Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.mündliche Erörterung möglich. Daher gab es noch immer eine Anzahl von Es überzeugten sich nach und nach aber immer Mehre, daß auch ohne mündliche Erörterung möglich. Daher gab es noch immer eine Anzahl von Es überzeugten sich nach und nach aber immer Mehre, daß auch ohne <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116271"/> <p xml:id="ID_1178" prev="#ID_1177"> mündliche Erörterung möglich. Daher gab es noch immer eine Anzahl von<lb/> Anhängern der Bestrebungen des Nationalvereins, welche durch den Beitritt<lb/> sich mit bestehenden Gesetzen in Collision zu bringen fürchteten. Andere waren<lb/> Wohl überzeugt, daß das Gesetz ihrem Anschluß nicht im Wege stehe; sie mi߬<lb/> trauten aber den Gerichten und hatten bei der politischen Parteistellung des<lb/> Purisicirtetr Nichterstandes und in Betracht der vorliegenden Erfahrungen über<lb/> politische Processe, allerdings genügenden Grund, sich auf die Unbefangenheit<lb/> und Unabhängigkeit des richterlichen Urtheils nicht allzusicher zu verlassen.<lb/> Einzelne mochten auch annehmen, daß der Beitritt zum Nationalverein so lange<lb/> Saum von wirklichem Nutzen für die Sache sein werde, als dessen Mitglieder<lb/> nicht von den Schranken befreit sind, welche ihnen das mecklenburgische Ver¬<lb/> einsgesetz auferlegt, und als sie namentlich an der Abhaltung öffentlicher Ver¬<lb/> sammlungen sich behindert sehen. Besonders aus der letzteren Erwägung so¬<lb/> wie aus der Würdigung der Vortheile, welche eine Kundgebung des Ministe¬<lb/> riums, daß es den Nationalverein nicht mehr zu den verbotenen Vereinen<lb/> zähle, für dessen Verbreitung in Mecklenburg haben mußte, scheint jene Petition<lb/> erklärt werden zu müssen, welche von 96 Rvstockern im Februar 1861 bei dem<lb/> Minister eingereicht ward und den Antrag auf Genehmigung ihres Beitritts<lb/> zum deutschen Nationalverein enthielt. Die Hoffnung jedoch, welche die Unter¬<lb/> zeichner gehegt haben mochten, daß der Minister inzwischen von der Grund¬<lb/> losigkeit seiner anfänglichen ungünstigen Ansicht über den Nationalverein und<lb/> dessen Tendenzen sich überzeugt habe, bewährte sich nicht. Nach siebenmonat-<lb/> licher Zögerung erfolgte auf geschehene Maturation eine Antwort, in welcher<lb/> die Petenten einfach auf das Publicandum vom 1. October 1859 verwiesen<lb/> wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1179" next="#ID_1180"> Es überzeugten sich nach und nach aber immer Mehre, daß auch ohne<lb/> eingeholte Genehmigung der Beitritt zum Nationalverein gesetzlich zulässig sei,<lb/> und so wuchs denn in den folgenden Jahren die Anzahl der Mitglieder desselben<lb/> in Rostock auf 40 bis SO an. Auch in einigen anderen Orten des Landes<lb/> traten Einzelne dem Nationalverein bei. Keiner machte aus seinem Beitritt ein<lb/> Hehl, und die Zusammenkünfte-in Rostock wurden keineswegs als Geheimniß<lb/> behandelt. Man suchte nur, auch darin ganz dem Princip des deutschen Na¬<lb/> tionalvereins folgend, welcher ungesetzliche Wege verwirft, Alles zu vermeiden,<lb/> was als Contravention gegen gesetzliche Bestimmungen ausgelegt werden konnte.<lb/> Wenn die Einladungen zu den Zusammenkünften nicht öffentlich, sondern nur<lb/> im Privatwege ergingen, so lag dies lediglich daran, daß, wie man wußte, die<lb/> Presse eine solche Einladung nicht aufgenommen haben würde, und daß man<lb/> auch den Schein eines provocirenden Auftretens zu vermeiden wünschte. Da¬<lb/> gegen war man keineswegs bemüht, sich vor den Behörden zu verstecken. Viel¬<lb/> mehr herrschte unter den Mitgliedern gerade die Ansicht vor, daß eine gericht-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0343]
mündliche Erörterung möglich. Daher gab es noch immer eine Anzahl von
Anhängern der Bestrebungen des Nationalvereins, welche durch den Beitritt
sich mit bestehenden Gesetzen in Collision zu bringen fürchteten. Andere waren
Wohl überzeugt, daß das Gesetz ihrem Anschluß nicht im Wege stehe; sie mi߬
trauten aber den Gerichten und hatten bei der politischen Parteistellung des
Purisicirtetr Nichterstandes und in Betracht der vorliegenden Erfahrungen über
politische Processe, allerdings genügenden Grund, sich auf die Unbefangenheit
und Unabhängigkeit des richterlichen Urtheils nicht allzusicher zu verlassen.
