Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Und deshalb ist der Plan des Kaisers für den Frieden Europas, zumal Nicht als ob der Plan an sich unvortheilhaft und für die Geschicke Euro- Die Deutschen sind es, welche einst, wenn Liebe und Haß schweigen, das Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Perlag von Y. L. Herbig. -- Prunk von C. E. Elbert in Leipzig. Und deshalb ist der Plan des Kaisers für den Frieden Europas, zumal Nicht als ob der Plan an sich unvortheilhaft und für die Geschicke Euro- Die Deutschen sind es, welche einst, wenn Liebe und Haß schweigen, das Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Perlag von Y. L. Herbig. — Prunk von C. E. Elbert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0288" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116216"/> <p xml:id="ID_990"> Und deshalb ist der Plan des Kaisers für den Frieden Europas, zumal<lb/> für Deutschland jetzt keine gute, sondern eine sehr gefährliche Aussicht. Und<lb/> wir müssen wünschen, daß der vereinte Widerstand aller Großmächte den Kaiser<lb/> veranlaßt, mit der ihm eigenen virtuosen Gewandtheit einen friedlichen Rückzug<lb/> zu finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_991"> Nicht als ob der Plan an sich unvortheilhaft und für die Geschicke Euro-<lb/> Pas ein Nachtheil wäre. Aber er kommt für uns und für eine dauerhafte<lb/> Lösung der schwebenden Fragen um einige Jahre zu früh. Denn Preußen,<lb/> gegenwärtig unter den Nullpunkt seines Ansehens und Einflusses herabgedrückt,<lb/> durch einen schweren innern Kampf, der seine ganze Kraft in Anspruch nimmt,<lb/> in seiner Entwicklung gestört, vermag gegenwärtig nicht seine Stelle in einem<lb/> Rath der großen Mächte Europas auszufüllen. Es fehlt dort jetzt Alles, was<lb/> die Voraussetzung einer würdigen Vertretung der deutschen Interessen sein<lb/> müßte. Und so lange der Thronrede des Kaisers Napoleon eine Rede gegen¬<lb/> übersteht, wie sie das Ministerium Bismarck dem preußischen Volke abfaßt,<lb/> wird dieser Zustand sich nicht ändern. Während diese Ohnmacht Preußens<lb/> aber dauert, würden die preußischen und deutschen Interessen der Sühnbock<lb/> sein, welchen die Mächte Europas opferten, um unter einander Frieden zu er¬<lb/> halten. Und ein solches Preisgeben unserer Interessen würde wieder einen<lb/> dauernden Frieden und das Herauskommen einer neuen Ruhezeit für Europa<lb/> unmöglich machen. Erst wenn Preußen in der Lage sein wird, zu seinem,<lb/> Deutschlands und unseres Welttheils Nutzen eine eigene Politik zu betreiben,<lb/> wird der Tag kommen, wo der Plan des Kaisers Napoleon den Zeitgenossen<lb/> einen dauernden Fortschritt bedeuten mag. Denn dann wird eine Kraft vor¬<lb/> handen sein, welche den Kaiser selbst nöthigt, seinem Idealismus treuer zu<lb/> bleiben und bei der Ausführung seiner Ideen neben dem eigenen Interesse<lb/> auch das eines Nachbarvolkes zu achten, welches mehr als andere geeignet ist,<lb/> unparteiische und humane Gerechtigkeit gegen Andere zu üben und deshalb das<lb/> höchste Recht hat, ein gleiches Verständniß von Andern zu fordern.</p><lb/> <p xml:id="ID_992"> Die Deutschen sind es, welche einst, wenn Liebe und Haß schweigen, das<lb/> Lob gerade dieses Kaisers so schreiben werden, wie es auf späte Geschlechter<lb/> übergeht. ^</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.<lb/> Perlag von Y. L. Herbig. — Prunk von C. E. Elbert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0288]
Und deshalb ist der Plan des Kaisers für den Frieden Europas, zumal
für Deutschland jetzt keine gute, sondern eine sehr gefährliche Aussicht. Und
wir müssen wünschen, daß der vereinte Widerstand aller Großmächte den Kaiser
veranlaßt, mit der ihm eigenen virtuosen Gewandtheit einen friedlichen Rückzug
zu finden.
Nicht als ob der Plan an sich unvortheilhaft und für die Geschicke Euro-
Pas ein Nachtheil wäre. Aber er kommt für uns und für eine dauerhafte
Lösung der schwebenden Fragen um einige Jahre zu früh. Denn Preußen,
gegenwärtig unter den Nullpunkt seines Ansehens und Einflusses herabgedrückt,
durch einen schweren innern Kampf, der seine ganze Kraft in Anspruch nimmt,
in seiner Entwicklung gestört, vermag gegenwärtig nicht seine Stelle in einem
Rath der großen Mächte Europas auszufüllen. Es fehlt dort jetzt Alles, was
die Voraussetzung einer würdigen Vertretung der deutschen Interessen sein
müßte. Und so lange der Thronrede des Kaisers Napoleon eine Rede gegen¬
übersteht, wie sie das Ministerium Bismarck dem preußischen Volke abfaßt,
wird dieser Zustand sich nicht ändern. Während diese Ohnmacht Preußens
aber dauert, würden die preußischen und deutschen Interessen der Sühnbock
sein, welchen die Mächte Europas opferten, um unter einander Frieden zu er¬
halten. Und ein solches Preisgeben unserer Interessen würde wieder einen
dauernden Frieden und das Herauskommen einer neuen Ruhezeit für Europa
unmöglich machen. Erst wenn Preußen in der Lage sein wird, zu seinem,
Deutschlands und unseres Welttheils Nutzen eine eigene Politik zu betreiben,
wird der Tag kommen, wo der Plan des Kaisers Napoleon den Zeitgenossen
einen dauernden Fortschritt bedeuten mag. Denn dann wird eine Kraft vor¬
handen sein, welche den Kaiser selbst nöthigt, seinem Idealismus treuer zu
bleiben und bei der Ausführung seiner Ideen neben dem eigenen Interesse
auch das eines Nachbarvolkes zu achten, welches mehr als andere geeignet ist,
unparteiische und humane Gerechtigkeit gegen Andere zu üben und deshalb das
höchste Recht hat, ein gleiches Verständniß von Andern zu fordern.
Die Deutschen sind es, welche einst, wenn Liebe und Haß schweigen, das
Lob gerade dieses Kaisers so schreiben werden, wie es auf späte Geschlechter
übergeht. ^
Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Perlag von Y. L. Herbig. — Prunk von C. E. Elbert in Leipzig.
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