Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.sollen zunächst die beiden Nationalitäten gesondert und dann einer jeden der¬ Bequem freilich würde es unsren guten Landsleuten sem, wenn sie noch Daß es bei der letzten Wahl nicht so hergegangen ist, kann nicht scharf sollen zunächst die beiden Nationalitäten gesondert und dann einer jeden der¬ Bequem freilich würde es unsren guten Landsleuten sem, wenn sie noch Daß es bei der letzten Wahl nicht so hergegangen ist, kann nicht scharf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0458" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116386"/> <p xml:id="ID_1511" prev="#ID_1510"> sollen zunächst die beiden Nationalitäten gesondert und dann einer jeden der¬<lb/> selben eine bestimmte Zahl von Abgeordneten bewilligt werden. Abgesehen da-<lb/> von, daß eine solche Sonderung unausführbar ist, daß sie zu den großartigsten<lb/> und gerechtesten Beschwerden führen müßte, daß sie entweder den Wählern<lb/> beider Nationalitäten die größten Opfer auflegen oder ihrem gegenseitigen Haß<lb/> durch nahe Berührung bei der Wahl einen neuen, sehr gefährlichen Nahrungs-<lb/> stoff geben würde, abgesehn von alledem steht sie in offenbarem Gegensatze zu<lb/> der allein richtigen Rechtsanschauung, die es für uns gibt, und die wir auch<lb/> von unseren Gegnern stets verlangen, daß es hier nicht Deutsche und Polen,<lb/> sondern nur preußische Staatsbürger gebe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1512"> Bequem freilich würde es unsren guten Landsleuten sem, wenn sie noch<lb/> ungenirter wie jetzt und ohne alle Gewissensbisse ihren Parteihader weiter und<lb/> lauter treiben könnten. Es liegt klar aus der Hand, daß wir all unser<lb/> Streben auf Einheit und Concentration zu richten haben, daß wir hier der<lb/> deutschen Sache am besten dienen, wenn wir die preußische fördern, und daß<lb/> hier gegenüber einer Partei, die das preußische Recht in unserem eigenen Lande<lb/> in Frage stellt, keine Frage der innern Politik, auch der jetzige Verfassungsstreit<lb/> nicht, wichtig genug ist, um uns zu trennen. Ehe ich Demokrat, Liberaler oder<lb/> Feudaler sein kann, bin ich Preuße, und stehe hier einem Feinde gegenüber,<lb/> der es kräftig genug bezeugt hat, daß er mich, weil ich ein Preuße bin, ver¬<lb/> nichten will. Wiederum steht die Sache so, daß sie praktisch so einfach ist, wie<lb/> theoretisch richtig. Wenn alle Abgeordnete unserer Provinz der Fraction Wage¬<lb/> ner zufielen, so würde diese im Hause selbst noch lange keine Majorität erlangen,<lb/> und deshalb können es sich die Demokraten ebenso ruhig gefallen lassen, daß<lb/> einige ihrer hiesigen Gegner in den Landtag kommen, als die Feudalen zufrieden<lb/> sein können, wenn eben nur Wenige von ihnen zu diesem Ziele gelangen. Es be¬<lb/> darf dabei nicht einmal eines Compromisses, es mag jede Partei in ihrem Wahlkreise<lb/> ihren Kandidaten aufstellen und im ersten Wahlgänge nennen. Es muß aber Gesetz<lb/> sein, daß bei der zweiten Abstimmung sich alle deutschen Wähler aus denjenigen<lb/> deutschen Candidaten vereinigen, welcher bei der ersten die meisten Stimmen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1513" next="#ID_1514"> Daß es bei der letzten Wahl nicht so hergegangen ist, kann nicht scharf<lb/> genug getadelt werden, vielleicht führt aber die letzte Erfahrung eine Wendung<lb/> zum Besseren herbei. Die Schuld hat übrigens auf beiden Seiten ziemlich<lb/> gleichmäßig gelegen. Wenn die unglückliche Wahl im Schubin-Jnowraclawer<lb/> Kreise auf die Rechnung einiger Heißsporne der äußersten Rechten kommt, de¬<lb/> nen mehr daran lag, die Wiederwahl Gottschewskis zu hindern, als die Neuwahl<lb/> des Domsyndikus Wegner, so warfen sich in Meseritz die politischen Freunde<lb/> des Dr. Ziegert den Polen in die Arme, damit nur Herr Hiller v. Gärtringen<lb/> nicht gewählt würde, der mehr deutsche Stimmen für sich hatte als Herr Zie¬<lb/> gert. Am tollsten ist wohl die, Geschichte eines Wahlkreises. in welchem die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0458]
