer müssen getrennt werden<lb/>
von Dänemark, wie Karthago zerstört werden.mußte, und sie werden getrennt<lb/>
werden trotz der Großmächte -und sicherlich eher als das erste ceterum eonsvo<lb/>
Catos sich erfüllte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0510] Nachfolgn' nach dem londoner Protokoll unterschrieb, der für den Fall der Wei¬ gerung drohenden Revolution der Kopenhagens weichend, unmittelbar nach seiner Thronbesteigung. Inzwischen hatte Friedrichs des Siebenten rechtmäßiger Nach¬ folger in Schleswig-Holstein, der bisherige Erbprinz von Augustenburg, durch Proclamation vom 16. November die Negierung angetreten und dadurch der ganzen Frage eine neue Wendung gegeben. Ein Theil der deutschen Regierungen erkannte ihn sofort an. andere erklärten noch Zweifel zu hege», wollten aber doch jetzt Occupation statt Execution. Drohungen der am londoner Protokoll festhaltenden beiden deutschen Großmächte bewirkten, daß die Bundesversamm¬ lung sich am 7. December mit geringer Majorität für Execution entschied. Die Moral dieser traurigen Geschichte ist den Lesern bekannt. Diese Ge¬ schichte ist ein nutzloser Zank um Provisorien, ein Nicht-Leben und Nicht- Sterbcn-Können Schleswig-Holsteins wie Dänemarks. Die Rücknahme des Pa¬ tents vom 30. März hat daran nichts Wesentliches geändert. Die etwaige Wieder- aufhebung der neuen Verfassung für Dänemark-Schleswig wird daran ebenso wenig ändern. Eine e ut gi It ige Losung der Schleswig-holsteinischen Frage auf Grund der Anerkennung eines wie immer gearteten dänischen Gcsammtstaats und des lon¬ doner Protokolls ist absolut unmöglich. Weder das dänische noch das deutsche Volt würde sich ihr für die Dauer unterwerfen, ohne gezwungen zu sein. Keine Garantie, kein noch so unzweideutig gefaßtes Uebereinkommen könnten die Herzogthümer vor neuen Uebergriffen schützen, da in Kopenhagen. so lange der Parlamentarismus herrscht,' unter allen Umständen der gute Wille, die eingegangenen Verpflichtungen zu halten, fehlen würde. Die wahre Lösung der sah leswig-holsteinischen Frage ist nur zu erreichen durch Lösung der Herzogthümer von Dänemark, und diese wieocrnur durch An erken mung der Erbrechte Herzog Friedri ass. Graf Nechbergs Panduren und Polaken werden diese Lösung nur so lange aufhalten, als Deutschland durch Preußens Schwäche schwach ist. Beweisen uns die Mittelstaaren, was ihre Presse jetzt behauptet, daß sie auch ohne Oest¬ reich einen Willen haben und eine Macht sind, um so besser für die, welche ihre Kronen tragen. Im Uebrigen hat die Moral der Jahre von der Pacisication bis zur Occupation dem deutschen Volte ein evtczrum oenZvo eingegeben, welches alle Parteien vereint und jetzt schon mit der Gewalt eines religiösen Glaubensbe¬ kenntnisses in alter Zeit auftritt. Die Herzogthümer müssen getrennt werden von Dänemark, wie Karthago zerstört werden.mußte, und sie werden getrennt werden trotz der Großmächte -und sicherlich eher als das erste ceterum eonsvo Catos sich erfüllte.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/510
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/510>, abgerufen am 15.01.2025.