Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.waren es. welche die Staaten Ohio, Wisconsin, Illinois, Jndiana und Iowa Im Nordwesten hat der deutsche Einfluß breitere Ausdehnung gewonnen, waren es. welche die Staaten Ohio, Wisconsin, Illinois, Jndiana und Iowa Im Nordwesten hat der deutsche Einfluß breitere Ausdehnung gewonnen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116424"/> <p xml:id="ID_1644" prev="#ID_1643"> waren es. welche die Staaten Ohio, Wisconsin, Illinois, Jndiana und Iowa<lb/> für die republikanische Fahne gewannen und in Neuyork und Pennsylvanien<lb/> den Sieg derselben bei der Wahl von 1860 hauptsächlich förderten. Sie haben<lb/> seitdem nahe an hunderttausend Kämpfer und mehr als einen der besseren<lb/> Generale zur Unionsarmee gestellt. Daß Missouri dem Sondcrbundc der<lb/> Sklavenhalter entrissen wurde, ist fast ausschließlich ihr Werk. Sie vor Allem<lb/> wirkten in Washington auf eine richtigere Auffassung der Pflichten hin, welche<lb/> die Empörung des Südens dem Präsidenten und seinen Räthen auferlegte.<lb/> Und die besseren Elemente unter den Angloamerikanern wissen diese Dienste<lb/> zu würdigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1645" next="#ID_1646"> Im Nordwesten hat der deutsche Einfluß breitere Ausdehnung gewonnen,<lb/> im Osten ist er mehr in die Tiefe gegangen, wenn auch auf beschränkterem<lb/> Raume. Dort in Ohio, Jndiana und Illinois, in Wisconsin und Iowa<lb/> thun die Politiker seit Jahren schon nichts Wichtiges mehr, ohne sich vorher<lb/> des Beifalls der Deutschen zu versichern. Dort sind schon an vielen Orten<lb/> Lehrer der deutschen Sprache an den öffentlichen Schulen angestellt. Dort haben<lb/> die Deutschen nahezu den ihrer Zahl nach ihnen gebührenden Antheil an den Aem¬<lb/> tern und der Vertretung in der Legislatur. Der irische Einfluß tritt in den<lb/> Hintergrund, Angloamerikaner und Deutsche berühren sich in Geschäftsverbin¬<lb/> dungen und Mischehen ziemlich häusig, die Ansiedelungen beider Nationalitäten<lb/> laufen bunter durcheinander, die Aankees nehmen zahlreich an den Vergnügungen<lb/> der Deutschen theil, finden Geschmack an edleren Lebensgenuß, Gefallen an ge¬<lb/> müthlicher Geselligkeit -— strenge Sonntags- oder Tempcranzgesehe wären dort<lb/> völlig unmöglich. Auch die Deutschen der älteren Einwanderung beginnen sich<lb/> dort vielfach mit denen der neuern und neuesten zu vertragen und zu verschmel¬<lb/> zen. Hier in den Oststaaten dagegen scheiden sich die Deutschamerikaner ziem¬<lb/> lich schroff in zwei Schichten, eine gebildetere und eine rohere Classe, die weniger<lb/> mit einander verkehren als mit den englisch sprechenden Nachbarn. Die rohere<lb/> Classe geht, soweit sie zur Verjüngung zu alt ist, im Wirthshausleben unter,<lb/> die jüngern Leute derselben aber haben sich vielfältig als erziehungsfähig ge¬<lb/> zeigt. Die gebildetere Classe übt seit einigen Jahren einen sehr merklichen Ein¬<lb/> fluß auf die Angloamerikaner. Um mit weniger Wichtigem zu beginnen, haben<lb/> sich manche deutsche Sitten und Lebensgenusse unter jenen das Bürgerrecht<lb/> erworben. Fast allgemein feiert man jetzt das Weihnachtsfest auf deutsche Art.<lb/> Die puritanische Sonntagsfeier hat, wenigstens in den Mittclstaaten, an vielen<lb/> Orten der deutschen Auffassung Raum gemacht, welche den ersten Tag der<lb/> Woche außer dem Gottesdienste auch der Erholung und dem Vergnügen weiht.<lb/> Man bewundert die deutsche Musik, welche die italienische und das rohe ame¬<lb/> rikanische Gedudel jedes Jahr mehr zurückdrängt. Man besucht deutsche Mas¬<lb/> kenbälle und Theatervorstellungen, trägt den vollen deutschen Bart, läßt sich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
waren es. welche die Staaten Ohio, Wisconsin, Illinois, Jndiana und Iowa
für die republikanische Fahne gewannen und in Neuyork und Pennsylvanien
den Sieg derselben bei der Wahl von 1860 hauptsächlich förderten. Sie haben
seitdem nahe an hunderttausend Kämpfer und mehr als einen der besseren
Generale zur Unionsarmee gestellt. Daß Missouri dem Sondcrbundc der
Sklavenhalter entrissen wurde, ist fast ausschließlich ihr Werk. Sie vor Allem
wirkten in Washington auf eine richtigere Auffassung der Pflichten hin, welche
die Empörung des Südens dem Präsidenten und seinen Räthen auferlegte.
