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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Ein ander Mal zeigt aber Koppe, wie der praktische Mann zu Erfolgen
komme. Er, dem eine ganze Provinz, so zu sagen, ihre heutige Cultur ver¬
dankt, war zu solchen Mittheilungen vor Allen berufen. Im Jahre 1827 pach¬
tete er die Domaine Wollupp im Oderbruch. Alsbald vermehrte er die Zahl
der Schafe um das Vierfache, den vorher stattgehabten Mastbetricb mit Ochsen
beschränkend, weil ihm eine Calculativn ergab, daß bei dieser Fütterung, welche
seine Vorgänger mit scheinbarem Erfolge betrieben, der Centner Kartoffeln nur
mit fünf Silbergroschen sich bezahlt machte. Dafür konnte er unmöglich gebaut
und geliefert werden. Obgleich er ferner aus Mangel an Capital edle Schafe
nicht in größerer Zahl taufen konnte, so erlangte er doch durch diese veränderte
Viehhaltung gleich im ersten Jahre einen Geldgewinn von mehr als 4000 Thlr.
Dann brach er 700--800 Morgen Hutungs- und Wiesengrundstücl'e um und
bepflanzte ebensoviel Areal mit Kartoffeln, indem er erkannte, daß auf dem Acker¬
land weit mehr Futter producirt werden kann, als auf nicht zu bewässernden
Wiesen. Seine Vorgänger hatten fast nur Roggen angebaut, während der
Thonboden der Domaine vorzugsweise dem Weizen dienlich schien. Sie hatten
weder schlechte Ernten gemacht, noch galten sie für weniger geschickte Land¬
wirthe, und sie waren auch in nicht schlechten Vermögensumständen fortgezogen.
Daher scheute sich Koppe ganz plötzlich dem Weizen statt des Roggens eine
größere Fläche einzuräumen. Auch sagte man, in der Gegend gedeihe der Wei¬
zen nicht. Aber Koppe ließ sich Sandomirweizen kommen und machte das Vor¬
urtheil gegen Weizen verschwinden, so daß bald nachher jedermann Weizen zog.
Und die durch diese Veränderung auf der Domaine Wollupp hervorgerufene
Differenz betrug einmal in einem Jahre sechstausend Thaler zu Gunsten des
Weizenbaues; auch hatte Koppe gesunden, daß seine Vorgänger, welche immer
um die Menge der Kornfeime, die sie ausstellen konnten, beneidet worden waren,
auf jedem mit Roggen bestellten Morgen Ackerland jährlich sechszehn Silber¬
groschen verloren, dennoch aber den fünften Theil der Fläche mit Roggen be¬
baut hatten.

Als schließlich noch die Zuckerrübencultur Platz griff, hob sich der Ertrag
der Domaine auf ein Maximum.

Nicht weniger interessant sind die Mittheilungen des Oekonomieraths Fleck
zu Beerbaum. Seine Thätigkeit begann 1836 auf einem Gutsareal von 4400
Morgen, lehmigem Sand und Sandboden, öd und dürr wie die märkischen Fel¬
der zu jener Zeit waren. Koppe war für diese Gegend der Lehrmeister gewesen:
die von Eckartsteinschen Besitzungen hatte er aus jämmerlichem Culturzustande
in reichlich lohnende Güter verwandelt. Der bescheidene Fleck erklärt, er habe
Koppe nur nachgeahmt. Als ihm Beerbaum übergeben ward, fand er (auf
4400 Morgen) einen Viehstand von 15 Pferden, 12 Kühen, 20 Ochsen und
1400 Schafen vor, und nur der fünfte Theil des Ackers war in Cultur, auf


Ein ander Mal zeigt aber Koppe, wie der praktische Mann zu Erfolgen
komme. Er, dem eine ganze Provinz, so zu sagen, ihre heutige Cultur ver¬
dankt, war zu solchen Mittheilungen vor Allen berufen. Im Jahre 1827 pach¬
tete er die Domaine Wollupp im Oderbruch. Alsbald vermehrte er die Zahl
der Schafe um das Vierfache, den vorher stattgehabten Mastbetricb mit Ochsen
beschränkend, weil ihm eine Calculativn ergab, daß bei dieser Fütterung, welche
seine Vorgänger mit scheinbarem Erfolge betrieben, der Centner Kartoffeln nur
mit fünf Silbergroschen sich bezahlt machte. Dafür konnte er unmöglich gebaut
und geliefert werden. Obgleich er ferner aus Mangel an Capital edle Schafe
nicht in größerer Zahl taufen konnte, so erlangte er doch durch diese veränderte
Viehhaltung gleich im ersten Jahre einen Geldgewinn von mehr als 4000 Thlr.
Dann brach er 700—800 Morgen Hutungs- und Wiesengrundstücl'e um und
bepflanzte ebensoviel Areal mit Kartoffeln, indem er erkannte, daß auf dem Acker¬
land weit mehr Futter producirt werden kann, als auf nicht zu bewässernden
Wiesen. Seine Vorgänger hatten fast nur Roggen angebaut, während der
Thonboden der Domaine vorzugsweise dem Weizen dienlich schien. Sie hatten
weder schlechte Ernten gemacht, noch galten sie für weniger geschickte Land¬
wirthe, und sie waren auch in nicht schlechten Vermögensumständen fortgezogen.
Daher scheute sich Koppe ganz plötzlich dem Weizen statt des Roggens eine
größere Fläche einzuräumen. Auch sagte man, in der Gegend gedeihe der Wei¬
zen nicht. Aber Koppe ließ sich Sandomirweizen kommen und machte das Vor¬
urtheil gegen Weizen verschwinden, so daß bald nachher jedermann Weizen zog.
Und die durch diese Veränderung auf der Domaine Wollupp hervorgerufene
Differenz betrug einmal in einem Jahre sechstausend Thaler zu Gunsten des
Weizenbaues; auch hatte Koppe gesunden, daß seine Vorgänger, welche immer
um die Menge der Kornfeime, die sie ausstellen konnten, beneidet worden waren,
auf jedem mit Roggen bestellten Morgen Ackerland jährlich sechszehn Silber¬
groschen verloren, dennoch aber den fünften Theil der Fläche mit Roggen be¬
baut hatten.

