Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Versprechungen nicht abhalten ließ, Holstein aufs schwerste zu belasten. Nicht Mittlerweile hatten auch die Großmächte, außer Preußen und Oestreich Im Januar 1862 trat der Rumpfreichsrath zum zweiten Male zusammen, 63*
Versprechungen nicht abhalten ließ, Holstein aufs schwerste zu belasten. Nicht Mittlerweile hatten auch die Großmächte, außer Preußen und Oestreich Im Januar 1862 trat der Rumpfreichsrath zum zweiten Male zusammen, 63*
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Versprechungen nicht abhalten ließ, Holstein aufs schwerste zu belasten. Nicht
nur, daß das Herzogthum einen Antheil von mehr als 21 Procent aller das
Normalbudget übersteigenden Ausgaben, ohne daß letztere von den Ständen be¬
willigt worden wären, entrichten mußte, die Regierung machte auch im Laufe
des Jahres weitere „außerordentliche Ausgaben" im Betrag von circa drei
Millionen Thalern, und wieder mußte Holstein dazu mit mehr als 21 Procent
beitragen. Und letztere Ausgaben galten lediglich Rüstungen gegen den deutschen
Bund. Holstein mußte Geld liefern zur Bekämpfung Deutschlands, zum Kriege
gegen sein eignes Interesse!
Mittlerweile hatten auch die Großmächte, außer Preußen und Oestreich
namentlich auch England, die Sache mit Noten und Depeschen in Angriff ge¬
nommen. Man wollte durch internationale Verhandlungen eine „definitive
Lösung" zu Stande bringen. Es lohnt aber kaum der Mühe, diese Bemü¬
hungen zu Ausgleich des Streites in ihren ersten Stadien einzeln zu betrachten,
und so mag es hinreichen, zu bemerken, daß Preußen jetzt auch die fchleswigfche
Frage in das Bereich der Erörterung zog.
Im Januar 1862 trat der Rumpfreichsrath zum zweiten Male zusammen,
berieth ein Budget sür Dänemark-Schleswig und verhandelte Vorschläge in
Betreff von Verfassungsänderungen, deren Zweck auf Zurechtschieben der gemein¬
samen Verfassung für einen Eiderstaat ging. Die deutschen Großmächte pro-
testirten dagegen am 14. Februar, und der Bund schloß sich ihnen am 27. März
ausdrücklich an, wobei der Gesandte sür Holstein der Bundesversammlung jede
Befugniß in Sachen Schleswigs absprechen zu dürfen meinte, damit aber vom
Präsidium abgewiesen wurde. Aehnlich wie der Gesandte äußerte sich in einer
an Oestreich und Preußen gerichteten Depesche vom 12. März das dänische
Cabinet und zwar unter dem Vorgeben, Schleswig sei ein „dänisches Herzog¬
tum", eine Anschauung, die es in einer am 8. Mai an die europäischen Mächte
versandten Circulardepeschc abermals vorbrachte. Graf Bernstorffs Depesche
vom 27. Juni zeichnete die Unredlichkeit und die Winkelzüge der dänischen
Staatsmänner mit den unverblümtesten Worten, welche die diplomatische Sprache
erlaubt, aber weder sie noch die Noten Oestreichs und Preußens vom 22. August
führten eine Aenderung in dieser Politik herbei. Die Erwiderung, welche das
kopenhagner Cabinet am 6. November auf diese Vorstellungen ertheilte, er¬
öffnete durchaus keine Hoffnungen auf Besserung der Zustände in Schleswig-
Holstein. Ein ungefähr gleichzeitig mit derselben in Wien und Berlin ub er¬
gebenes Memorandum behauptete dreist, was schon im Jahre 18S6 auf die
ersten Erkundigungen der Mächte geantwortet worden: die gemeinschaftliche
Verfassung von 1855 sei in genauer Uebereinstimmung mit den Vereinbarungen
von 1851 und 1852 erlassen, und fuhr dann fort, was die inneren Verhält¬
nisse Schleswigs betrcife, so könnten diese, die Sprachbestimmungen inbegriffen,
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