eine richtigere zu erachten, indem hier die Naturrace der Kunstrace untergeord¬ net wird. Man überließ es den Züchtern zu wählen, innerhalb welcher Kate¬ gorie sie concurriren wollten.
Die hochfeine Wolle hat bedeutend an Markt verloren, und ihre Zucht nimmt ab. Jedoch werden einzelne hochedle Heerden stets unentbehrlich bleiben; denn dorthin, woher die Concurrenzwolle nach Europa geliefert wird, ist der Absatz von Zuchtthieren edler Heerden rentabel, und Böcke werden enorm be¬ zahlt (bis 400 Pfd. Se.). Somit (und aus anderen Gründen) wird das hoch¬ edle Schaf nicht verschwinden, aber lediglich in die Gegenden des ärmeren Bodens und des trockenen Klimas gedrängt werden. Die meisten Thiere dieser Classe kamen aus Schlesien. Böhmen,-Posen und Ungarn. Graf Thun-Sehu- schitz (Böhmen) und Graf Zichy-Ferrari (Sarndorf in Ungarn) holten Preise. Kostet die Wolle dieser Thiere 83--90 Thlr. pro Centner, so wird die der zweiten Classe auf 73--80 Thlr. kommen. Nehmen wir an, daß letztere im Durchschnitt ^ Pfd. pro Kopf mehr liefert, so geben 100 Thiere ^ Crr. oder 36--40 Thlr. in"hr, als die Schafe der ersten Classe, und obgleich diese pro Ctr. circa 10 Thlr. mehr bedingen, als jene, so bleibt dennoch überwiegend der Vortheil den Züchtern auf Wollmenge. Diese sind in Mecklenburg zu Hause, dem Vaterlande der Negretti. Der bedeutende Absatz von Böcken dieser Heer¬ den nach allen Gegenden hat die dortigen Züchter reichlich belohnt. Freilich ist eine Grenze gesetzt: dürftiges Futter, ungleichmäßige Ernährung entwerthen die Zucht, welche auch in Amerika eine Heimath fand und dem Mr. Campbell Westminster. Vermont einen Preis trug. Uebrigens schien es. als habe Mecklenburg sein Bestes nicht zu Hamburg präsentirt. Eine bedeutende Concurrenz erwuchs ihm aus der kaiserlich französischen Stammschäferei zu Rambouillet, obgleich diese, vor den Thoren von Paris gelegen, der Körperform noch mehr Achtung schenkt, und somit ebensogut in der folgenden (dritten) Classe concurriren könnte.
Diese berücksichtigt die Feinheit der Wolle weniger. Das Erzeugnis; ist aber heute gerade rentabel; denn, wenn sie nur 60--63 Thlr. pr. Centner schafft, so nimmt sie auch wohl pr. 100 Köpfe Centner mehr Schurgewicht als die vorhergehende und einen Centner mehr, als die erste Classe; dann aber ist das Schlachtvieh derselben bedeutend höher zu verwerthen. Die Schafe dieser Stämme sind zu Haus in Wiesen- und Weidewirlhschaften des guten Bodens; sie haben aber noch nicht das mögliche Ziel erreicht.
Wer mehre Zwecke zusammen vereinigen will, unternimmt in der Thier¬ züchtung ein schweres Werk. Angesichts der nationalökonomischen Lebren von der Arbeitstheilung sollte dergleichen wohl nicht angestrebt werden. Aber lauter berühmte Züchter ließen ihre Thiere in diese vierte Classe zeichnen, welche gleich- mäßig Wollfeinheit, Wollmenge. Körperform und Körperschwere berücksichtigt.
Auch die Rambouillet-Schafe sah man hier eingestellt und einige Anerkennung
eine richtigere zu erachten, indem hier die Naturrace der Kunstrace untergeord¬ net wird. Man überließ es den Züchtern zu wählen, innerhalb welcher Kate¬ gorie sie concurriren wollten.
Die hochfeine Wolle hat bedeutend an Markt verloren, und ihre Zucht nimmt ab. Jedoch werden einzelne hochedle Heerden stets unentbehrlich bleiben; denn dorthin, woher die Concurrenzwolle nach Europa geliefert wird, ist der Absatz von Zuchtthieren edler Heerden rentabel, und Böcke werden enorm be¬ zahlt (bis 400 Pfd. Se.). Somit (und aus anderen Gründen) wird das hoch¬ edle Schaf nicht verschwinden, aber lediglich in die Gegenden des ärmeren Bodens und des trockenen Klimas gedrängt werden. Die meisten Thiere dieser Classe kamen aus Schlesien. Böhmen,-Posen und Ungarn. Graf Thun-Sehu- schitz (Böhmen) und Graf Zichy-Ferrari (Sarndorf in Ungarn) holten Preise. Kostet die Wolle dieser Thiere 83—90 Thlr. pro Centner, so wird die der zweiten Classe auf 73—80 Thlr. kommen. Nehmen wir an, daß letztere im Durchschnitt ^ Pfd. pro Kopf mehr liefert, so geben 100 Thiere ^ Crr. oder 36—40 Thlr. in»hr, als die Schafe der ersten Classe, und obgleich diese pro Ctr. circa 10 Thlr. mehr bedingen, als jene, so bleibt dennoch überwiegend der Vortheil den Züchtern auf Wollmenge. Diese sind in Mecklenburg zu Hause, dem Vaterlande der Negretti. Der bedeutende Absatz von Böcken dieser Heer¬ den nach allen Gegenden hat die dortigen Züchter reichlich belohnt. Freilich ist eine Grenze gesetzt: dürftiges Futter, ungleichmäßige Ernährung entwerthen die Zucht, welche auch in Amerika eine Heimath fand und dem Mr. Campbell Westminster. Vermont einen Preis trug. Uebrigens schien es. als habe Mecklenburg sein Bestes nicht zu Hamburg präsentirt. Eine bedeutende Concurrenz erwuchs ihm aus der kaiserlich französischen Stammschäferei zu Rambouillet, obgleich diese, vor den Thoren von Paris gelegen, der Körperform noch mehr Achtung schenkt, und somit ebensogut in der folgenden (dritten) Classe concurriren könnte.