Als schließlich noch die Zuckerrübencultur Platz griff, hob sich der Ertrag
der Domaine auf ein Maximum.

Nicht weniger interessant sind die Mittheilungen des Oekonomieraths Fleck
zu Beerbaum. Seine Thätigkeit begann 1836 auf einem Gutsareal von 4400
Morgen, lehmigem Sand und Sandboden, öd und dürr wie die märkischen Fel¬
der zu jener Zeit waren. Koppe war für diese Gegend der Lehrmeister gewesen:
die von Eckartsteinschen Besitzungen hatte er aus jämmerlichem Culturzustande
in reichlich lohnende Güter verwandelt. Der bescheidene Fleck erklärt, er habe
Koppe nur nachgeahmt. Als ihm Beerbaum übergeben ward, fand er (auf
4400 Morgen) einen Viehstand von 15 Pferden, 12 Kühen, 20 Ochsen und
1400 Schafen vor, und nur der fünfte Theil des Ackers war in Cultur, auf


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[0383] Ein ander Mal zeigt aber Koppe, wie der praktische Mann zu Erfolgen komme. Er, dem eine ganze Provinz, so zu sagen, ihre heutige Cultur ver¬ dankt, war zu solchen Mittheilungen vor Allen berufen. Im Jahre 1827 pach¬ tete er die Domaine Wollupp im Oderbruch. Alsbald vermehrte er die Zahl der Schafe um das Vierfache, den vorher stattgehabten Mastbetricb mit Ochsen beschränkend, weil ihm eine Calculativn ergab, daß bei dieser Fütterung, welche seine Vorgänger mit scheinbarem Erfolge betrieben, der Centner Kartoffeln nur mit fünf Silbergroschen sich bezahlt machte. Dafür konnte er unmöglich gebaut und geliefert werden. Obgleich er ferner aus Mangel an Capital edle Schafe nicht in größerer Zahl taufen konnte, so erlangte er doch durch diese veränderte Viehhaltung gleich im ersten Jahre einen Geldgewinn von mehr als 4000 Thlr. Dann brach er 700—800 Morgen Hutungs- und Wiesengrundstücl'e um und bepflanzte ebensoviel Areal mit Kartoffeln, indem er erkannte, daß auf dem Acker¬ land weit mehr Futter producirt werden kann, als auf nicht zu bewässernden Wiesen. Seine Vorgänger hatten fast nur Roggen angebaut, während der Thonboden der Domaine vorzugsweise dem Weizen dienlich schien. Sie hatten weder schlechte Ernten gemacht, noch galten sie für weniger geschickte Land¬ wirthe, und sie waren auch in nicht schlechten Vermögensumständen fortgezogen. Daher scheute sich Koppe ganz plötzlich dem Weizen statt des Roggens eine größere Fläche einzuräumen. Auch sagte man, in der Gegend gedeihe der Wei¬ zen nicht. Aber Koppe ließ sich Sandomirweizen kommen und machte das Vor¬ urtheil gegen Weizen verschwinden, so daß bald nachher jedermann Weizen zog. Und die durch diese Veränderung auf der Domaine Wollupp hervorgerufene Differenz betrug einmal in einem Jahre sechstausend Thaler zu Gunsten des Weizenbaues; auch hatte Koppe gesunden, daß seine Vorgänger, welche immer um die Menge der Kornfeime, die sie ausstellen konnten, beneidet worden waren, auf jedem mit Roggen bestellten Morgen Ackerland jährlich sechszehn Silber¬ groschen verloren, dennoch aber den fünften Theil der Fläche mit Roggen be¬ baut hatten. Als schließlich noch die Zuckerrübencultur Platz griff, hob sich der Ertrag der Domaine auf ein Maximum. Nicht weniger interessant sind die Mittheilungen des Oekonomieraths Fleck zu Beerbaum. Seine Thätigkeit begann 1836 auf einem Gutsareal von 4400 Morgen, lehmigem Sand und Sandboden, öd und dürr wie die märkischen Fel¬ der zu jener Zeit waren. Koppe war für diese Gegend der Lehrmeister gewesen: die von Eckartsteinschen Besitzungen hatte er aus jämmerlichem Culturzustande in reichlich lohnende Güter verwandelt. Der bescheidene Fleck erklärt, er habe Koppe nur nachgeahmt. Als ihm Beerbaum übergeben ward, fand er (auf 4400 Morgen) einen Viehstand von 15 Pferden, 12 Kühen, 20 Ochsen und 1400 Schafen vor, und nur der fünfte Theil des Ackers war in Cultur, auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/383>, abgerufen am 15.01.2025.