Und die besseren Elemente unter den Angloamerikanern wissen diese Dienste
zu würdigen.
Im Nordwesten hat der deutsche Einfluß breitere Ausdehnung gewonnen,
im Osten ist er mehr in die Tiefe gegangen, wenn auch auf beschränkterem
Raume. Dort in Ohio, Jndiana und Illinois, in Wisconsin und Iowa
thun die Politiker seit Jahren schon nichts Wichtiges mehr, ohne sich vorher
des Beifalls der Deutschen zu versichern. Dort sind schon an vielen Orten
Lehrer der deutschen Sprache an den öffentlichen Schulen angestellt. Dort haben
die Deutschen nahezu den ihrer Zahl nach ihnen gebührenden Antheil an den Aem¬
tern und der Vertretung in der Legislatur. Der irische Einfluß tritt in den
Hintergrund, Angloamerikaner und Deutsche berühren sich in Geschäftsverbin¬
dungen und Mischehen ziemlich häusig, die Ansiedelungen beider Nationalitäten
laufen bunter durcheinander, die Aankees nehmen zahlreich an den Vergnügungen
der Deutschen theil, finden Geschmack an edleren Lebensgenuß, Gefallen an ge¬
müthlicher Geselligkeit -— strenge Sonntags- oder Tempcranzgesehe wären dort
völlig unmöglich. Auch die Deutschen der älteren Einwanderung beginnen sich
dort vielfach mit denen der neuern und neuesten zu vertragen und zu verschmel¬
zen. Hier in den Oststaaten dagegen scheiden sich die Deutschamerikaner ziem¬
lich schroff in zwei Schichten, eine gebildetere und eine rohere Classe, die weniger
mit einander verkehren als mit den englisch sprechenden Nachbarn. Die rohere
Classe geht, soweit sie zur Verjüngung zu alt ist, im Wirthshausleben unter,
die jüngern Leute derselben aber haben sich vielfältig als erziehungsfähig ge¬
zeigt. Die gebildetere Classe übt seit einigen Jahren einen sehr merklichen Ein¬
fluß auf die Angloamerikaner. Um mit weniger Wichtigem zu beginnen, haben
sich manche deutsche Sitten und Lebensgenusse unter jenen das Bürgerrecht
erworben. Fast allgemein feiert man jetzt das Weihnachtsfest auf deutsche Art.
Die puritanische Sonntagsfeier hat, wenigstens in den Mittclstaaten, an vielen
Orten der deutschen Auffassung Raum gemacht, welche den ersten Tag der
Woche außer dem Gottesdienste auch der Erholung und dem Vergnügen weiht.
Man bewundert die deutsche Musik, welche die italienische und das rohe ame¬
rikanische Gedudel jedes Jahr mehr zurückdrängt. Man besucht deutsche Mas¬
kenbälle und Theatervorstellungen, trägt den vollen deutschen Bart, läßt sich
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