Einzelne mochten auch annehmen, daß der Beitritt zum Nationalverein so lange
Saum von wirklichem Nutzen für die Sache sein werde, als dessen Mitglieder
nicht von den Schranken befreit sind, welche ihnen das mecklenburgische Ver¬
einsgesetz auferlegt, und als sie namentlich an der Abhaltung öffentlicher Ver¬
sammlungen sich behindert sehen. Besonders aus der letzteren Erwägung so¬
wie aus der Würdigung der Vortheile, welche eine Kundgebung des Ministe¬
riums, daß es den Nationalverein nicht mehr zu den verbotenen Vereinen
zähle, für dessen Verbreitung in Mecklenburg haben mußte, scheint jene Petition
erklärt werden zu müssen, welche von 96 Rvstockern im Februar 1861 bei dem
Minister eingereicht ward und den Antrag auf Genehmigung ihres Beitritts
zum deutschen Nationalverein enthielt. Die Hoffnung jedoch, welche die Unter¬
zeichner gehegt haben mochten, daß der Minister inzwischen von der Grund¬
losigkeit seiner anfänglichen ungünstigen Ansicht über den Nationalverein und
dessen Tendenzen sich überzeugt habe, bewährte sich nicht. Nach siebenmonat-
licher Zögerung erfolgte auf geschehene Maturation eine Antwort, in welcher
die Petenten einfach auf das Publicandum vom 1. October 1859 verwiesen
wurden.
Es überzeugten sich nach und nach aber immer Mehre, daß auch ohne
eingeholte Genehmigung der Beitritt zum Nationalverein gesetzlich zulässig sei,
und so wuchs denn in den folgenden Jahren die Anzahl der Mitglieder desselben
in Rostock auf 40 bis SO an. Auch in einigen anderen Orten des Landes
traten Einzelne dem Nationalverein bei. Keiner machte aus seinem Beitritt ein
Hehl, und die Zusammenkünfte-in Rostock wurden keineswegs als Geheimniß
behandelt. Man suchte nur, auch darin ganz dem Princip des deutschen Na¬
tionalvereins folgend, welcher ungesetzliche Wege verwirft, Alles zu vermeiden,
was als Contravention gegen gesetzliche Bestimmungen ausgelegt werden konnte.
Wenn die Einladungen zu den Zusammenkünften nicht öffentlich, sondern nur
im Privatwege ergingen, so lag dies lediglich daran, daß, wie man wußte, die
Presse eine solche Einladung nicht aufgenommen haben würde, und daß man
auch den Schein eines provocirenden Auftretens zu vermeiden wünschte. Da¬
gegen war man keineswegs bemüht, sich vor den Behörden zu verstecken. Viel¬
mehr herrschte unter den Mitgliedern gerade die Ansicht vor, daß eine gericht-
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