Diese berücksichtigt die Feinheit der Wolle weniger. Das Erzeugnis; ist aber heute gerade rentabel; denn, wenn sie nur 60—63 Thlr. pr. Centner schafft, so nimmt sie auch wohl pr. 100 Köpfe Centner mehr Schurgewicht als die vorhergehende und einen Centner mehr, als die erste Classe; dann aber ist das Schlachtvieh derselben bedeutend höher zu verwerthen. Die Schafe dieser Stämme sind zu Haus in Wiesen- und Weidewirlhschaften des guten Bodens; sie haben aber noch nicht das mögliche Ziel erreicht.
Wer mehre Zwecke zusammen vereinigen will, unternimmt in der Thier¬ züchtung ein schweres Werk. Angesichts der nationalökonomischen Lebren von der Arbeitstheilung sollte dergleichen wohl nicht angestrebt werden. Aber lauter berühmte Züchter ließen ihre Thiere in diese vierte Classe zeichnen, welche gleich- mäßig Wollfeinheit, Wollmenge. Körperform und Körperschwere berücksichtigt.
Auch die Rambouillet-Schafe sah man hier eingestellt und einige Anerkennung
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Die hochfeine Wolle hat bedeutend an Markt verloren, und ihre Zucht
nimmt ab. Jedoch werden einzelne hochedle Heerden stets unentbehrlich bleiben;
denn dorthin, woher die Concurrenzwolle nach Europa geliefert wird, ist der
Absatz von Zuchtthieren edler Heerden rentabel, und Böcke werden enorm be¬
zahlt (bis 400 Pfd. Se.). Somit (und aus anderen Gründen) wird das hoch¬
edle Schaf nicht verschwinden, aber lediglich in die Gegenden des ärmeren
Bodens und des trockenen Klimas gedrängt werden. Die meisten Thiere dieser
Classe kamen aus Schlesien. Böhmen,-Posen und Ungarn. Graf Thun-Sehu-
schitz (Böhmen) und Graf Zichy-Ferrari (Sarndorf in Ungarn) holten Preise.
Kostet die Wolle dieser Thiere 83—90 Thlr. pro Centner, so wird die der
zweiten Classe auf 73—80 Thlr. kommen. Nehmen wir an, daß letztere im
Durchschnitt ^ Pfd. pro Kopf mehr liefert, so geben 100 Thiere ^ Crr. oder
36—40 Thlr. in»hr, als die Schafe der ersten Classe, und obgleich diese pro
Ctr. circa 10 Thlr. mehr bedingen, als jene, so bleibt dennoch überwiegend
der Vortheil den Züchtern auf Wollmenge. Diese sind in Mecklenburg zu Hause,
dem Vaterlande der Negretti. Der bedeutende Absatz von Böcken dieser Heer¬
den nach allen Gegenden hat die dortigen Züchter reichlich belohnt. Freilich
ist eine Grenze gesetzt: dürftiges Futter, ungleichmäßige Ernährung entwerthen
die Zucht, welche auch in Amerika eine Heimath fand und dem Mr. Campbell
Westminster. Vermont einen Preis trug. Uebrigens schien es. als habe Mecklenburg
sein Bestes nicht zu Hamburg präsentirt. Eine bedeutende Concurrenz erwuchs
ihm aus der kaiserlich französischen Stammschäferei zu Rambouillet, obgleich
diese, vor den Thoren von Paris gelegen, der Körperform noch mehr Achtung
schenkt, und somit ebensogut in der folgenden (dritten) Classe concurriren könnte.
Diese berücksichtigt die Feinheit der Wolle weniger. Das Erzeugnis; ist
aber heute gerade rentabel; denn, wenn sie nur 60—63 Thlr. pr. Centner
schafft, so nimmt sie auch wohl pr. 100 Köpfe Centner mehr Schurgewicht
als die vorhergehende und einen Centner mehr, als die erste Classe; dann aber
ist das Schlachtvieh derselben bedeutend höher zu verwerthen. Die Schafe
dieser Stämme sind zu Haus in Wiesen- und Weidewirlhschaften des guten
Bodens; sie haben aber noch nicht das mögliche Ziel erreicht.
Wer mehre Zwecke zusammen vereinigen will, unternimmt in der Thier¬
züchtung ein schweres Werk. Angesichts der nationalökonomischen Lebren von
der Arbeitstheilung sollte dergleichen wohl nicht angestrebt werden. Aber lauter
berühmte Züchter ließen ihre Thiere in diese vierte Classe zeichnen, welche gleich-
mäßig Wollfeinheit, Wollmenge. Körperform und Körperschwere berücksichtigt.
Auch die Rambouillet-Schafe sah man hier eingestellt und einige Anerkennung
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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/471>, abgerufen am 24.01.2025.
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