sollen zunächst die beiden Nationalitäten gesondert und dann einer jeden der¬
selben eine bestimmte Zahl von Abgeordneten bewilligt werden. Abgesehen da-
von, daß eine solche Sonderung unausführbar ist, daß sie zu den großartigsten
und gerechtesten Beschwerden führen müßte, daß sie entweder den Wählern
beider Nationalitäten die größten Opfer auflegen oder ihrem gegenseitigen Haß
durch nahe Berührung bei der Wahl einen neuen, sehr gefährlichen Nahrungs-
stoff geben würde, abgesehn von alledem steht sie in offenbarem Gegensatze zu
der allein richtigen Rechtsanschauung, die es für uns gibt, und die wir auch
von unseren Gegnern stets verlangen, daß es hier nicht Deutsche und Polen,
sondern nur preußische Staatsbürger gebe.
Bequem freilich würde es unsren guten Landsleuten sem, wenn sie noch
ungenirter wie jetzt und ohne alle Gewissensbisse ihren Parteihader weiter und
lauter treiben könnten. Es liegt klar aus der Hand, daß wir all unser
Streben auf Einheit und Concentration zu richten haben, daß wir hier der
deutschen Sache am besten dienen, wenn wir die preußische fördern, und daß
hier gegenüber einer Partei, die das preußische Recht in unserem eigenen Lande
in Frage stellt, keine Frage der innern Politik, auch der jetzige Verfassungsstreit
nicht, wichtig genug ist, um uns zu trennen. Ehe ich Demokrat, Liberaler oder
Feudaler sein kann, bin ich Preuße, und stehe hier einem Feinde gegenüber,
der es kräftig genug bezeugt hat, daß er mich, weil ich ein Preuße bin, ver¬
nichten will. Wiederum steht die Sache so, daß sie praktisch so einfach ist, wie
theoretisch richtig. Wenn alle Abgeordnete unserer Provinz der Fraction Wage¬
ner zufielen, so würde diese im Hause selbst noch lange keine Majorität erlangen,
und deshalb können es sich die Demokraten ebenso ruhig gefallen lassen, daß
einige ihrer hiesigen Gegner in den Landtag kommen, als die Feudalen zufrieden
sein können, wenn eben nur Wenige von ihnen zu diesem Ziele gelangen. Es be¬
darf dabei nicht einmal eines Compromisses, es mag jede Partei in ihrem Wahlkreise
ihren Kandidaten aufstellen und im ersten Wahlgänge nennen. Es muß aber Gesetz
sein, daß bei der zweiten Abstimmung sich alle deutschen Wähler aus denjenigen
deutschen Candidaten vereinigen, welcher bei der ersten die meisten Stimmen hatte.
Daß es bei der letzten Wahl nicht so hergegangen ist, kann nicht scharf
genug getadelt werden, vielleicht führt aber die letzte Erfahrung eine Wendung
zum Besseren herbei. Die Schuld hat übrigens auf beiden Seiten ziemlich
gleichmäßig gelegen. Wenn die unglückliche Wahl im Schubin-Jnowraclawer
Kreise auf die Rechnung einiger Heißsporne der äußersten Rechten kommt, de¬
nen mehr daran lag, die Wiederwahl Gottschewskis zu hindern, als die Neuwahl
des Domsyndikus Wegner, so warfen sich in Meseritz die politischen Freunde
des Dr. Ziegert den Polen in die Arme, damit nur Herr Hiller v. Gärtringen
nicht gewählt würde, der mehr deutsche Stimmen für sich hatte als Herr Zie¬
gert. Am tollsten ist wohl die, Geschichte eines Wahlkreises. in welchem die
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